Rom. Die EU hat Krisenjahre hinter sich, aber beim Jubiläum in Rom herrscht Einigkeit. Einige glauben sogar, die EU werde es ewig geben.

Wenige Tage vor dem Start der Brexit-Verhandlungen haben sich die 27 verbleibenden EU-Länder am Samstag in Rom feierlich zu einer gemeinsamen Zukunft bekannt. Bei einem Sondergipfel zum 60. Jubiläum der Römischen Verträge unterzeichneten Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre Kollegen eine gemeinsame Erklärung, die das Versprechen der EU auf Frieden, Freiheit und Wohlstand erneuern soll. Am Rande der Unterzeichnung war schon vom 100. Geburtstag der EU die Rede.

„Heute erneuern wir in Rom unser einzigartiges Bündnis freier Nationen, das vor 60 Jahren von unseren großartigen Vorgängern ins Leben gerufen wurde“, sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk. „Sie hatten den Mut des Kolumbus, unbekannte Gewässer zu besegeln, eine neue Welt zu entdecken.“

EU-Ratspräsident Donald Tusk (links) und EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani halten das Dokument mit den Unterschriften der Staats- und Regierungschefs hoch.
EU-Ratspräsident Donald Tusk (links) und EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani halten das Dokument mit den Unterschriften der Staats- und Regierungschefs hoch. © REUTERS | REMO CASILLI

Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten

Merkel und die anderen 26 Staats- und Regierungschefs wollen mit ihrer Erklärung den Kurs der Union für die nächsten zehn Jahre abstecken. Dazu will sich die Gemeinschaft reformieren – allerdings ist noch nicht klar, wie. In der Erklärung erwähnt ist die Möglichkeit eines Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten – Gruppen innerhalb der EU sollen Projekte gemeinsam verfolgen dürfen, auch wenn nicht alle mitmachen. Um das Konzept hatte es zuletzt Streit gegeben, doch unterschrieben am Ende alle 27 Staats- und Regierungschefs.

Die britische Premierministerin Theresa May, die schon nächste Woche offiziell den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU einleiten will, war bei den Jubiläumsfeiern in Rom nicht mehr dabei. In wenigen Wochen steht der EU die nächste Bewährungsprobe bevor: Dann bewirbt sich in Frankreich die EU-Feindin Marine Le Pen um das Präsidentenamt.

Juncker: Es wird 100. Geburtstag der EU geben

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker nannte den bevorstehenden Brexit eine Tragödie und sagte: „Das ist ein trauriger Vorgang. Ich finde mich eigentlich nicht damit ab, dass die Briten aus der Europäischen Union austreten.“ Gleichwohl prophezeite er der EU eine große Zukunft. „Es wird einen 100. Geburtstag der Europäischen Union geben“, sagte er schon vor dem Festakt dem Portal „heute.de“.

Auch andere Teilnehmer schlugen einen positiven Ton an. Die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaite sagte: „Europa war immer Herausforderungen ausgesetzt, aber es hat alles überdauert und es wird für immer halten.“ http://Die_EU_ist_bei_den_Deutschen_so_beliebt_wie_lange_nicht{esc#210028869}[news]

Demonstrationen pro und contra EU

Luxemburgs Regierungschef Xavier Bettel betonte, die EU sei mit 60 noch nicht reif für die Rente. „Wir haben ein Familienmitglied weniger heute“, fügte er hinzu. „Aber für mich heißt das weiterarbeiten – vielleicht auch andere Möglichkeiten.“ Der österreichische Bundeskanzler Christian Kern forderte mehr gemeinsames Engagement für die EU. „Alleine haben wir keine Perspektiven“, sagte er.

Tatsächlich gehen nun immer häufiger Menschen für die EU auf die Straße. In Rom und vielen anderen Städten Europas sind für Samstag Demonstrationen mit Zehntausenden Teilnehmern angekündigt. Allerdings sind in der italienischen Hauptstadt auch Proteste geplant. Zu allen Demonstrationen sind bis zu 30.000 Menschen angemeldet.

Sicherheitsvorkehrungen wegen London-Anschlag verschärft

Die italienischen Sicherheitskräfte sind in höchster Alarmbereitschaft. Einige Geschäfte in der Innenstadt sind verbarrikadiert. Nach dem Anschlag in London diese Woche wurden die Sicherheitsmaßnahmen noch einmal verschärft.

Am Vorabend hatte Papst Franziskus den Staats- und Regierungschefs ins Gewissen geredet und sie zu Solidarität und Zusammenhalt aufgerufen. Bei einer Audienz im Vatikan sagte er, Solidarität sei das wirksamste Heilmittel gegen die modernen Formen des Populismus. (dpa)