Berlin. Kein Platz für Rassismus: Das will Parteichefin Petry der AfD offenbar ins Grundsatzprogramm schreiben. Der Streit hat schon begonnen.

Zur Ausgrenzung rechter nationalistischer Strömungen aus der AfD will die Vorsitzende Frauke Petry einem Zeitungsbericht zufolge das Grundsatzprogramm der Partei ergänzen lassen. Dort solle eine Passage aufgenommen werden, in der es heiße, dass in der AfD insbesondere für „rassistische, antisemitische, völkische und nationalistische Ideologien kein Platz“ sei, schreibt die Chemnitzer „Freie Presse“ am Samstag.

Einen entsprechenden Antrag hätten Petry und zwei weitere sächsische AfD-Politiker für den Bundesparteitag in zwei Wochen gestellt. Das Grundsatzprogramm soll demnach auch um diesen Satz ergänzt werden: „Das Bekenntnis zur deutschen Leitkultur ist verbunden mit der Erkenntnis, dass im Hinblick auf die Kulturleistungen anderer Völker kein Anlass besteht, den nationalen Gedanken zu überhöhen.“

Petry sieht Konflikt zwischen „Fundis“ und „Realos“

Zuvor hatte am Freitag ein bekanntgewordener „Sachantrag zur strategischen Ausrichtung der AfD“ von Petry für den Parteitag zu Aufruhr in der rechtspopulistischen Partei gesorgt. Petry zeigt darin zwei Wege für die AfD auf. Eine von ihr favorisierte „realpolitische Strategie“ mit dem Ziel, die AfD mittelfristig koalitionsfähig zu machen. Und eine „fundamentaloppositionelle Strategie“, die Raum lässt für „abseitige Meinungen und Standpunkte“ auch „außerhalb des bürgerlichen Korridors“. Für diesen Flügel steht der stellvertretende Bundesvorsitzende Alexander Gauland.

