Berlin. Die Paarungsbereitschaft der Polit-Strategen steigt. Aber wer geht mit wem? Der Wähler sollte wissen, mit wem seine Partei anbandelt.

Der Frühling ist da und mit den Temperaturen steigt auch die Paarungsbereitschaft der Polit-Strategen. Aber wer geht mit wem? Im politischen Berlin kommen die Vorschläge zurzeit schneller, als sich Singles bei Parship verlieben können. Aber einer bleibt standhaft und zeigt in keine Richtung erkennbare Avancen: Martin Schulz, der Bachelor der SPD, der seine Partei binnen Wochen vom schwer vermittelbaren Nerd zum gut gebauten Beau gewandelt hat. Und der will sich – wie im richtigen Leben – am Ende noch nicht so richtig festlegen. Schulz guckt schon gerne mal hin, aber die Rose hält er noch fest umklammert.

Strategisch gesehen kann man Martin Schulz durchaus verstehen. Er will Regierungschef werden und sich auf dem schweren Weg ins Kanzleramt alle Optionen offenhalten. Man muss aber auch den Wähler verstehen. Und der will gerne vor der Wahl wissen: „Wo wollt Ihr mit meiner Stimme am Ende hin?“ Es macht nämlich einen gewaltigen Unterschied, ob man mit einem Kreuz bei der SPD nach dem 24. September eine biedere Ehe von Union und SPD, eine Vernunftbeziehung aus SPD, Liberalen und Grünen oder einen flotten Dreier mit Linkspartei und Grünen bekommt.

Schulz kann von Gabriel lernen

Martin Schulz sollte den Mut haben, wenigstens seine Präferenz in diesem politischen Liebesspiel klar aufzuzeigen. Die SPD würde sich damit ehrlich machen im Wahlkampf. Wenn es am Ende nicht reicht, wird ihr niemand einen neuen Partnertest vorwerfen können.

Martin Schulz kann bei dieser Frage von seinem Vorgänger lernen. Sigmar Gabriel hat als SPD-Chef sicher nicht alles richtig gemacht und wenig Leidenschaft von den Genossen abbekommen. Aber an einem ganz wichtigen Punkt war er moralisch streng und verlässlich. Eine Koalition mit der Linkspartei, wie sie derzeit aufgestellt ist, war mit ihm nicht zu machen.

Lindner will sich erst nach der Wahl entscheiden

Um im Bilde zu bleiben: Diese Schlafzimmertür war und ist für die Linkspartei vernagelt auch wenn die Verlockung für Gabriel in rumpeligen Beziehungsphasen mit der Kanzlerin sicher groß war. Denn man darf dabei nicht vergessen: Eine rot-rot-grüne Mehrheit hätte längst gereicht, um die Regierung Angela Merkels zu beenden und mit Neuwahlen die schwarz-rote Ehe zu scheiden.

Da zum politischen Parshippen ja mindestens zwei gehören, lohnt sich der Blick auf neue Bräute, auch wenn sie in die Beziehung nicht viel mitbringen. Da wäre zum Beispiel die FDP, die dieses Wochenende so ambivalente Signale aussendet wie ein verknallter Teenager, der sich nicht entscheiden kann. Einige Liberale würden ja gerne mit der SPD, der Chef möchte es irgendwie auch nicht ausschließen aber grundsätzlich will Christian Lindner erst nach der Wahl den Partner fürs (zweite) Leben der FDP klarmachen.

Grüne waren für Wähler lange nicht so unsexy

Und wie ist das Gefühlsleben bei den Grünen? So richtig offen will man sich auch hier nicht bekennen. Soll es Schwarz-Grün sein, die heimliche Leidenschaft der Realo-Spitze? Oder doch die alte Beziehungskiste Rot-Grün aufwärmen, gepfeffert mit der Linkspartei? Auch die Grünen scheuen diese Debatte, aber ihre Verklemmtheit ist gefährlich. Schon lange nicht waren die Grünen für die Wähler so unsexy wie heute. Ein Body-Mass-Index jenseits von 50 ist attraktiver als die derzeitigen Umfragewerte der Partei. Und jemand, der sich am Ende vielleicht an jeden ranschmeißt, wird beim Wähler auch nicht beliebter …

Bekennt euch zu euren Gefühlen, möchte man also der Politik zurufen. Und sollte der Wähler die Balz in sechs Monaten beenden und eine Vernunftehe verordnen, dann ist das eben so – ganz wie im richtigen Leben.