Washington. Dem US-Präsidenten Trump fehlen Stimmen für die Abschaffung der Gesundheitsreform. Die Abstimmung im Kongress wurde verschoben.

Aus Sorge vor einer folgenschweren Niederlage im Kongress haben die US-Republikaner die sehr wichtige Abstimmung über einen Ersatz von „Obamacare“ verschoben. Die Neufassung einer Gesundheitsversicherung ist Donald Trumps erster bedeutender Gesetzgebungsprozess, seit er vor zwei Monaten Präsident wurde. Trump hatte hinter den Gesetzentwurf sein volles politisches Gewicht geworfen, konnte sich aber trotz großen Einsatzes nicht durchsetzen.

Die Abstimmung wurde auf diesen Freitag verschoben. Man habe vermeiden wollen, nach einer langen Debatte mitten in der Nacht abstimmen zu müssen, sagte eine Sprecherin des Weißen Hauses. Die Parteiführung räumte ein, man müsse weiter die Reihen schließen.

Trump konnte nicht überzeugen

Das Weiße Haus hatte bis zuletzt mit aller Macht darum gerungen, die zersplitterten Republikaner hinter dem Entwurf zu vereinen. Ein Treffen konservativer Abgeordneter mit Trump am Donnerstag gab allem Anschein nach den Ausschlag für die Verschiebung. Nach einem Bericht von CNN und der „New York Times“ wurden die Republikaner am Abend aus dem Weißen Haus zur Zustimmung zu den Änderungen aufgerufen, ansonsten würde ihnen Obamacare noch „lange erhalten bleiben“.

Mindestens 25 Abgeordnete der Partei Trumps hatten angekündigt, nicht für die von Trump unterstützte Gesetzesvorlage zu stimmen. Die Republikaner können sich höchstens 22 Abtrünnige erlauben. Das Treffen im Weißen Haus sicherte keine ausreichende Mehrheit.

„Das ist ein Anfängerfehler“

Nancy Pelosi, Führerin der demokratischen Minderheit im Abgeordnetenhaus, sagte: „Donald Trump Sie mögen ein großer Verhandler sein – aber dieses hier an einem Tag einzubringen, an dem Sie eindeutig noch nicht fertig sind, ist ein Anfängerfehler.“

Das zunächst erfolglose Ringen ist ein Beleg für die Zersplitterung der Republikaner. Es belegt auch, dass die Partei – anders als angekündigt – sieben Jahre nach der Einführung von „Obamacare“ über keine schlüsselfertige Alternative verfügt. Das Weiße Haus erklärte bis zuletzt: „Es gibt keinen Plan B.“

Versicherungspflicht soll fallen

Der neue Entwurf sieht im Gegensatz zu „Obamacare“ keine Versicherungspflicht mehr für alle vor. Ein Programm zur kostenlosen Versicherung für Bedürftige wird eingeschränkt. Die Subventionierung von Beiträgen wird nach Alter und nicht mehr primär nach Einkommen gestaffelt. Die geplanten Zuschüsse via Steuergutschriften fallen deutlich magerer aus als die Hilfen unter „Obamacare“.

Das unabhängige Budgetbüro des Kongresses schätzt, dass so mindestens 14 Millionen Amerikaner ihre Versicherung verlieren würden. Mit der Ersatzlösung für die von Präsident Obama eingeführte Gesundheitsreform will Trump ein zentrales Wahlversprechen einlösen. „Obamacare ist ein Desaster“, hatte er wiederholt erklärt, die Versicherung sei viel zu teuer und belaste Millionen von Amerikanern.

Druck von zwei Seiten auf Trump

Die Kompromisslösung ist moderaten Republikanern zu riskant, weil unabhängigen Studien zufolge Millionen bisher versicherter Amerikaner wieder ohne bezahlbare Krankenversicherung dastehen könnten. Den Abgeordneten schlägt in ihren Wahlkreisen wachsende Kritik entgegen.

