München. CSU-Chef Horst Seehofer will doch nicht wie angekündigt 2018 aus der Politik aussteigen. Das dürfte nicht allen in der Union gefallen.

Noch vor der offiziellen Verkündung durch CSU-Chef Horst Seehofer hat dessen Entscheidung zur Verlängerung seiner Amtszeit nicht nur in Bayern für viele Diskussionen gesorgt. Am Wochenende hatte der 67-Jährige einige wenige Parteifreunde darüber informiert, entgegen seiner eigenen Ankündigung auch über die Landtagswahl 2018 hinaus Parteichef bleiben zu wollen und auch für eine erneute Kandidatur zum bayerischen Ministerpräsidenten zur Verfügung zu stehen.

Am Montag um 10 Uhr will Seehofer in der CSU-Zentrale in München den Parteivorstand über seine Planungen in Kenntnis setzen. Zuvor will er mit der engsten CSU-Spitze beraten. Am späten Sonntagabend hatte sich Seehofer unter anderem mit seinen CSU-Stellvertretern in einer Telefonschalte über das weitere Vorgehen ausgetauscht.

Parteifreunde rechneten schon lange damit, dass er weitermacht

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann. Seine CSU würde ihn nach der Bundestagswahl im September gerne als Innenminister im Bundeskabinett sehen.
Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann. Seine CSU würde ihn nach der Bundestagswahl im September gerne als Innenminister im Bundeskabinett sehen. © dpa | Sven Hoppe

Jedoch dürfte keiner der Teilnehmer ernsthaft von der Entscheidung überrascht worden sein. In der CSU wurde schon lange davon ausgegangen, dass sich der 67-Jährige für eine weitere Amtszeit zur Verfügung stellt. Einzig Seehofer hatte sich bis zuletzt unentschlossen geäußert.

Gleiches gilt für die Wahl von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann für den CSU-Spitzenplatz bei der Bundestagswahl. Die CSU hätte ihn bei einem Wahlerfolg gerne als neuen Innenminister im Bundeskabinett. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt waren zuvor ebenfalls gute Chancen für den Posten eingeräumt worden – er ist dem Vernehmen nach größter Favorit als Nachfolger von Gerda Hasselfeldt an der Spitze der CSU-Landesgruppe im Bundestag.

Die CDU hat Seehofers Attacken gegen die Kanzlerin nicht vergessen

Innerhalb der CDU wird die verlängerte Amtszeit von Seehofer mit gemischten Gefühlen gesehen – auf der einen Seite sei er für die Bindung vieler konservativer Wähler derzeit immens wichtig, wolle die Union bei der Bundestagswahl keine Stimmen an die AfD verlieren, heißt es aus dem Präsidium. Auf der anderen Seite seien die Querschüsse und Angriffe aus München im Zuge der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin in den vergangenen Monaten noch nicht vergessen.

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    Seehofer wird auch in der CSU das größte Potenzial für eine erfolgreiche Bundestagswahl im Herbst und die Landtagswahl 2018 zugerechnet. Für die Partei steht die Verteidigung der absoluten Mehrheit im eigenen Land an oberster Stelle. Vor fünf Jahren hatte Seehofer der CSU die Alleinregierung zurückgegeben, bis zur Wahl hatte sie mit der FDP in einer Koalition reagieren müssen.

    Beckstein verlangt Klärung der Nachfolgefrage

    Nach Ansicht des ehemaligen bayerischen FDP-Wissenschaftsministers Wolfgang Heubisch wird die CSU 2018 aber auch mit Seehofer die absolute Mehrheit verlieren. „Horst Seehofer ist ein beliebter Landesvater mit einem großen Amtsbonus. Dennoch glaube ich, dass es ihm nicht gelingen wird, die absolute Mehrheit zu verteidigen“, sagte Heubisch der Deutschen Presse-Agentur in München. Seehofer habe mit seinem „Zickzack-Kurs“ Popularität in Bayern eingebüßt, so Heubisch.

    Seehofer ist seit 2008 CSU-Chef und Ministerpräsident. Für seinen Vorgänger Günther Beckstein sollte die erneute Amtszeit zeitlich befristet werden: „Wenn die Nachfolgefrage nicht wie vorgesehen bereits im Jahr 2018 geklärt wird, wäre zumindest ein Wechsel im Laufe der nächsten Legislaturperiode naheliegend“, sagte der frühere bayerische Ministerpräsident dem in Berlin erscheinenden „Tagesspiegel“ von Montag.

    Markus Söder steht schon in den Startlöchern

    Der bayerische Finanzminister Markus Söder (CSU). Er macht sich große Hoffnungen auf die Nachfolge von Horst Seehofer als Partei- und Regierungschef in Bayern.
    Der bayerische Finanzminister Markus Söder (CSU). Er macht sich große Hoffnungen auf die Nachfolge von Horst Seehofer als Partei- und Regierungschef in Bayern. © dpa | Alexander Heinl

    In Bayern beträgt die Amtszeit des Ministerpräsidenten fünf Jahre, der CSU-Chef wird alle zwei Jahre gewählt. Die Wahl zum Parteivorsitz stünde regulär im November 2017 an. Sie kann allerdings vom Vorsitzenden vorverlegt werden.

    Innerhalb der CSU-Landtagsfraktion gilt schon lange der von Seehofer selbst ungeliebte Finanzminister Markus Söder als aussichtsreicher Nachfolger für beide Ämter. Der Franke hat aber abseits der Basis nur wenige Unterstützer – so gelten etwa auch Parteivize und EVP-Fraktionschef Manfred Weber sowie Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt als große Kritiker Söders. Seine Ambitionen dürften mit Seehofers Entscheidung zunächst ad acta gelegt sein.

    Weder Seehofer noch Söder wollen nach Berlin

    Aus der Sicht Seehofers sollte der nächste CSU-Chef auch über eigene Erfahrungen in der Bundespolitik verfügen. Deshalb hatte er eine Trennung der Posten ins Gespräch gebracht und gefordert, dass in Zukunft der CSU-Chef auch Mitglied der Bundesregierung sein müsse, damit die Partei ihren Einfluss nicht verliere.

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      Für sich selbst schließt er einen Gang in die Hauptstadt aber aus, er verfüge dank seiner Vita auch aus München über genug Durchsetzungskraft gegenüber Merkel und anderen Koalitionspartnern. Söder hatte daraufhin wiederholt erklärt, für ihn käme ein Gang nach Berlin nicht in Frage.

      Keine Koalition ohne starre Obergrenze für Flüchtlinge

      Wer auch immer die CSU nach der Bundestagswahl führen wird, braucht großes Verhandlungsgeschick. Denn Seehofer selbst hat die Messlatte für mögliche Koalitionsverhandlungen sehr hoch gehängt. Ohne die von CDU wie SPD gleichermaßen abgelehnte starre Obergrenze für Flüchtlinge werde die CSU keinen Koalitionsvertrag unterschreiben und stattdessen lieber in die Opposition gehen. In dem Fall würde die Fraktionsgemeinschaft von CSU und CDU im Bundestag zerbrechen.

      (dpa)