Washington. Bodyguards des türkischen Präsidenten sind nun polizeilich gesuchte Schläger: US-Behörden haben Haftbefehle erlassen. Erdogan wütet.

Nach den Ausschreitungen vor der türkischen Botschaft in Washington im Mai scheuen die US-Behörden nicht den Konflikt und diplomatische Spannungen: Sie haben Haftbefehle gegen zwölf Sicherheitskräfte aus dem Stab des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan erlassen. Sollten die in die USA kommen, klicken die Handschellen. Erdogan empörte sich umgehend. Der US-Botschafter in der Türkei wurde einbestellt.

Die Bilder vom 16. Mai gingen um die Welt. Vor der türkischen Botschaft in Washington demonstrieren Erdogan-Kritiker – und plötzlich eskaliert die Gewalt. Videobilder sollen zeigen, dass direkt von Erdogans Wagen aus die Order kam, auf die Demonstranten loszugehen. Das ist nicht belegt. Washingtons Polizeichef Peter Newsham sagte auf einer Pressekonferenz zu der entsprechenden Frage: „Wir haben bislang keine Informationen, die nahelegen, dass es einen Grund gibt, den Präsidenten zu verhaften.“ Klar ist aber aus Sicht der US-Polizei, dass türkisches Sicherheitspersonal auf amerikanischem Boden brutal gegen die Demonstranten vorgeht.

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In einem Video ist zu sehen, dass Erdogan persönlich Zeuge der Ereignisse wird, sich aber nicht ins Geschehen einmischt. Elf Menschen wurden bei den Handgreiflichkeiten verletzt, neun davon mussten im Krankenhaus behandelt werden. Polizeichef Newsham sagte bei der Pressekonferenz: „Ihr Motiv ist nicht wichtig, wichtig ist, dass friedliche Demonstranten körperlich misshandelt wurden. Das wird in Washington nicht toleriert.“

Eine Frau unter den Gesuchten

Eine Frau wurde von einem Mann aus dem Erdogan-Tross gewürgt. Der Mann ist nach Darstellung der US-Ermittler nun identifiziert. Die Polizei sucht ihn ebenso wie Servet Erkan, der US-Medien zufolge einer der wichtigsten Bodyguards in Erdogans Umgebung ist und bei dem Gewaltexzess beteiligt gewesen sei.

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Unter den zwölf Personenschützer, die nun gesucht werden, ist eine Frau. Die Polizei veröffentlichte eine Liste mit den Namen und Fotos der Gesuchten. Neben den zwölf Mitarbeitern des Sicherheitsapparats fahnden die Ermittler nach zwei weiteren Menschen, denen sie ebenfalls eine Beteiligung an den Gewalttaten vorwerfen. Bereits am Mittwoch waren zwei in den USA lebende Türken festgenommen worden.

Erdogan beklagt fehlenden Schutz für sich

In einer Erklärung der türkischen Regierung heißt es, der US-Botschafter in Ankara sei ins Außenministerium einbestellt worden. Ihm gegenüber habe man betont, dass die Entscheidung der US-Behörden inakzeptabel und eindeutig nicht Ergebnis unparteiischer und unabhängiger Untersuchungen gewesen sei.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan übte am Abend in Ankara scharfe Kritik an den Haftbefehlen. Er dreht den Spieß um und wirft den amerikanischen Sicherheitskräften vor, sie hätten ihn nicht beschützt. „Was ist das für ein Gesetz, was ist das für eine Justiz?“, fragte Erdogan nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu bei einer Ansprache zum Fastenbrechen. „Wenn diese Leibwächter mich nicht beschützen sollen, wozu soll ich sie dann mit mir nach Amerika nehmen?“

Bei den 40 bis 50 Meter entfernten Demonstranten habe es sich um Anhänger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und der Bewegung des Predigers Fethullah Gülen gehandelt. Die amerikanische Polizei sei nicht gegen die Demonstranten eingeschritten. Washingtons Polizeichef hatte das bereits völlig anders dargestellt: „Es gibt keinerlei Anhaltspunkte, dass die Demonstrierenden zu einer terroristischen Gruppe gehören.“

Eine Sprecherin von US-Außenminister Rex Tillerson sagte, die USA würden keinesfalls dulden, dass Einzelne Gewalt anwendeten, um die Redefreiheit und die Freiheit legitimer politischer Meinungsäußerung zu unterdrücken. „Wenn die Ermittlungen beendet sind, wird das Außenministerium entscheiden, ob weitere Schritte nötig sind“, sagte sie. Es würden mehrere Optionen geprüft. Sie räumte ein, dass den Verdächtigen nur der Prozess gemacht werden kann, wenn sie in die USA einreisen. (dpa/law)