Köln. In Köln könnten beim AfD-Parteitag die Fetzen fliegen. Die Partei ist zerstritten. Und Zehntausende Menschen wollen demonstrieren.

  • Die Organisation Avaaz hat zum parodistischen Protest vor dem Kölner Dom aufgerufen
  • Die Polizei erwartet eine weniger lustige Situation zum Beginn des Parteitages am Samstag
  • Linksradikale Gruppen sprechen im Internet von der „Hölle von Köln“

Einen Tag vor dem AfD-Bundesparteitag in Köln haben sich Demonstranten mit ersten kleineren Protestaktionen gegen die Partei in Stellung gebracht. Mitglieder der Bewegung Avaaz postierten sich am Freitagmorgen vor dem Kölner Dom – maskiert als AfD-Politiker Frauke Petry, Björn Höcke, Alexander Gauland und Beatrix von Storch. Dabei trugen sie Schafskostüme und Uniformen.

Sie wollten damit nach eigenen Angaben verdeutlichen, dass die AfD aus ihrer Sicht rückwärtsgewandte Ideologien vertritt, Parteivorsitzende Frauke Petry aber versuche, einen bürgerlichen Schein zu wahren. Nach Angaben von Avaaz nahmen etwa 30 Mitglieder an der Aktion teil.

