100 Tage Präsident Trump – Seine Erfolge und Niederlagen
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Von Dirk Hautkapp
Washington. Nur 40 Prozent der US-Amerikaner können Trumps Leistung etwas Gutes abgewinnen. Was lief gut, was schlecht? Eine Bestandsaufnahme.
Mehr versprochen als gehalten. Zur symbolischen 100-Tage-Frist fällt Sonnabend die Bilanz für US-Präsident Donald Trump mäßig aus. Sein „Vertrag“, den er im Oktober vor der Wahl mit dem amerikanischen Volk geschlossen hat, ist weitgehend unerfüllt geblieben.
Nur knapp 40 Prozent der Amerikaner können seiner Leistung in der St
rtphase etwas Gutes abgewinnen – der mit Abstand schlechteste Wert eines US-Präsidenten seit Ende des Zweiten Weltkrieges. Dabei war Trump nur zu Hause, keine einzige Auslandsreise steht bisher zu Buche. Hier die Bestandsaufnahme:
Seine Erfolge
Mit Neil Gorsuch (49), der gegen harten Widerstand der Demokraten durchgesetzt wurde, wird auf Jahrzehnte ein erzkonservativer Jurist am Obersten Gerichtshof Recht sprechen. In der religiös-fundamentalen Wählerschaft hat Trump damit ein zentrales Wahlkampfversprechen erfüllt.
Trump hat Amerika zudem aus dem Freihandelsabkommen TPP mit Asien herausgelöst, zwei umstrittene Ölpipeline-Projekte (Keystone XL und Dakota) freigegeben und diverse Umweltauflagen für die Industrie aus der Zeit seines Vorgängers aufgehoben. Und: Die massive Verschärfung der Rhetorik in der Einwanderungsdebatte hat die Zahl der illegalen Übertritte an der Grenze zu Mexiko um über 50 Prozent sinken lassen.
Seine Niederlagen
Trump hat bisher rund 30 präsidiale Dekrete (Sonderverordnungen) unterzeichnet. Dabei handelt es sich oft um Prüfaufträge mit ungewissem Ausgang.
Es gibt bisher aber kein einziges durchfinanziertes Gesetzesvorhaben, mit dem der Präsident gemeinsam mit dem republikanisch beherrschten Kongress Regierungsfähigkeit aus einem Guss unter Beweis gestellt hätte. Weder ist von dem eine Billion Dollar (1000 Milliarden) schweren Modernisierungsprogramm für Straßen, Flughäfen und Brücken etwas Belastbares zu sehen noch von der großen Steuerentlastung.
Die gerade eilig vorgelegten Eckdaten für eine Reform – Reduzierung der Unternehmenssteuern von 35 auf 15 Prozent, Hilfen für kleine und mittlere Einkommen etc. – werden von unabhängigen Finanzexperten angezweifelt. „Das basiert auf Wunschdenken, da fehlt die Gegenfinanzierung, das kommt so nie durch den Kongress.“
Dagegen steht: Die „Rücknahme und Ersetzung“ der Krankenversicherung von Obama („Obamacare“) ist an parteiinternen Zwistigkeiten der Republikaner gescheitert. Ein neuer Anlauf soll in Kürze erfolgen. Wann die von Trump versprochene Alternative kommt, günstigere Beiträge bei besserer Versorgung zu bieten, steht aber in den Sternen. In der Zwischenzeit könnten bis zu 20 Millionen Amerikaner ihren Schutz im Krankheitsfall verlieren.
Zur Terrorprävention hat Trump Bürger aus einigen muslimisch dominierten Ländern mit Einreiseverboten belegt. Die Initiative ist von mehreren Gerichten als verfassungswidrig gestoppt worden. Auch die von Washington angedrohte Kürzung von Zuschüssen für Städte wie New York, Los Angeles oder San Francisco, die nicht straffällig gewordenen Migranten ohne Aufenthaltspapiere Zuflucht bieten („sanctuary cities“), ist bis auf Weiteres gesetzwidrig.
Auf Eis liegt der angekündigte Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko, um Drogenkuriere und illegale Einwanderung abzuhalten. Mexiko will nicht, wie von Trump verlangt, für das Projekt bezahlen. Der Kongress in Washington hat bisher nur kleinere Beträge für das auf 70 Milliarden Dollar geschätzte Bauwerk freigegeben.
Beim Spitzenpersonal musste Trump schon nach wenigen Tagen den Nationalen Sicherheitsberater austauschen. Ex-General Michael Flynn wurde bei seinen ominösen Russland-Kontakten der Lüge überführt. Im engsten Umfeld Trumps ist der ideologische Streit zwischen seinen wichtigsten Beratern – Stephen Bannon und Schwiegersohn Jared Kushner – nach wie vor ungelöst.
Seine Außenpolitik
Trump hielt die Nato für „obsolet“, die EU nach dem „Brexit“ Großbritanniens für ein Wackelbündnis, Russlands Präsidenten Wladimir Putin für einen starken Partner, China für einen Währungsbetrüger und Amerika als Weltpolizisten für ein Auslaufmodell. Nichts davon hat die ersten drei Monate überstanden.
