Berlin. Jobtickets, Carpooling, Fahrradstellplätze: Umweltministerin Hendricks will die Bedingungen für Pendler in Deutschland verbessern.

Deutschland, die Pendlerrepublik: Mehr als jeder Zweite fährt zum Arbeiten in eine andere Gemeinde, die Arbeitswege haben sich in den letzten Jahren verlängert, auch die Zahl der Pendler hat zugenommen, wie eine neue Statistik zeigt. Gründe dafür sind die hohen Mieten in den Städten, der Wunsch nach einem Zuhause im Grünen, aber auch die höhere Mobilität in vielen Berufen. Umweltschützer sehen die Entwicklung mit Sorge, auch Gesundheitsexperten warnen vor den Folgen durch Stress, Abgase und Bewegungsmangel.

„Die Menschen, die pendeln müssen, sollen das auch ohne Auto tun können“, sagt Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer.
„Die Menschen, die pendeln müssen, sollen das auch ohne Auto tun können“, sagt Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer. © imago/Metodi Popow | imago stock&people

„Dass Arbeitnehmer pendeln müssen, wird sich nicht vermeiden lassen“, sagte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks unserer Redaktion. „Aber es gibt viele kleine Schritte, die die Politik gehen kann für eine Mobilität, die nicht nur Zeit und Nerven schont, sondern auch die Umwelt“, so die SPD-Politikerin. Der Bund fördert zum Beispiel neue Fahrrad-Schnellwege für Berufspendler in diesem Jahr mit 25 Millionen Euro, wie die „Rheinische Post“ berichtet.

Grüne fordern mehr Geld für Nahverkehr

Auch die Arbeitgeber sollen Pendlern in Zukunft stärker unter die Arme greifen: „Wir wollen Unternehmen dabei unterstützen, ihren Mitarbeitern bessere Mobilitätsbedingungen zu bieten“, so Hendricks. Das könnten Jobtickets sein, Carpooling, Fahrradstellplätze oder flexiblere Homeoffice-Angebote. „Wenn wir hier weiterkommen, ist das nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch für die Lebensqualität.“ In einem Wettbewerb, der in diesem Frühjahr ausgelobt wird, sollen besonders vorbildliche Modellprojekte ausgewählt und mit insgesamt sieben Millionen Euro vom Bund gefördert werden.

Stau morgens um 7 Uhr in Frankfurt am Main (Hessen).
Stau morgens um 7 Uhr in Frankfurt am Main (Hessen). © dpa | Frank Rumpenhorst

Als Reaktion auf die wachsende Zahl von Pendlern fordern die Grünen mehr Geld für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs: „Die Menschen, die pendeln müssen, sollen das auch ohne Auto tun können“, sagte Fraktionsvize Oliver Krischer unserer Redaktion. Eine Investitionsoffensive für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) sei überfällig. „Seit Jahren stagnieren die Mittel des Bundes für Busse und Bahnen, Länder und Kommunen werden alleingelassen“, so der Verkehrsexperte der Grünen. Der öffentliche Nahverkehr in und um die Ballungsräume könne mit der Nachfrage nicht Schritt halten.

ADAC will auch Radwege besser ausbauen

Hauptgrund für die steigende Zahl der Pendler seien die explodierenden Miet- und Wohnungspreise in den Großstädten. Um den Trend zum Pendeln umzukehren, brauche es mehr günstigen Wohnraum in den Metropolen. „Wir brauchen Anreize für bezahlbaren Wohnungsneubau und gleichzeitig eine Mietpreisbremse, die wirkt, und keine Placebos, wie die Bundesregierung sie geschaffen hat“, so Krischer.

„Die Pendlerpauschale darf nicht abgeschafft werden“, sagt Linke-Fraktionsvize Klaus Ernst.
„Die Pendlerpauschale darf nicht abgeschafft werden“, sagt Linke-Fraktionsvize Klaus Ernst. © imago stock&people | imago stock&people

Auch die Linke im Bundestag fordert bezahlbaren Wohnraum, eine wirksame Mietpreisbremse und den Ausbau des regionalen Nahverkehrs. Ein Ende der steuerlichen Hilfe für Pendler sei dagegen der falsche Weg: „Die Pendlerpauschale darf nicht abgeschafft werden. Das würde die Falschen treffen – nämlich die, die sich die Mieten in der Stadt nicht leisten können, aber dort ihren Job haben“, sagte Linke-Fraktionsvize Klaus Ernst unserer Redaktion.

Zur Entlastung der Pendler forderte der ADAC am Montag den Ausbau aller Verkehrsbereiche – auch des Radverkehrs: „Es gibt viele, die mit dem Rad fahren würden, wenn die Radwege besser ausgebaut wären“, sagte ADAC-Verkehrsexperte Ulrich Chiellino.