Berlin. Nach Wünschen des Bundesverkehrsministers sollen Airlines finanziell entlastet und Flughäfen besser ans Schienennetz angebunden werden.

Wer in der Nähe eines Flughafens oder in einer Einflugschneise wohnt, darf nicht auf baldige Entlastung bei der Lärmbelastung hoffen. Das Bundesverkehrsministerium setzt auf den aktiven Ausbau des Flugverkehrs. „Ziel ist es, den Luftverkehrsstandort Deutschland weiter zu stärken und die internationale Wettbewerbsfähigkeit angesichts hoher Wachstumsraten in der Golfregion oder der Türkei zu sichern“, sagte Verkehrsminister Alexander Dobrindt bei der Präsentation des neuen Luftverkehrskonzepts aus seinem Hause.

„Nein zu einem generellen Nachtflugverbot“

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) im Hamburger Rathaus.
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) im Hamburger Rathaus. © dpa | Christian Charisius

Dazu erteilte der CSU-Politiker einem generellen Nachtflugverbot eine klare Absage. Auch an den Flughäfen werde es – wie in manchen Regionen immer wieder gefordert – „keine weiteren Einschränkungen bei den bestehenden Betriebszeiten geben“. Ein Schwerpunkt des Konzepts liegt auf der Stärkung der Flughäfen. Dazu gehöre beispielsweise der Ausbau der Flughäfen in Berlin, Düsseldorf und München. Zudem sollten alle Flughäfen gute Verkehrsanbindungen durch Schienen und Straßen erhalten. Dies sei bereits im neuen Bundesverkehrswegeplan 2030 berücksichtigt.

Das Konzept nennt zudem zwölf Flughäfen, die unter anderem wegen ihrer internationalen Verbindungen, ihrer Rolle für die Luftfracht oder als 24-Stunden-Ausweichflughafen im „Interesse des Bundes“ liegen. Dazu zählen neben Frankfurt/Main, Berlin (BER), Düsseldorf, Hamburg, Hannover, Köln/Bonn, Leipzig, München, Nürnberg, Stuttgart auch Braunschweig und Oberpfaffenhofen.

Bund hat Gebühren für Flugsicherung 2017 gesenkt

Zudem soll die deutsche Luftfahrtbranche möglichst von Sondergebühren und Abgaben entlastet werden, um durch dieses frei werdende Geld Spielräume für neue Investitionen zu schaffen. Als erster Schritt wurden zu Jahresbeginn die Flugsicherungs­gebühren für die Gepäck- und Sicherheitskontrollen gesenkt, was die Kosten der Branche in diesem Jahr um 213 Millionen Euro mindern soll.

Dobrindt wirbt zugleich mit Blick auf die nächste Regierung für einen „Einstieg in den Ausstieg“ aus der umstrittenen Ticketsteuer. Die deutsche Luftfahrtbranche sieht sich durch die hohe Abgabenlast dieser Luftverkehrsteuer in ihrer Wettbewerbsfähigkeit seit Jahren benachteiligt. So müssen Fluglinien in Deutschland seit 2011 bei jedem Start je nach Flugziel eine Steuer entrichten, die sich laut Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDL) 2016 auf 1,07 Milliarden Euro summierte.

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    Gut die Hälfte (544 Millionen Euro) mussten allein vier deutsche Fluggesellschaften (Lufthansa-Gruppe, Air-Berlin-Gruppe, Condor und TUIfly) schultern, der Rest entfiel auf weitere mehr als 100 vornehmlich ausländische Fluglinien. Aufgrund des harten Wettbewerbs könnten diese Steuern dem Verband zufolge aber nicht komplett auf die Ticketpreise aufgeschlagen werden.

    Luftfahrtbranche begrüßt Konzept

    Um einen Anreiz für den Einsatz moderner Flugzeuge zu schaffen, ermuntert Dobrindt zudem die Flughäfen, ihre Flughafenentgelte für Flugzeuge stärker an deren Lärmbelastung zu orientieren und entsprechend zu gestalten. Zur Unterstützung hält das Ministerium auch eine Änderung der Rechtslage für denkbar.

    Die Luftfahrtbranche begrüßte das Konzept als „wichtigen Meilenstein“, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, wie der Präsident des BDL, Frankfurts Flughafenchef Stefan Schulte, sagte. Die deutsche Luftfahrtbranche hinke derzeit hinter den Wachstumsraten anderer Länder hinterher. Während der Luftverkehr 2016 international um 6,3 Prozent zulegte, wuchsen die deutschen Fluggesellschaften nur um 1,4 Prozent. Zugleich drängte der Verbandschef auf eine baldige Umsetzung. Dies wird aber wohl nicht in dieser Legislaturperiode geschehen.

    Umweltschützer und Umweltministerium kritisieren Dobrindts Vorgehen

    Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD).
    Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD). © dpa | Matthias Balk

    Im Umweltministerium regt sich bereits Kritik. Der Bundesverkehrsminister habe es leider versäumt, seine Position mit dem großen Rest der Bundesregierung abzustimmen. „Dieser Alleingang ist eine vertane Chance, weil er nicht versucht, die Belange des Luftverkehrs mit dem Klima- und Lärmschutz in Einklang zu bringen“, bemängelt Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) gegenüber dieser Zeitung. „Das Papier dürfte sich darum als untauglich erweisen.“

    Der Luftverkehrsexperte der Umweltorganisation BUND, Werner Reh, bemängelt: „Das von Dobrindt angestrebte Wachstum des Flugverkehrs macht diesen eher früher als später zum globalen Klimakiller Nummer 1.“ Sein Luftverkehrskonzept sehe weder wirksame Maßnahmen zum Klimaschutz noch zur Lärmminderung vor. „Auch hier zeigt sich die inzwischen sprichwörtliche Dobrindtsche Verweigerungshaltung gegenüber dem Umweltschutz“, sagte Reh. „Nach Dieselgate versagt der Bundesverkehrsminister erneut auf ganzer Linie.“