Den erzkonservativen Mitgliedern des sogenannten Freedom Caucus geht eine Modifizierung von „Obamacare“ dagegen nicht weit genug. Sie wollen das ihnen verhasste Gesetz vollständig abschaffen, sie pochen auf das zentrale Wahlkampfversprechen Trumps.

Wahlen spielt schon eine Rolle

Dieses Gesetzgebungsverfahren ist auch deswegen so wichtig, weil es Rückschlüsse auf die Erfolgsaussichten einer großen Steuerreform zulässt, die Trump angekündigt hat. Diese ist nochmals ungleich komplizierter als ein Gesetz für das Gesundheitssystem.

Im Hintergrund der Abstimmung spielen schon jetzt die Kongresswahlen im Herbst 2018 eine große Rolle, und zwar sowohl für die Gegner des neuen Gesetzes wie für dessen Befürworter.

US-Medien berichteten, dass konservative Organisationen um die Koch-Brüder Abgeordneten hohe Summen für diesen Wahlkampf angeboten haben, sollten sie gegen das Gesetz stimmen und deswegen Repressionen Trumps befürchten müssen.

Angela Merkels erstes Treffen mit Trump

Angela Merkel am Weißen Haus in Washington: Die Bundeskanzlerin traf am 17. März 2017 US-Präsident Donald Trump zum ersten Mal persönlich.
Angela Merkel am Weißen Haus in Washington: Die Bundeskanzlerin traf am 17. März 2017 US-Präsident Donald Trump zum ersten Mal persönlich. © dpa | Pablo Martinez Monsivais
Als Merkels gepanzerter Wagen vor dem West Wing vorfuhr, begrüßte Trump die Kanzlerin.
Als Merkels gepanzerter Wagen vor dem West Wing vorfuhr, begrüßte Trump die Kanzlerin. © dpa | Pablo Martinez Monsivais
Bei dieser Gelegenheit reichte der US-Präsident der Kanzlerin noch die Hand.
Bei dieser Gelegenheit reichte der US-Präsident der Kanzlerin noch die Hand. © dpa | Pablo Martinez Monsivais
Dass er das im Oval Office nicht tat, sorgte für viel Aufregung in den Medien.
Dass er das im Oval Office nicht tat, sorgte für viel Aufregung in den Medien. © REUTERS | JONATHAN ERNST
Nach einem kurzen Gespräch unter vier Augen wurden die Fotografen und Kameraleute ins Zentrum der Macht gelassen, um Bilder in die Welt zu schicken. Als die beiden Regierungschefs mit „Handshake, Handshake“-Rufen gebeten wurden, noch ein weiteres – und eigentlich übliches – Motiv zu liefern, reagierte Trump nicht.
Nach einem kurzen Gespräch unter vier Augen wurden die Fotografen und Kameraleute ins Zentrum der Macht gelassen, um Bilder in die Welt zu schicken. Als die beiden Regierungschefs mit „Handshake, Handshake“-Rufen gebeten wurden, noch ein weiteres – und eigentlich übliches – Motiv zu liefern, reagierte Trump nicht. © dpa | Evan Vucci
In Videos ist zu hören, wie die Kanzlerin den Präsidenten fragt, ob er noch einmal die Hände schütteln wolle: Auch darauf reagierte Trump nicht.
In Videos ist zu hören, wie die Kanzlerin den Präsidenten fragt, ob er noch einmal die Hände schütteln wolle: Auch darauf reagierte Trump nicht. © dpa | Evan Vucci
Ein angestrengter Moment, der sowohl in den traditionellen als auch in den sozialen Medien viel kommentiert wurde.
Ein angestrengter Moment, der sowohl in den traditionellen als auch in den sozialen Medien viel kommentiert wurde. © dpa | Michael Kappeler
Anschließend das Roundtable-Gespräch: Merkel und Trump trafen mit ihren Delegationen zu Gesprächen zusammen. Neben den Politikern waren Manager großer Unternehmen dabei – und Trumps Tochter Ivanka.
