Köln. Im Fall des Bombenanschlags auf den BVB-Bus ermitteln inzwischen rund 100 Sonderfahnder. Eine heiße Spur zu den Attentätern fehlt noch.

Die Behörden ermitteln auf Hochtouren, Experten prüfen ein neues Bekennerschreiben, und die Debatte über eine Anpassung der Sicherheitsmaßnahmen in der Fußball-Bundesliga nimmt immer breiteren Raum ein: Der Bombenanschlag auf den Bus von Vizemeister Borussia Dortmund hat Ermittler und Öffentlichkeit auch über Ostern in Atem gehalten.

Trotz inzwischen 100 Fahndern fehlt gut eine Woche nach dem Anschlag offenbar immer noch eine ganz heiße Spur zu den Tätern. Die im Jargon des Bundeskriminalamtes (BKA) „Besondere Aufbauorganisation“ (BAO) bezeichnete Sonderkommission „Pott“ ging an den Feiertagen einem Bericht der „Welt am Sonntag“ (WamS) zufolge Hinweisen nach, die eine Herkunft des benutzten Sprengstoffes aus Bundeswehrbeständen möglich erscheinen lassen.

Sprengstoff aus BVB-Attentat womöglich von Bundeswehr

weitere Videos

    Betreiber erwägen höhere Sicherheitsstandards

    Für Erschütterung auch noch fünf Tage nach der Attacke auf den BVB-Bus sorgte die Einschätzung des Gefahrenpotenzials der Sprengkörper durch ein „Pott“-Mitglied: „Wären die Splitterbomben nur eine knappe Sekunde früher gezündet worden, hätte der Bus eine regelrechte Breitseite bekommen. Es hätte dann bestimmt viele Schwerverletzte und möglicherweise auch Tote gegeben“, sagte der Fahnder der Bild am Sonntag.

    Die Betreiber deutscher Stadien haben sich derweil offenbar in diesem Zusammenhang bereits mit verschärften Kontrollen wie sonst nur an Flughäfen befasst. „Ich glaube, dass wir in Zukunft an den Eingängen deutscher Stadien Ganzkörperscanner haben werden“, sagte Vorstandschef Joachim E. Thomas von der Vereinigung deutscher Stadionbetreiber der WamS. Erich Rettinghaus von der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPG) in Nordrhein-Westfalen hingegen bewertete die Akzeptanz für den Einsatz von Körperscannern als „derzeit nicht sehr hoch.“

    Gewerkschafter fordert mehr Engagement der Vereine

    Rettinghaus-Kollege Arnold Plickert von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) mahnte vor dem Hintergrund der angespannten Personalsituationen bei den Polizeibehörden für den konkreten Schutz von Spielern und Mannschaftsbussen mehr Engagement der Vereine an: „Die Polizei ist nicht in der Lage, nächtelang das Umfeld eines Mannschaftshotels zu überwachen. Wenn Vereine das möchten, müssen sie selbst zusätzliche Sicherheitskräfte vorhalten.“

    Am ersten Bundesliga-Spieltag nach dem Anschlag von Dortmund allerdings war die Polizei zu Ostern Beobachtungen von SID-Korrespondenten in den Bundesliga-Stadien zufolge deutlich präsenter als zuletzt.