Das sind die Gesichter der AfD

Bernd Lucke gründete im Februar 2013 die Alternative für Deutschland. Er wurde ihr erster Vorsitzender und das Gesicht der Partei. Zu Beginn stand vor allem die Kritik am Euro im Mittelpunkt.
Bernd Lucke gründete im Februar 2013 die Alternative für Deutschland. Er wurde ihr erster Vorsitzender und das Gesicht der Partei. Zu Beginn stand vor allem die Kritik am Euro im Mittelpunkt. © Getty Images | Volker Hartmann
Das Zerwürfnis: Im Juli 2015 auf dem AfD-Parteitag in Essen kam es zum Bruch zwischen Parteichef Bernd Lucke und der Co-Vorsitzenden Frauke Petry. Lucke verließ danach die Partei und gründete die neue Partei „Alfa“, die inzwischen Liberal-Konservative Reformer (LKR) heißt. Petry führte seitdem die AfD.
Das Zerwürfnis: Im Juli 2015 auf dem AfD-Parteitag in Essen kam es zum Bruch zwischen Parteichef Bernd Lucke und der Co-Vorsitzenden Frauke Petry. Lucke verließ danach die Partei und gründete die neue Partei „Alfa“, die inzwischen Liberal-Konservative Reformer (LKR) heißt. Petry führte seitdem die AfD. © Getty Images | Volker Hartmann
Bei dem Streit zwischen Bernd Lucke und Frauke Petry ging es nicht nur um die Macht in der AfD, sondern auch um deren Kurs. Unter Petry verlagerte sich der Schwerpunkt schnell in Richtung Anti-Islam-Partei.
Bei dem Streit zwischen Bernd Lucke und Frauke Petry ging es nicht nur um die Macht in der AfD, sondern auch um deren Kurs. Unter Petry verlagerte sich der Schwerpunkt schnell in Richtung Anti-Islam-Partei. © Getty Images | Volker Hartmann
Alexander Gauland, ein ehemaliger Journalist, steht heute für das national-konservative Gesicht der AfD. Er ist Vorsitzender der AfD-Fraktion im Landtag von Brandenburg.
Alexander Gauland, ein ehemaliger Journalist, steht heute für das national-konservative Gesicht der AfD. Er ist Vorsitzender der AfD-Fraktion im Landtag von Brandenburg. © dpa | Ralf Hirschberger
Thüringens AfD-Chef Björn Höcke gehört zu den absoluten Hardlinern der AfD. Sein Auftritt bei Günther Jauch in der ARD, als er eine Deutschlandfahne aus der Jacke zog, sorgte für reichlich Schlagzeilen.
Thüringens AfD-Chef Björn Höcke gehört zu den absoluten Hardlinern der AfD. Sein Auftritt bei Günther Jauch in der ARD, als er eine Deutschlandfahne aus der Jacke zog, sorgte für reichlich Schlagzeilen. © dpa | Martin Schutt
Björn Höcke provozierte mit einer Rede über die „Reproduktionslehre“ in Afrika scharfe Kritik aus den anderen Parteien.
Björn Höcke provozierte mit einer Rede über die „Reproduktionslehre“ in Afrika scharfe Kritik aus den anderen Parteien. © imago stock&people | Stefan Zeitz
Beatrix von Storch sorgte mit bizarren Talkshow-Auftritten im Fernsehen und mit ihrer Wortmeldung zum Schusswaffeneinsatz gegen Flüchtlinge an der Grenze für Aufregung. Die Europa-Abgeordnete der AfD wurde im April 2016 aus der europaskeptischen EKR-Fraktion im EU-Parlament ausgeschlossen.
Beatrix von Storch sorgte mit bizarren Talkshow-Auftritten im Fernsehen und mit ihrer Wortmeldung zum Schusswaffeneinsatz gegen Flüchtlinge an der Grenze für Aufregung. Die Europa-Abgeordnete der AfD wurde im April 2016 aus der europaskeptischen EKR-Fraktion im EU-Parlament ausgeschlossen. © imago | Müller Stauffenberg
Alice Weidel wurde im April 2017 auf dem AfD-Bundesparteitag in Köln mit 67,7 Prozent der Stimmen zur Spitzenkandidatin gewählt.
Alice Weidel wurde im April 2017 auf dem AfD-Bundesparteitag in Köln mit 67,7 Prozent der Stimmen zur Spitzenkandidatin gewählt. © Getty Images | Sascha Schuermann
Sie bildete zusammen mit Alexander Gauland das Spitzenduo der Partei für die Bundestagswahl im September 2017.
Sie bildete zusammen mit Alexander Gauland das Spitzenduo der Partei für die Bundestagswahl im September 2017. © dpa | Rolf Vennenbernd
Siegerpose nach der Bundestagswahl am 24. September: Alexander Gauland und Alice Weidel auf der Wahlparty ihrer Partei in Berlin.
Siegerpose nach der Bundestagswahl am 24. September: Alexander Gauland und Alice Weidel auf der Wahlparty ihrer Partei in Berlin. © dpa | Jens Büttner
Unmittelbar nach der Bundestagswahl gab es einen Paukenschlag: AfD-Vorsitzende Frauke Petry (r.) ...
Unmittelbar nach der Bundestagswahl gab es einen Paukenschlag: AfD-Vorsitzende Frauke Petry (r.) ... © REUTERS | WOLFGANG RATTAY
... verließ die Pressekonferenz ihrer Partei und kündigte an, nicht der AfD-Fraktion im Bundestag angehören zu wollen. Sie wolle sich als Führungsfigur für einen „konservativen Neuanfang“ positionieren. Nach ihrem Parteiaustritt kündigte Petry an, eine neue Partei zu gründen.
... verließ die Pressekonferenz ihrer Partei und kündigte an, nicht der AfD-Fraktion im Bundestag angehören zu wollen. Sie wolle sich als Führungsfigur für einen „konservativen Neuanfang“ positionieren. Nach ihrem Parteiaustritt kündigte Petry an, eine neue Partei zu gründen. © dpa | Michael Kappeler
Und auch mit Marcus Pretzell verliert die AfD in Nordrhein-Westfalen ihren prominentesten Politiker. Er trat im Oktober 2017 aus der Partei aus.
Und auch mit Marcus Pretzell verliert die AfD in Nordrhein-Westfalen ihren prominentesten Politiker. Er trat im Oktober 2017 aus der Partei aus. © dpa | Federico Gambarini
Die AfD hat rund 20.000 Mitglieder. Bei der Bundestagswahl holte die Partei 12,6 Prozent der Stimmen und stellt nun 94 Abgeordnete . Sie bildet damit die drittgrößte Fraktion im Parlament.
Die AfD hat rund 20.000 Mitglieder. Bei der Bundestagswahl holte die Partei 12,6 Prozent der Stimmen und stellt nun 94 Abgeordnete . Sie bildet damit die drittgrößte Fraktion im Parlament. © Getty Images | Carsten Koall
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Gauland hat die Partei angesichts der Richtungskämpfe im Bundesvorstand am Samstag zu Einigkeit aufgerufen. „Es ist nicht zielführend, wenn plötzlich zwischen Fundamentalopposition und Realpolitik unterschieden wird – das sind zwei Facetten von Politik“, sagte der Brandenburger Landeschef zum Auftakt des AfD-Landesparteitags in Frankfurt (Oder). Die Wähler erwarteten, dass die AfD gemeinsam gegen die anderen Parteien antrete, betonte Gauland.

