Washington. Nicht mal Hitler habe Chemiewaffen gegen das eigene Volk eingesetzt, hatte Trumps Sprecher Spicer gesagt. Jetzt entschuldigte er sich.

Dirk Hautkapp

„Ich bereue.“ Einen Satz, in dem diese Formulierung untergebracht ist, hat Sean Spicer seit Amtsantritt von Präsident Donald Trump öffentlich noch nie gesagt. Selbst unter großem Druck, wenn die Journalisten im Weißen Haus bei den täglichen Pressekonferenzen gezielt nach Widersprüchen fragen, bollert der Regierungssprecher angriffslustig zurück, korrigiert die Fragensteller oder untersagt ihnen auch schon mal, ungläubig den Kopf zu schütteln. Ein verunglückter Hitler-Vergleich des 45-Jährigen hat jetzt alles verändert. Spicer ist kleinlaut geworden.

Wörtlich hatte er am Dienstag gesagt, „nicht einmal jemand so verabscheuungswürdig wie Hitler“ sei so tief (wie der syrische Präsident Baschar al-Assad) gesunken, als dass er Chemiewaffen eingesetzt hätte. Im Briefing-Raum im Weißen Haus gingen viele Augenbrauen nach oben. Und was war mit Millionen Juden, die vom NS-Regime vergast wurden? Spicer wurde um Präzisierung gebeten.

Regierungssprecher Spicer machte alles noch schlimmer

Und machte alles nur noch schlimmer. Hitler, so der frühere Sprecher der republikanischen Partei, habe das Gas nicht gegen sein eigenes Volk eingesetzt, indem er wie Assad Chemiewaffen über der Bevölkerung abwerfen ließ. Sondern in „Holocaust-Zentren“ – das Wort Konzentrationslager fiel Spicer nicht ein.

Weil die Regierungspressekonferenz live im Fernsehen übertragen wird, bemerkte das Weiße Haus schnell die Empörungswelle, die sich in den Sozialen Medien zusammenbraute. Und das ausgerechnet am jüdischen Passah-Fest. Erste Rücktrittsforderungen von jüdischen Einrichtungen und den oppositionellen Demokraten folgten auf dem Fuße.

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Spicer nennt eigene Aussage „unangebracht und unsensibel“

Aber alles Nachjustieren durch schriftliche Erklärungen half nichts. Mit jeder Klarstellung Spicers – „ich habe niemals das abscheuliche Wesen des Holocausts abzuschwächen versucht“ – wurden die Irritationen größer. Und der Druck, das zu tun, was Donald Trump schon aus Prinzip für sich und seine Leute so gar nicht vorgesehen hat: sich öffentlich zu entschuldigen, Schwäche eingestehen.

Am Abend ging Sean Spicer ausgerechnet zu CNN, jenem TV-Sender, den die Regierung Trump permanent als Sprachrohr der Trump-Gegner verunglimpft und machte einen seltenen Kotau. „Unangebracht und unsensibel“ sei es von ihm gewesen, die Giftgas-Attacken Assads in Relation zu Hitler zu setzen. „Es war ein Fehler, das zu tun. Ich entschuldige mich. Ich bereue das.“

Präsident Trump ließ den Vorfall bisher unkommentiert. Gefreut hat ihn die Episode nicht. „Spicer soll Regierungspolitik verkaufen“, sagen US-Beobachter, „und keine Schlagzeilen schreiben.“ Schon als der TV-Comedy-Star Melissa McCarthy vor kurzem Spicers latente Wutbeißer-Haltung in den täglichen Pressekonferenzen persiflierte, verdrehte der Geschäftsmann die Augen. Dass eine Frau seinen Chefsprecher durch den Kakao zieht, empfand der Präsident als Zumutung.