Berlin. Außenminister Gabriel geht die US-Regierung hart an: Er wirft ihr vor, die Staatengemeinschaft vor allem als „Kampfarena“ zu sehen.

Bundesaußenminister Sigmar Gabriel hat den USA vorgeworfen, zunehmend auf Konfrontation zur internationalen Gemeinschaft zu gehen. Die USA sähen die internationale Staatengemeinschaft nicht mehr als gemeinsames Forum mit geregelten Beziehungen, sondern als „Kampfarena“ und „Kampfplatz“, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag in Berlin.

Wer sich mit Amerika verbinde und seine Interessen unterstütze, der sei verbündet, wer dies nicht tue, sei Gegner. Es gehe hier nicht um die Stärke des Rechts, sondern um das „Recht des Stärkeren“, kritisierte Gabriel. Wer eigene Interessen definiere, sei Feind und werde bekämpft.

Gabriel warnt vor neuem Autoritarismus

„Das ist so ziemlich das Gegenteil zur Idee des Westens“, sagte er. Denn diese setze auf einen Mehrwert, der entstehe, wenn man in rechtlich, politisch und wirtschaftlich geregelten und verlässlichen Beziehungen zueinander stehe, die auf Freiheit, Demokratie, gegenseitigem Respekt, Friedensliebe und kulturellem Austausch beruhten.

„Es gibt einen neuen Autoritarismus, der ist die größte Herausforderung für liberale Demokratien so wie wir sie kennen“, sagte Gabriel in seiner Rede beim Kulturpolitischen Bundeskongress. So gebe es überall auf der Welt die Versuchung, den Verlust an wirtschaftlicher und politischer Einflussmöglichkeit nicht dadurch auszugleichen, dass man sich zusammentue, um Souveränität durch gemeinsames Handeln zurückzugewinnen. Der neue Autoritarismus setzte vielmehr auf Ausgrenzung und Abgrenzung.

Kritik an US-Sanktionen gegen Russland

Gabriel unterstrich, Europa sei kein Verlust an Souveränität, sondern „die Rückgewinnung von Souveränität“. Er fügte hinzu: „Wenn unsere Kinder in der Welt noch eine Stimme haben wollen, dann wird es eine europäische Stimme sein.“ Kein Staat, auch nicht das starke Deutschland, habe mit einer nationalen Stimme noch die Chance, Gehör zu finden.

Gabriel warf dem US-Senat zudem in scharfem Ton vor, mit einer geplanten Ausweitung der Sanktionen gegen Russland eigene wirtschaftliche Interessen zu verfolgen. Ein geschlossenes Vorgehen von EU und USA bei der Lösung des Ukraine-Konfliktes liege zwar im gemeinsamen Interesse. Bei dem am Mittwoch vom US-Senat mit überwältigender Mehrheit beschlossenen Gesetzesentwurf gehe es aber eigentlich um den Verkauf amerikanischen Flüssiggases und die Verdrängung russischer Erdgaslieferungen vom europäischen Markt.

Strafmaßnahmen wegen Ukraine-Krise verhängt

„Europas Energieversorgung ist eine Angelegenheit Europas, und nicht der Vereinigten Staaten von Amerika!“, betonten Gabriel. Politische Sanktionsinstrumente dürften nicht mit wirtschaftlichen Interessen in Verbindung gebracht werden. Europäischen Unternehmen „auf dem US-Markt mit Bestrafungen zu drohen, wenn sie sich an Erdgasprojekten wie Nord Stream II mit Russland beteiligen oder sie finanzieren, bringt eine völlig neue und sehr negative Qualität in die europäisch-amerikanischen Beziehungen.“

97 der 100 Senatoren des US-Senats stimmten am Mittwoch für den Gesetzentwurf. Die Strafmaßnahmen waren wegen der Rolle Russlands bei der Krise in der Ukraine verhängt worden. Das Repräsentantenhaus, die zweite Kammer des Kongresses, muss noch über die Ausweitung abstimmen. Anschließend bedarf es der Unterschrift von US-Präsident Donald Trump, damit das Gesetz in Kraft treten kann.

Auch Merkel kritisiert Pläne des US-Senats

Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich scharf gegen die Pläne des US-Senats gewandt. Es sei befremdlich, dass bei einer Sanktionierung russischen Verhaltens die europäische Wirtschaft ein Ziel von Sanktionen sein solle, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag in Berlin. „Das darf nicht sein.“ Merkel teile hierzu die von Außenminister Sigmar Gabriel fomulierten Sorgen. (rtr/dpa)