Afrikanische Staaten sollen vom Bittsteller zum Partner „auf Augenhöhe“ werden – indem private Investitionen vor Ort Jobs schaffen.

„Für mich entscheidet sich die Menschlichkeit unserer Welt am Schicksal Afrikas.“ So brachte der ehemalige Bundespräsident Horst Köhler bei seiner Amtseinführung im Jahr 2004 seinen Einsatz für den südlichen Kontinent auf den Punkt.

Als Präsident der Entwicklungsbank und Direktor des Internationalen Währungsfonds wusste Köhler um die Bedeutung Afrikas; auch für Europa. Doch erst dreizehn Jahre später hat sich die deutsche G20-Präsidentschaft dem Ziel verschrieben, die Probleme, aber auch das Potenzial der afrikanischen Staaten in den Mittelpunkt internationaler Bemühungen zu stellen. Ein Novum in der G20-Geschichte, doch aus gutem Grund: Bis zum Jahre 2050 wird sich die Bevölkerung in Afrika auf etwa 20 Prozent der Weltbevölkerung verdoppeln – das sind zwei Milliarden Menschen, die Hälfte davon wird weniger als 18 Jahre alt sein.

Staaten müssen für stabiles Umfeld sorgen

An Regierungsinitiativen mangelt es nicht: Entwicklungsminister Gerd Müller legte bereits einen Marshallplan für Afrika vor, die Idee der „Compacts with Africa“, der Partnerschaften mit Staaten unter dem Motto „Investitionen für Reformen“ stellte nun die Kanzlerin vor. Die Idee: Private Investitionen von Firmen in bestimmten Regionen zu fördern, um Arbeitsplätze zu schaffen. Dass sich afrikanische Staaten wie etwa Ghana verpflichten, für ein stabiles Umfeld zu sorgen, soll künftig belohnt werden.

Das tut Not: Nur zwei Prozent der deutschen Exporte gehen nach Afrika. Unklare staatliche Strukturen, Korruption oder Krieg sind oft Investitionshemmnisse. Diese Initiativen befördern die Länder vom Bittsteller zum Partner auf Augenhöhe. Denn beide Seiten müssen für ihre abgegebenen Verpflichtungen geradestehen. Auch die afrikanischen Staaten müssen liefern: Die Politik der offenen Hand muss ein Ende haben, korrupte Regime müssen zur Verantwortung gezogen werden.

Kritiker wenden ein, dass mit diesen neuen Akzenten kein Cent zusätzliches Geld für Afrika aufgebracht werde. Hilfsorganisationen warnen, private Investoren würden sich nur für Staaten interessieren, die schon im Aufwind seien. Tatsächlich werden diese Partnerschaften den Hungernden etwa im Sudan nicht helfen. Hier braucht es weiter schnelle direkte Geld- und Sachspenden der Mitgliedsländer der Vereinten Nationen. Und doch: Ohne einen Wandel des Gießkannenprinzips in der Entwicklungszusammenarbeit wird alles so bleiben wie bisher. Das wäre für alle das Schlechteste.

2017 rund 400.000 Flüchtlinge aus Afrika

Denn zur Ehrlichkeit über die Motive Deutschlands für die G20-Initiativen gehört auch, dass die Stabilität Afrikas im eigenen Interesse ist. Die Bundesregierung rechnet für 2017 mit 400.000 afrikanischen Flüchtlingen, die Europa erreichen. Die Migrationsbewegung hält zwar bislang vor allem Italien in Atem. Doch die Flüchtlinge werden über kurz oder lang auch in Deutschland verstärkt um Asyl bitten.

Der absurde Vorwurf an die vielen Seenotretter im Mittelmeer quasi als Shuttleservice nach Europa zu fungieren, zeigt auf, wie menschenverachtend diese Diskussion werden kann. Die Menschen wagen die gefährliche Überfahrt zwar oft vergeblich. Die Mehrheit kommt aus wirtschaftlichen Motiven nach Europa, flieht vor Armut und Perspektivlosigkeit. Hier sieht das Asylrecht bislang keine zwingenden Schutzgründe.

Doch der Afrikabeauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke. hat recht, wenn er sagt, Europa könne nicht glauben, man könne bei uns so weiterleben wie bisher, wenn alle, die aus Afrika nach Europa kommen wollen, erst mal hier sind. Deswegen sind Lösungen vor Ort nötig. Die Vorschläge sind zumindest ein Anfang.