Das sind die Gesichter der AfD

Bernd Lucke gründete im Februar 2013 die Alternative für Deutschland. Er wurde ihr erster Vorsitzender und das Gesicht der Partei. Zu Beginn stand vor allem die Kritik am Euro im Mittelpunkt.
Bernd Lucke gründete im Februar 2013 die Alternative für Deutschland. Er wurde ihr erster Vorsitzender und das Gesicht der Partei. Zu Beginn stand vor allem die Kritik am Euro im Mittelpunkt. © Getty Images | Volker Hartmann
Das Zerwürfnis: Im Juli 2015 auf dem AfD-Parteitag in Essen kam es zum Bruch zwischen Parteichef Bernd Lucke und der Co-Vorsitzenden Frauke Petry. Lucke verließ danach die Partei und gründete die neue Partei „Alfa“, die inzwischen Liberal-Konservative Reformer (LKR) heißt. Petry führte seitdem die AfD.
Das Zerwürfnis: Im Juli 2015 auf dem AfD-Parteitag in Essen kam es zum Bruch zwischen Parteichef Bernd Lucke und der Co-Vorsitzenden Frauke Petry. Lucke verließ danach die Partei und gründete die neue Partei „Alfa“, die inzwischen Liberal-Konservative Reformer (LKR) heißt. Petry führte seitdem die AfD. © Getty Images | Volker Hartmann
Bei dem Streit zwischen Bernd Lucke und Frauke Petry ging es nicht nur um die Macht in der AfD, sondern auch um deren Kurs. Unter Petry verlagerte sich der Schwerpunkt schnell in Richtung Anti-Islam-Partei.
Bei dem Streit zwischen Bernd Lucke und Frauke Petry ging es nicht nur um die Macht in der AfD, sondern auch um deren Kurs. Unter Petry verlagerte sich der Schwerpunkt schnell in Richtung Anti-Islam-Partei. © Getty Images | Volker Hartmann
Alexander Gauland, ein ehemaliger Journalist, steht heute für das national-konservative Gesicht der AfD. Er ist Vorsitzender der AfD-Fraktion im Landtag von Brandenburg.
Alexander Gauland, ein ehemaliger Journalist, steht heute für das national-konservative Gesicht der AfD. Er ist Vorsitzender der AfD-Fraktion im Landtag von Brandenburg. © dpa | Ralf Hirschberger
Thüringens AfD-Chef Björn Höcke gehört zu den absoluten Hardlinern der AfD. Sein Auftritt bei Günther Jauch in der ARD, als er eine Deutschlandfahne aus der Jacke zog, sorgte für reichlich Schlagzeilen.
Thüringens AfD-Chef Björn Höcke gehört zu den absoluten Hardlinern der AfD. Sein Auftritt bei Günther Jauch in der ARD, als er eine Deutschlandfahne aus der Jacke zog, sorgte für reichlich Schlagzeilen. © dpa | Martin Schutt
Björn Höcke provozierte mit einer Rede über die „Reproduktionslehre“ in Afrika scharfe Kritik aus den anderen Parteien.
Björn Höcke provozierte mit einer Rede über die „Reproduktionslehre“ in Afrika scharfe Kritik aus den anderen Parteien. © imago stock&people | Stefan Zeitz
Beatrix von Storch sorgte mit bizarren Talkshow-Auftritten im Fernsehen und mit ihrer Wortmeldung zum Schusswaffeneinsatz gegen Flüchtlinge an der Grenze für Aufregung. Die Europa-Abgeordnete der AfD wurde im April 2016 aus der europaskeptischen EKR-Fraktion im EU-Parlament ausgeschlossen.
Beatrix von Storch sorgte mit bizarren Talkshow-Auftritten im Fernsehen und mit ihrer Wortmeldung zum Schusswaffeneinsatz gegen Flüchtlinge an der Grenze für Aufregung. Die Europa-Abgeordnete der AfD wurde im April 2016 aus der europaskeptischen EKR-Fraktion im EU-Parlament ausgeschlossen. © imago | Müller Stauffenberg
Alice Weidel wurde im April 2017 auf dem AfD-Bundesparteitag in Köln mit 67,7 Prozent der Stimmen zur Spitzenkandidatin gewählt.
Alice Weidel wurde im April 2017 auf dem AfD-Bundesparteitag in Köln mit 67,7 Prozent der Stimmen zur Spitzenkandidatin gewählt. © Getty Images | Sascha Schuermann
Sie bildete zusammen mit Alexander Gauland das Spitzenduo der Partei für die Bundestagswahl im September 2017.
Sie bildete zusammen mit Alexander Gauland das Spitzenduo der Partei für die Bundestagswahl im September 2017. © dpa | Rolf Vennenbernd
Siegerpose nach der Bundestagswahl am 24. September: Alexander Gauland und Alice Weidel auf der Wahlparty ihrer Partei in Berlin.
Siegerpose nach der Bundestagswahl am 24. September: Alexander Gauland und Alice Weidel auf der Wahlparty ihrer Partei in Berlin. © dpa | Jens Büttner
Unmittelbar nach der Bundestagswahl gab es einen Paukenschlag: AfD-Vorsitzende Frauke Petry (r.) ...
Unmittelbar nach der Bundestagswahl gab es einen Paukenschlag: AfD-Vorsitzende Frauke Petry (r.) ... © REUTERS | WOLFGANG RATTAY
... verließ die Pressekonferenz ihrer Partei und kündigte an, nicht der AfD-Fraktion im Bundestag angehören zu wollen. Sie wolle sich als Führungsfigur für einen „konservativen Neuanfang“ positionieren. Nach ihrem Parteiaustritt kündigte Petry an, eine neue Partei zu gründen.
... verließ die Pressekonferenz ihrer Partei und kündigte an, nicht der AfD-Fraktion im Bundestag angehören zu wollen. Sie wolle sich als Führungsfigur für einen „konservativen Neuanfang“ positionieren. Nach ihrem Parteiaustritt kündigte Petry an, eine neue Partei zu gründen. © dpa | Michael Kappeler
Und auch mit Marcus Pretzell verliert die AfD in Nordrhein-Westfalen ihren prominentesten Politiker. Er trat im Oktober 2017 aus der Partei aus.
Und auch mit Marcus Pretzell verliert die AfD in Nordrhein-Westfalen ihren prominentesten Politiker. Er trat im Oktober 2017 aus der Partei aus. © dpa | Federico Gambarini
Die AfD hat rund 20.000 Mitglieder. Bei der Bundestagswahl holte die Partei 12,6 Prozent der Stimmen und stellt nun 94 Abgeordnete . Sie bildet damit die drittgrößte Fraktion im Parlament.
Die AfD hat rund 20.000 Mitglieder. Bei der Bundestagswahl holte die Partei 12,6 Prozent der Stimmen und stellt nun 94 Abgeordnete . Sie bildet damit die drittgrößte Fraktion im Parlament. © Getty Images | Carsten Koall
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„Hölle von Köln“ angekündigt

