Washington/Damaskus. US-Präsident Donald Trump macht Baschar al-Assad für den Giftgasangriff in Syrien verantwortlich – und spricht von „eigenen Maßnahmen“.

Die USA haben der Regierung von Baschar al-Assad die Schuld für den mutmaßlichen Giftgasangriff in Syrien gegeben und einen möglichen Alleingang angedeutet. „Für mich sind damit eine ganze Reihe von Linien überschritten worden“, sagte US-Präsident Donald Trump am Mittwoch in Washington. Seine UN-Botschafterin Nikki Haley sagte fast zeitgleich im Sicherheitsrat, Staaten seien beim Scheitern der Weltgemeinschaft manchmal „zu eigenen Maßnahmen gezwungen“.

US-Präsident Donald Trump.
US-Präsident Donald Trump. © REUTERS | YURI GRIPAS

Unterdessen machte Deutschland bei der internationalen Syrien-Geberkonferenz in Brüssel die mit Abstand höchsten Hilfszusagen. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel versprach allein für das laufende Jahr knapp 1,3 Milliarden Euro. Von 2018 bis 2020 sollen zudem mindestens noch 843 Millionen Euro hinzukommen. Insgesamt sagten Teilnehmer der Konferenz in Brüssel für 2017 rund 5,6 Milliarden Euro zu. Für den Zeitraum danach sind derzeit insgesamt 3,5 Milliarden Euro geplant, wie aus einer veröffentlichten Übersicht hervorging.

UN-Sicherheitsrat geht ohne Ergebnis auseinander

Der UN-Sicherheitsrat ging in New York nach einer Sitzung zum Thema Giftgas ergebnislos auseinander. Zu einer Abstimmung über eine von den USA, Frankreich und Großbritannien eingebrachten Resolution kam es nicht. Mit der zweiseitigen Resolution sollte der mutmaßliche Angriff scharf verurteilt und eine rasche Aufklärung gefordert werden. Russlands stellvertretender UN-Botschafter Wladimir Safronkow griff seinen britischen Amtskollegen Matthew Rycroft direkt an: „Haben Sie überhaupt geprüft, was Sie geschrieben haben? Dieser Entwurf wurde hastig vorbereitet und überhaupt nicht gründlich.“

Sanktionen sah der Resolutionsentwurf nicht vor, forderte für Untersuchungsteams der Organisation für ein Verbot der Chemiewaffen (OPCW) aber detaillierte Angaben über Lufteinsätze des syrischen Militärs sowie Zugang zu relevanten Militärflugplätzen. Erst im Februar hatten Russland und China mit ihrem Veto Sanktionen gegen die syrische Regierung wegen dessen Chemiewaffeneinsätzen verhindert.

Russland will Assad weiter unterstützen

Der syrische Präsident Baschar al-Assad.
Der syrische Präsident Baschar al-Assad. © dpa | Uncredited

Russland erklärte, Assad ungeachtet westlicher Vorwürfe des Angriffs weiter unterstützen. „Russland und seine Streitkräfte unterstützen weiterhin die Anti-Terror-Operation der syrischen Armee zur Befreiung des Landes“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in Moskau. Das Außenministerium nannte Vorwürfe gegen die syrische Luftwaffe wegen des Giftgasangriffs einen Fake. Der Iran kritisierte politisch motivierte Schuldzuweisungen wegen der Giftgastoten.

In den USA ließen Trump und Haley offen, ob und welche Konsequenzen nun folgen würden. Trump erklärte aber, seine Einstellung zu Assad habe sich verändert. Die syrische Regierung werde „auf jeden Fall“ ein Zeichen erhalten. Dieser „Affront gegen die Menschlichkeit des Assad-Regimes kann nicht toleriert werden“, sagte Trump. Der Angriff am Dienstag auch auf Frauen, Kinder und Babys sei entsetzlich und furchtbar.

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    Mittel der USA sind begrenzt

    Die Lage in Syrien ist sehr kompliziert, die Mittel der USA und ihrer Verbündeten sind begrenzt. Washington kann kaum militärisch gegen Assad vorgehen, ohne sich damit unmittelbar gegen Moskau zu stellen, das wie der Iran die syrische Regierung unterstützt. Wohl auch wegen der bereits weitgehend ausgeschöpften militärischen Optionen forderte Frankreichs Präsident François Hollande am Rande eines Besuchs in Noyon in Nordfrankreich Sanktionen gegen die Assad-Regierung.

    Bei dem vermuteten Giftgasangriff in Chan Scheichun in der Provinz Idlib waren am Dienstag Aktivisten zufolge mindestens 86 Menschen getötet worden. Nach Angaben aus Moskau traf der Angriff syrischer Kampfjets eine Werkstatt, in der die Opposition Giftgasmunition herstellt. Assad-Gegner nannten dies eine Lüge.

    Berichte deuten auf zwei Arten von Nervengas hin

    Die Symptome der Bomben-Opfer lassen auch nach Angaben der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) auf einen Chemiewaffen-Einsatz schließen. Die Berichte der Experten aus dem Land würden nahelegen, dass die Zivilisten mindestens zwei verschiedenen Arten von Nervengas ausgesetzt gewesen seien, teilte die Organisation in Genf mit. Bei dem jüngsten Angriff sei vermutlich ein Wirkstoff wie das Nervengas Sarin sowie Chlor eingesetzt worden.

    In Syrien herrscht seit rund sechs Jahren Krieg. Mehr als 400.000 Menschen sind nach UN-Schätzungen bislang gestorben, Millionen sind auf der Flucht. Auf der internationalen Geberkonferenz in Brüssel für die notleidenden Menschen und Flüchtlinge in den Nachbarländern sagten Vertreter aus rund 70 Staaten für das laufende Jahr insgesamt sechs Milliarden Dollar (5,6 Mrd Euro) an Hilfsgeldern zu. Deutschland stellt davon weitere 1,17 Milliarden Euro zur Verfügung. Diese Hilfszusage bezieht sich aber nicht nur auf das laufende Jahr.

    Papst Franziskus verurteilte die Taten in Syrien auf das Schärfste. „Wir schauen entsetzt den letzten Ereignissen in Syrien zu. Ich verurteile nachdrücklich das unakzeptable Gemetzel gestern in der Provinz Idlib“, sagte das Katholiken-Oberhaupt in Rom. (dpa)