Washington. Im zweiten Anlauf hat Donald Trump seine Gesundheitsreform durchs US-Repräsentantenhaus gebracht. Ob sie ein Erfolg wird, ist fraglich.

Es stand nicht weniger als die Regierungsfähigkeit der Republikaner auf dem Prüfstand. Und die ihres Präsidenten. Sechs Wochen nach dem gescheiterten Versuch, die staatlich gelenkte Krankenversicherung von Vorgänger Obama im Sinne von Weniger-Staat-und-geringere Beiträge zu reformieren,

Auch interessant

.

Gegen den geschlossenen Widerstand der Demokraten, die von einem „bürokratischen Monster“ sprechen, das Millionen Amerikaner im Krankheitsfall in Existenznöte führen werde, bescherten die Republikanern Präsident Trump damit einen ersten parlamentarischen Teilerfolg. 216 Stimmen waren nötig. Dabei haben die „Reps“ 238 Mandate. Die Demokraten kommen auf 193. Knapp 20 Konservativen waren also abtrünnig.

Zweifel am Erfolg des Gesetzes

Trump hatte die Abschaffung von „Obamacare“ im Wahlkampf zur obersten Priorität erklärt. Die gestrige Entscheidung für den von ihm mitgetragenen „American Health Care Act“ ist aber nur ein erster Schritt. Im Senat, der zweiten Kammer des Kongresses, so kündigte der einflussreiche Republikaner Bob Corker an, werde „sicher nachgebessert“. Entscheidend sei allein, dass das Gesetz für eine Mehrheit der Amerikaner „gut funktioniere“.

Obamacare: Darum ist die Gesundheitsreform so umstritten

weitere Videos

    Daran gibt es erhebliche Zweifel. Der ehemalige demokratische Präsidentschaftkandidat Bernie Sanders fasste die Liste mit Einwendungen so zusammen: „Ältere Menschen und Patienten mit Vorerkrankungen werden sich schlechter stehen.“ Zumal im staatlichen Schutzprogramm für Arbeitslose und Langzeitkranke („Medicaid“) knapp 900 Millionen Dollar gekürzt werden sollen.

    Keine Kalkulation des US-Rechnungshof

    US-Präsident Donald Trump hat mit seinem zweiten Entwurf zur Abschaffung von „Obamacare“ einen Erfolg eingefahren.
    US-Präsident Donald Trump hat mit seinem zweiten Entwurf zur Abschaffung von „Obamacare“ einen Erfolg eingefahren. © REUTERS | CARLOS BARRIA

    Sanders rief Trump auf, das Gesetz abzulehnen – „oder öffentliche eine Lüge einzugestehen“. Trump hatte bis zuletzt gegen die Einschätzung von parteiunabhängigen Experten behauptet, dass „Obamacare“ finanziell „explodieren“ wird. „Und dann kommen wir alle zusammen und basteln uns einen großartigen Gesundheitsplan.“

    Wie der aussehen wird, ist bisher unbekannt. Trumps Druck im Nacken spürend, haben die Republikaner ihr Roh-Konzept ohne die maßgeblichen Zahlen-Kalkulationen des Rechnungshofes (Congressional Budget Office) verabschiedet. Das CBO hatte zuletzt errechnet, dass unter „Trumpcare“ bis zum Jahr 2026 rund 24 Millionen Amerikaner weniger versichert sein würden als unter Obama.

    Protestmärsche erwartet

    Um Kritikern in den eigenen Reihen zu beruhigen, gab Trump vor wenigen Tagen inoffiziell einem zusätzlichen Jahres-Budget von etwa acht Milliarden Dollar seinen Segen, mit dem Versicherte abgefedert werden sollen, die kostenintensive Vorerkrankungen haben.

    Demokraten wie etlichen Gesundheits- und Lobby- und Ärzteverbänden ist das „entschieden zu wenig“. Sie wollen in den nächsten Wochen Sturm laufen gegen die Regierung. In Washington wird mit großen Protestmärschen gerechnet. „Es ist noch längst nicht ausgemacht, ob Trump sich mit der übereilt gestrickten Reform seiner Reform einen Gefallen getan hat“, sagte ein Analyst dem Sender MSNBC, „im Senat ist die Mehrheit der Republikaner nur hauchdünn.“

    Trump war auf Niederlage nicht vorbereitet

    Eine erneute Bauchlandung im parlamentarischen Verfahren würde Trumps Selbstbeschreibung als Top-Verhandler („Die Kunst des Deals“) allerdings nachhaltig schädigen.

    Auch interessant

    unter Dach und Fach gebracht.

    Beim Thema Gesundheit steckt ihm noch die krachende Niederlage beim ersten Anlauf in den Knochen. Das Weiße Haus war nicht vorbereitet auf die erbitterte innerparteiliche Fehde bei den Republikanern, die Ende März mit einer Blamage endete.

    Republikaner mit Mehrheit im Abgeordnetenhaus

    Auch interessant

    , der nahezu jede Staatshilfe kippen will, und einige gemäßigte Republikaner, die sich um das Wohl sozial schwacher Menschen sorgen, den Prozess lahm. Sie fügten Trump eine herbe Schlappe zu. Dabei sollte sein Modell Haushalts-Einsparungen im Volumen von 340 Milliarden Dollar über zehn Jahre einbringen.

    Trump schob damals den Demokraten den Schwarzen Peter zu. Ein Ablenkungsmanöver, denn die Republikaner verfügen nominell mit 238 Sitzen über eine komfortable Mehrheit im Abgeordnetenhaus.

    Auch interessant

    , weckte unmittelbar Zweifel, ob andere Renommier-Vorhaben Trumps, etwa die Steuer-Reform und das 1000 Milliarden Dollar schwere Konjunkturprogramm zur Ertüchtigung der Infrastruktur, überhaupt noch eine Chance auf Realisierung haben.

    Trump-Wähler wollen Obamas Verdienste nicht missen

    Bis zum Nachmittag (Ortszeit) in Washington zum Etappenerfolg für Trump kam, war Zittern angesagt. Obwohl Mehrheitsführer Kevin McCarthy bereits am frühen Morgen in Optimismus machte („Wir haben die nötigen Stimmen, wir werden dieses Gesetz durchbringen“) und Trump sich anschloss („Wir werden eine wunderbare Abstimmung haben“), zählten US-Medien bis kurz vor der Abstimmung immer noch etwa 20 Nein-Stimmen. Mehr als 22 Abweichler konnte sich die „Grand Old Party“ nicht erlauben.

    Welche Nachhaltigkeit das Votum entfalten wird, steht dahin. In ihren Wahlkreisen bekamen etliche republikanische Abgeordnete zuletzt massiven Ärger. Viele Wähler, auch wenn sie für Trump sind, wollen die sozialen Errungenschaften, die ihnen „Obamacare“ beschert hat, nicht missen.

    Folgen für Zwischenwahl

    Sollte „Trumpcare“, wie viele Experten befürchten, mit finanziellen Nachteilen für die breite Mehrheit einhergehen, könnte sich das bereits im Herbst 2018 auf die Mehrheitsverhältnisse im Kongress auswirken. Ein Drittel der 100 Senatoren und das komplette Repräsentantenhaus stehen dann zur Zwischenwahl an.