Die AfD kommt am Wochenende in Köln zu ihrem Parteitag zusammen. Vor allem am Samstag wird mit größeren Protesten dagegen gerechnet. Angemeldet wurden Demonstrationen mit 50.000 Teilnehmern – die Stadt erwartet den Ausnahmezustand.

Viele der Demonstranten wollen in Sichtweite des Hotels ihre Kundgebungen abhalten. Zugleich rechnet die Polizei damit, dass auch Gewalttäter aus dem linksextremen Spektrum nach Köln kommen könnten. „Wir machen uns große Sorgen“, sagte Polizeipräsident Jürgen Mathies. Im Internet gebe es Aufrufe, in denen von „Feuer statt Konfetti“ und einer „Hölle von Köln“ die Rede sei.

Hochzeitspaare vor besonderer Herausforderung

Die Sicherheitskräfte erwarten zudem Blockade-Aktionen. Das antirassistische und antifaschistische Bündnis „Solidarität statt Hetze“ kündigte an, die Zugänge zum Tagungshotel „dichtmachen“ zu wollen. Notfalls werde man dafür auch Gitter und Zäune überwinden. Die Polizei hält mit eindringlichen Hinweisen dagegen, dass die absichtliche Verhinderung des Parteitags einer politischen Partei im Sinne des Grundgesetzes nicht erlaubt sei.

In Köln werden wegen des ganzen Trubels auch einige Geschäfte nicht regulär öffnen. Vor einer besonderen Herausforderung stehen zudem Hochzeitspaare, die am Samstag im Kölner Rathaus heiraten wollen. Damit die Hochzeitsgesellschaften überhaupt ankommen, werden ihnen Polizisten von einem Sammelpunkt aus den Weg dorthin bahnen.

Bruch der Partei

AfD-Chefin Frauke Petry und ihr Mann, der nordrhein-westfälische AfD-Landesvorsitzende Marcus Pretzell, bei der Ankunft im Kölner Maritim-Hotel.
AfD-Chefin Frauke Petry und ihr Mann, der nordrhein-westfälische AfD-Landesvorsitzende Marcus Pretzell, bei der Ankunft im Kölner Maritim-Hotel. © dpa | Rolf Vennenbernd

Zoff ist allerdings nicht nur um das Maritim Hotel herum geplant. Auch beim Parteitag selbst könnten die Wogen nach der Absage von AfD-Chefin Frauke Petry für das Amt der Spitzenkandidatin höher schlagen. Ob es in Köln zu dem von vielen schon lange erwarteten Bruch zwischen dem rechtsnationalen Flügel und den „Realpolitikern“ kommen wird, ist offen.

Der Brandenburger AfD-Fraktionsvorsitzende Alexander Gauland kreidete der Parteichefin Petry erneut an, die AfD in einen realpolitischen und einen fundamentalistischen Teil auseinanderdividieren zu wollen. „Ich habe nie eine Fundamentalopposition gefordert, wie mir das Frauke Petry unterstellt“, sagte er der „Stuttgarter Zeitung“.

Gauland überrascht vom Rückzieher Petrys

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    Offiziell stehen zwei wichtige Punkte auf der Tagesordnung des Parteitages: Die „Beschlussfassung über die Spitzenkandidaten zur Bundestagswahl“ und die Verabschiedung eines Wahlprogramms. (dpa/epd)