Die Nato ist heute für Trump ein „Bollwerk für den Frieden“, die EU ein wichtiger, intakter Partner, Putin eine feindselige Kraft, die den Westen destabilisieren will, China (nach dem Besuch von Präsident Xi Jinping) definitiv kein Währungsbetrüger und die USA wieder der Garant für Frieden und Freiheit auf dem Globus.
Mit 59 Raketen auf einen syrischen Flugplatz – Reaktion auf einen Diktator Assad zugeschriebenen Giftgasangriff auf Zivilisten – gab Trump die zugesagte militärische Zurückhaltung Amerikas endgültig auf. Wie Trump mit China und Russland, geopolitisch nach wie vor die größten Rivalen, auf Dauer verfahren will, bleibt weiter mysteriös.
Trump hat eine ganz neue Strategie im Kampf gegen das Terrornetzwerk „Islamischer Staat“ versprochen – bis heute Fehlanzeige. Das umstrittene Atomabkommen mit dem Iran wollte Trump zügig aufkündigen – davon ist keine Rede mehr.
Die von Obama praktizierte „strategische Geduld“ mit der aufstrebenden Atommacht Nordkorea sollte durch eine klare Eindämmungsstrategie ersetzt werden – wie, das bleibt unscharf. Trump hat einen Flugzeugträger und ein U-Boot in die Region geschickt. Gemeinsam mit Verbündeten will seine Regierung Diktator Kim Jong-un zunächst auf diplomatischem Weg (inklusive Sanktionen) zur Aufgabe des Atomprogramms bringen. Eine militärische Erstschlag-Option schließt Trump aber nicht aus.
Seine Wirtschaftspolitik
Nach der Abkehr von den Freihandelsabkommen TPP (mit Asien – endgültig) und TTIP (mit Europa – vorläufig) ist weiter unklar, wie die USA ihre Wirtschaftsbeziehungen mit anderen Ländern gestalten wollen. Bis zum Sommer sollen die Ministerien für Wirtschaft und Finanzen Vorschläge für Einzelabkommen ausarbeiten.
Ob darin flächendeckend Handelsbarrieren auftauchen werden, ist ungewiss. Bei Stahl und – aktuell – kanadischem Weichholz will Trump ausländische Hersteller mit Strafzöllen belegen. Die erwogene „Grenzausgleichssteuer“, die exportstarke Nationen wie Deutschland beeinträchtigt hätte, ist dagegen vom Tisch.
Trump nimmt für sich in Anspruch, etliche Großunternehmen (Autohersteller etc.) von der Abwanderung ins Ausland abgehalten zu haben. Dadurch seien 600.000 Jobs gesichert worden. Die Zahl wird von unabhängigen Instituten als „aus der Luft gegriffen“ bezeichnet. Viele Investitionen seien bereits vor der Wahl Trumps beschlossen gewesen.
Gleichwohl profitiert Trump vom Staffelstab, den ihm Obama übergeben hat (niedrige Arbeitslosenquote, hohe Energieförderung aus heimischen Quellen, gestiegene Kauflaune etc.). Die ökonomische Zuversicht der US-Amerikaner ist laut Umfragen so groß wie seit 15 Jahren nicht.
Nicht mehr nutzen
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Seine Schwächen
Trump warf Obama vor, zu oft auf dem Golfplatz zu stehen und mit Reisen Steuergelder zu verschwenden. Trump ist seit Amtsantritt fast 20-mal beim Einlochen gesehen worden. Seine regelmäßigen Wochenendtrips ins Privatdomizil Mar-a-Lago in Florida haben einen hohen zweistelligen Millionenbetrag verschlungen. Gleichzeitig wird bei Sozialprogrammen wie „Essen auf Rädern“ gekürzt.
Trump hatte im Wahlkampf versprochen, zu gegebener Zeit seine Steuererklärung zu veröffentlichen („Ich habe nichts zu verbergen“). Heute verweigert er den Blick in seine Besitzverhältnisse und Geschäftsbeziehungen. Kritiker fühlen sich bestätigt, dass ausländische Regierungen (Moskau etc.)
Belastendes gegen Trump in der Hand haben könnten. Trump hatte einen reibungslosen Regierungsübergang zugesagt. Tatsache ist, dass über 90 Prozent der Spitzenjobs in den Ministerien und Behörden bisher nicht besetzt sind. „Die Funktionstüchtigkeit der Administration ist gefährdet“, sagen im Kongress Demokraten wie Republikaner.
Sein Clan
Dass Donald Trump die Familie über alles stellt, war im Wahlkampf bereits oft ein Problem. Im Amt fällt dem Präsidenten vor allem die Nähe zu Tochter Ivanka und deren Ehemann Jared Kushner zunehmend auf die Füße. Nach einer aktuellen Umfrage der renommierten Quinnipiac-Universität haben 53 Prozent der Wähler ein Problem damit, dass Trump Tochter und Schwiegersohn mit umfassenden Zuständigkeiten in seinem engsten Beraterkreis ausgestattet hat. Nur 36 Prozent halten die damit verbundenen Interessenkonflikte für tolerierbar.
Das ist die Trump-Familie
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Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
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