Meuthen stellt Petrys Führungsqualitäten in Frage

Der zweite AfD-Bundesvorsitzende Jörg Meuthen zweifelte in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) am Samstag die Führungsqualitäten Petrys an. „Diese Initiative geht so gar nicht. Wir müssen die Reihen schließen, nicht spalten“, so Meuthen in der FAZ. „Wer das nicht versteht und akzeptiert, kann weder die Partei noch den Wahlkampf anführen.“ Die Einteilung in Realpolitiker und Fundamentalisten sei „konstruiert und keineswegs stimmig“.

AfD fordert Euro-Austritt und schärfere Asylpolitik

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      Trotz ihres tiefgreifenden Streits wollen beide Bundesvorsitzende an diesem Samstag in Essen gemeinsam die heiße Wahlkampfphase der NRW-AfD eröffnen. Spitzenkandidat bei der Landtagswahl ist Marcus Pretzell, der Ehemann Petrys.

      Petry als Spitzenkandidatin oder ein „Spitzenteam“?

      Zwei Wochen später beim AfD-Bundesparteitag am 22. April in Köln sollen die Delegierten über das Wahlprogramm und die Spitzenkandidatur entscheiden. Dann wird sich auch die in der AfD seit Wochen heiß diskutierte Frage klären, ob die Partei mit Petry als Spitzenkandidatin in den Bundestagswahlkampf zieht – oder ob dafür ein „Spitzenteam“ gebildet wird.

      Mehrere Mitglieder des Bundesvorstandes hatten zuletzt Parteivize Alexander Gauland als Mitglied eines solchen Teams ins Spiel gebracht. Dieser winkte jetzt jedoch ab. „Ich habe keinen großen Bedarf für eine Spitzenkandidatur“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Gespräche mit Petry über eine gemeinsame Kandidatur seien „nicht erfolgreich gewesen“.

      Widersprüchliche Aussagen von Gauland

      Der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“sagte er: „Ich kandidiere nicht gegen sie.“ Petry wolle alleinige Spitzenkandidatin werden. „Für mich hat sich das damit erledigt.“ Andererseits sagte Gauland aber am Samstag am Rande des Landesparteitags in Frankfurt (Oder) der Deutschen Presse-Agentur, er stehe weiterhin für eine Kandidatur gemeinsam mit Petry bereit. (dpa/küp)