Paris. Macron hat viel Glück gebraucht auf dem Weg zum Präsidenten. Die erste runde der Parlamentswahl zeigt, dass auch Können nötig ist.

Ist der Mann einfach verdammt gut oder hat er bloß unglaublich viel Glück? Bei Emmanuel Macrons ersten und mit traumwandlerischer Sicherheit absolvierten Schritten als Frankreichs neues Staatsoberhaupt sind den Medien in den vergangenen Wochen beinahe die Superlative ausgegangen. Sehr viel schärfer jedenfalls hätte sich der junge Präsident kaum von seinem Vorgänger abheben können. Während François Hollande so ziemlich alles zu Blei gerann, was er anfasste, scheint Macron das sprichwörtliche goldene Händchen zu haben.

Dass der 39-Jährige mit Charme und Chuzpe gesegnet ist, hatte sich bereits vor seinem Einzug in den Élysée-Palast herumgesprochen. Doch dann ging es ja erst richtig los. Der Nonchalance, mit der Donald Trump das Pariser Klimaabkommen abservieren wollte, setzte der Newcomer ein in Ironie verpacktes „so nicht“ entgegen. Wladimir Putin wurde regelrecht überfahren von der Mischung aus Herzlichkeit und inhaltlicher Härte, mit der ihn Macron im Schloss von Versailles empfing. Und auf dem G7-Gipfel in Sizilien trat der „französische Kennedy“ auf, als wären solche Treffen für ihn längst Routine.

Inhalte muss Macron noch liefern

Parlamentswahlen in Frankreich

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    Bestnoten für den Stil also. Und was ist mit den Inhalten? Auf die muss man noch ein wenig warten, da Macron mit dem Regieren ohne Parlamentsmehrheit noch nicht richtig anfangen konnte. Schon deswegen war seine Charmeoffensive auf dem internationalen Parkett keineswegs frei von innenpolitischem Kalkül. „Ich kann Präsident“, lautet die Botschaft an seine Landsleute. Und sie kommt an. Stilfragen haben eben ihre Wichtigkeit. Das gilt besonders für die Franzosen, die hohe Ansprüche an das Auftreten ihrer Präsidenten stellen – und damit in den vergangenen Jahren eine Enttäuschung nach der anderen erlebten.

    Macron hat es in nur einem Monat verstanden, den Franzosen den Eindruck zu vermitteln, mit ihm nicht schon wieder den Falschen in den Élysée-Palast geschickt zu haben. Hauptsächlich deswegen werden sie ihm nun auch eine absolute Regierungsmehrheit in der Nationalversammlung einräumen. Ein Selbstläufer war das keineswegs. Noch am Tag nach der Amtseinführung mochten ihm Beobachter bestenfalls die Chance auf eine relative Parlamentsmehrheit einräumen.

    Nur mit Glück geht es auch nicht

    Es stimmt: Bislang hat Macron alles goldrichtig gemacht. Aber er hat in der Tat auch jede Menge Glück gehabt. Hollandes Verzicht auf eine zweite Amtszeit etwa oder der Umstand, dass seine schärfsten Präsidentschaftsrivalen, der konservative Spitzenkandidat François Fillon und die Rechtsextremistin Marin Le Pen, in Affären verwickelt wurden. Doch allein dieses Glück konnte ihm nicht ins Präsidentenamt verhelfen. Eine ungleich größere Rolle spielte die Politikverdrossenheit der Franzosen und ihre Hoffnung, dass mit Macron eine überfällige Erneuerung des ganzen Landes endlich möglich werden könnte.

    Macron mag ein Glückspilz sein, vor allem aber verfolgt er ganz offenbar die richtige Politik. Von Beginn an ging es ihm darum, den Franzosen neue Zuversicht zu vermitteln. Und diese Zuversicht hat sich eingestellt, weil vieles darauf hindeutet, dass Macron es mit der versprochenen Erneuerung ernst meint. Seine aus rechten wie linken Politikern gebildete Regierung war ein starkes Signal, ebenso die bunte und unkonventionelle Schar der Kandidaten, die seine Partei LREM in den Parlamentswahlkampf schickte.

    Über die Kür des Stils hinaus hat der junge Präsident nämlich nicht die Pflicht vergessen und sofort begonnen, zu liefern. Auch das erklärt die Welle der Zustimmung in der Bevölkerung, die ihn und die LREM-Kandidaten derzeit trägt.