Berlin. Die Regierung prüft im Streit um Truppenbesuche in Incirlik Alternativstandorte. FDP-Politiker Graf Lambsdorff spricht von Naivität.

Wenige Tage vor dem Nato-Gipfel spitzt sich der Streit um Truppenbesuche deutscher Abgeordneter in der Türkei zu. Unionsfraktionschef Volker Kauder droht bereits mit dem Abzug der Bundeswehrsoldaten und Tornado-Aufklärungsflugzeuge aus dem türkischen Incirlik.

Kauder sagte unserer Redaktion, wenn der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan „Besuche weiter verhindert, brauchen wir einen Alternativstandort“. Dies werde von der Bundesregierung bereits geprüft.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann setzte der Kanzlerin sogar ein Ultimatum: Wenn es ihr beim Nato-Gipfel am Donnerstag nicht gelinge, die Türkei zur Umkehr zu bewegen, brauche man Alternativstandorte, sagte er der „Bild am Sonntag“. Dies gelte sowohl für Incirlik als auch für die Awacs-Mission im türkischen Konya, an der die Bundeswehr beteiligt ist.

SPD-Fraktionschef Oppermann fordert Abzug der Bundeswehr aus der Türkei

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    Alexander Graf Lambsdorff wirft Regierung Naivität vor

    Alexander Graf Lambsdorff ist Vize-Präsident des Europäischen Parlaments.
    Alexander Graf Lambsdorff ist Vize-Präsident des Europäischen Parlaments. © dpa | Monika Skolimowska

    Der FDP-Europapolitiker Alexander Graf Lambsdorff warf der Bundesregierung unterdessen Versäumnisse und Naivität vor. „Die Haltung der Bundesregierung kann nur sein, die unhaltbare Situation in Incirlik zu beenden und die Bundeswehr-Soldaten und die Tornados von diesem Standort abzuziehen“, sagte der Vizepräsident des EU-Parlaments dieser Redaktion.

    Es sei naiv zu glauben, nach dem Nato-Gipfel würde Erdogans Kurs verlässlicher. Doch dränge sich der Eindruck auf, dass es die Regierung versäumt habe, rechtzeitig Alternativen zu Incirlik zu suchen. „Deshalb schafft sie es jetzt nicht, zügig auf einen besser geeigneten Standort zu verlegen“, sagte Lambsdorff.

    Er beklagte, die unterschiedlichen Signale von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Sigmar Gabriel in dieser Angelegenheit vor dem Nato-Gipfel „schwächen die deutsche Position und bestärken nur den türkischen Präsidenten Erdogan darin, seine unberechenbare Politik fortzusetzen“. (ck/gau)