    Anschlag auf BVB-Teambus in Dortmund

    Schock in Dortmund: Am 11. April 2017 detonierten auf der Fahrt zum Stadion neben dem Mannschaftsbus des BVB drei Sprengsätze. Das Champions-League-Spiel gegen AS Monaco am Abend wurde daraufhin abgesagt.
    Schock in Dortmund: Am 11. April 2017 detonierten auf der Fahrt zum Stadion neben dem Mannschaftsbus des BVB drei Sprengsätze. Das Champions-League-Spiel gegen AS Monaco am Abend wurde daraufhin abgesagt. © dpa | Marcel Kusch
    BVB-Profi Marc Bartra wurde bei dem Vorfall schwer verletzt, der Fußballer wurde noch am Abend operiert. Außerdem wurde ein Polizist verletzt.
    BVB-Profi Marc Bartra wurde bei dem Vorfall schwer verletzt, der Fußballer wurde noch am Abend operiert. Außerdem wurde ein Polizist verletzt. © dpa | Ina Fassbender
    Bei der Attacke durchschlug ein Teil des Sprengsatzes eine Scheibe des Mannschaftsbusses.
    Bei der Attacke durchschlug ein Teil des Sprengsatzes eine Scheibe des Mannschaftsbusses. © dpa | Bernd Thissen
    Die Polizei gab an, „mit starken Kräften vor Ort“ zu sein.
    Die Polizei gab an, „mit starken Kräften vor Ort“ zu sein. © REUTERS | Kai Pfaffenbach
    Die Mannschaft sollte zunächst mit einem anderen Bus zum Stadion gebracht werden. Mehrere Spieler hielten sich vor der Unterkunft auf.
    Die Mannschaft sollte zunächst mit einem anderen Bus zum Stadion gebracht werden. Mehrere Spieler hielten sich vor der Unterkunft auf. © dpa | Carsten Linhoff
    Der BVB informierte die Fans im Stadion über den Vorfall.
    Der BVB informierte die Fans im Stadion über den Vorfall. © REUTERS | Ralph Orlowski
    Die hielten sich zusätzlich über ihre Smartphones auf dem Laufenden.
    Die hielten sich zusätzlich über ihre Smartphones auf dem Laufenden. © dpa | Federico Gambarini
    Die Fans verließen das Stadion nach der Absage des Spiels ohne Zwischenfälle.
    Die Fans verließen das Stadion nach der Absage des Spiels ohne Zwischenfälle. © dpa | Federico Gambarini
    Fans des AS Monaco hatten zuvor ihre Anteilnahme mit „Dortmund! Dortmund!“-Sprechchören gezeigt.
    Fans des AS Monaco hatten zuvor ihre Anteilnahme mit „Dortmund! Dortmund!“-Sprechchören gezeigt. © Getty Images | Lukas Schulze
    Das Spiel wurde einen Tag nach dem Vorfall nachgeholt, der BVB verlor 2:3 gegen den AS Monaco.
    Das Spiel wurde einen Tag nach dem Vorfall nachgeholt, der BVB verlor 2:3 gegen den AS Monaco. © dpa | Carsten Linhoff
    Zunächst gab es keine heiße Spur zu den Tätern. Die Ermittler konzentrierten sich auf das, was an handfesten Spuren am Tatort gefunden wurde: Reste des bei dem Anschlag verwendeten Sprengstoffs und der Zünder, dazu die drei am Tatort gefundenen gleichlautenden Bekennerschreiben.
    Zunächst gab es keine heiße Spur zu den Tätern. Die Ermittler konzentrierten sich auf das, was an handfesten Spuren am Tatort gefunden wurde: Reste des bei dem Anschlag verwendeten Sprengstoffs und der Zünder, dazu die drei am Tatort gefundenen gleichlautenden Bekennerschreiben. © dpa | Ina Fassbender
    Fans hatten den Schriftzug „Keine Bombe kriegt uns klein! BVB wird ewig sein“ an einem Zaun geschrieben.
    Fans hatten den Schriftzug „Keine Bombe kriegt uns klein! BVB wird ewig sein“ an einem Zaun geschrieben. © dpa | Friso Gentsch
    Bei dem Anschlag hätte es weit schlimmere Verletzungen geben können: Die Bildkombo zeigt durch umherfliegende Metallstifte beschädigte Autos, einen Splitter, der sich in einen Zaun gebohrt hat und einen Splitter des Sprengsatzes am Boden.
    Bei dem Anschlag hätte es weit schlimmere Verletzungen geben können: Die Bildkombo zeigt durch umherfliegende Metallstifte beschädigte Autos, einen Splitter, der sich in einen Zaun gebohrt hat und einen Splitter des Sprengsatzes am Boden. © dpa | David Young
    Erst zuletzt kamen die Ermittler dem Deutschrussen Sergej W. auf die Spur.
    Erst zuletzt kamen die Ermittler dem Deutschrussen Sergej W. auf die Spur. © REUTERS | Kai Pfaffenbach
    Zehn Tage nach dem Anschlag war das der Durchbruch:
    Zehn Tage nach dem Anschlag war das der Durchbruch: © dpa | Ina Fassbender
    Am Morgen des 21. April nahm die Polizei den 28-jährigen Sergej W. als Tatverdächtigen nahe Tübingen fest.
    Am Morgen des 21. April nahm die Polizei den 28-jährigen Sergej W. als Tatverdächtigen nahe Tübingen fest. © dpa | Christoph Schmidt
    Im Prozess hat der Angeklagte die Tat gestanden, aber jede Tötungsabsicht bestritten. „Ich bedauere mein Verhalten zutiefst“, sagte der 28-jährige am 8. Januar 2018 vor dem Dortmunder Schwurgericht.
    Im Prozess hat der Angeklagte die Tat gestanden, aber jede Tötungsabsicht bestritten. „Ich bedauere mein Verhalten zutiefst“, sagte der 28-jährige am 8. Januar 2018 vor dem Dortmunder Schwurgericht. © picture alliance / Revierfoto/Re | dpa Picture-Alliance / Revierfoto
    1/17

    Schwerbewaffnete Beamte sichern Stadien

    Beim Topspiel von Meister Bayern München bei Bayer Leverkusen etwa waren im Stadionbereich Beamte mit Maschinenpistolen im Anschlag im Einsatz, bei der Partie zwischen RB Leipzig und dem SC Freiburg sicherten mit Sturmhauben maskierte Polizisten schwer bewaffnet das Einfahrtstor für die Busse zum Stadion.

    Und beim Spiel m FSV Mainz 05 gegen Hertha BSC waren die Polizeieinheiten an Kontrollpunkten im Stadion und rund um die Arena auf fünf Beamte erhöht worden.

    Watzke erwägte Rückzug aus Champions League

    Angesichts des mutmaßlich professionellen Hintergrundes der Täter von Dortmund erscheinen die verschärften Sicherheitsvorkehrungen nicht unbedingt als überzogen. Die „Pott“-Fahnder jedenfalls gehen offensichtlich einem Ansatz nach, dass ein militärischer Zünder verwendet wurde und nur entsprechend schwer zu beschaffen gewesen sein dürfte.

    BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke nannte die Attacke auf sein Team im Interview mit dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ „einen Anschlag auf die Bundesrepublik Deutschland“ und gestand Gedanken an einen Rückzug aus der Champions League unmittelbar nach dem schrecklichen Ereignis ein: „Ich habe kurz überlegt, ob wir uns nicht ganz aus dem Wettbewerb verabschieden sollen. Aber dann wäre es für die Täter ein Sieg gewesen.“

    Bürki: „Kann keine Nacht durchschlafen“

    Borussen-Keeper Roman Bürki kämpft unterdessen weiter mit den grausamen Erinnerungen an den Moment der Explosionen: „Ich kann keine Nacht durchschlafen. Im Unterbewusstsein zucke ich zusammen und schrecke darum auf“, sagte der 26-Jährige der Schweizer Zeitung Der Bund.

    Tuchel rechnet mit langer Verarbeitungszeit

    weitere Videos

      (sid)