Anschließend das Roundtable-Gespräch: Merkel und Trump trafen mit ihren Delegationen zu Gesprächen zusammen. Neben den Politikern waren Manager großer Unternehmen dabei – und Trumps Tochter Ivanka. © dpa | Michael Kappeler
Als der Präsident das Wort ergriff, dankte er erst seiner Tochter für die Organisation des Treffens und dann der Bundeskanzlerin für ihr Kommen.
Als der Präsident das Wort ergriff, dankte er erst seiner Tochter für die Organisation des Treffens und dann der Bundeskanzlerin für ihr Kommen. © dpa | Michael Kappeler
Die erste gemeinsame Pressekonferenz von Angela Merkel und Donald Trump im prächtigen East Room.
Die erste gemeinsame Pressekonferenz von Angela Merkel und Donald Trump im prächtigen East Room. © dpa | Pablo Martinez Monsivais
Themen waren unter anderem das Bekenntnis zur Nato, der Kampf gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“, aber auch Flüchtlingspolitik.
Themen waren unter anderem das Bekenntnis zur Nato, der Kampf gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“, aber auch Flüchtlingspolitik. © dpa | Michael Kappeler
Merkel hob die Notwendigkeit eines fairen Handels zwischen Deutschland und den USA hervor. In beiden Volkswirtschaften stecke großes Potenzial, beide Seiten müssten gewinnen können. Die Globalisierung solle offen gestaltet werden, forderte Merkel. Sie machte deutlich, dass Freizügigkeit gerade auch für die deutsche Wirtschaft wichtig sei.
Merkel hob die Notwendigkeit eines fairen Handels zwischen Deutschland und den USA hervor. In beiden Volkswirtschaften stecke großes Potenzial, beide Seiten müssten gewinnen können. Die Globalisierung solle offen gestaltet werden, forderte Merkel. Sie machte deutlich, dass Freizügigkeit gerade auch für die deutsche Wirtschaft wichtig sei. © dpa | Pablo Martinez Monsivais
Trump sagte, er erwarte „großartige Handelsbeziehungen mit Deutschland“. Er betonte: „Wir wollen Fairness, keine Siege.“
Trump sagte, er erwarte „großartige Handelsbeziehungen mit Deutschland“. Er betonte: „Wir wollen Fairness, keine Siege.“ © REUTERS | JIM_BOURG
Trump wies den Eindruck zurück, er setze auf Abschottung. „Wir sind ein sehr starkes Land, vielleicht bald auf einem Level, das es noch nie gegeben hat“. Dennoch sei er als US-Präsident ein Handelsmann und in keinerlei Hinsicht ein Isolationist.
Trump wies den Eindruck zurück, er setze auf Abschottung. „Wir sind ein sehr starkes Land, vielleicht bald auf einem Level, das es noch nie gegeben hat“. Dennoch sei er als US-Präsident ein Handelsmann und in keinerlei Hinsicht ein Isolationist. © dpa | Michael Kappeler
Eine deutsche Journalistin sprach Trump auf sein angespanntes Verhältnis zu kritisch berichtenden Medien an. Trump gab keine Antwort.
Eine deutsche Journalistin sprach Trump auf sein angespanntes Verhältnis zu kritisch berichtenden Medien an. Trump gab keine Antwort. © dpa | Evan Vucci
Merkel sagte Trump zu, die deutschen Verteidigungsausgaben weiter zu erhöhen. Deutschland habe sich auf das Nato-Ziel verpflichtet, bis 2024 zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für das Militär auszugeben. „Wir werden auch weiter in diese Richtung arbeiten.“
Merkel sagte Trump zu, die deutschen Verteidigungsausgaben weiter zu erhöhen. Deutschland habe sich auf das Nato-Ziel verpflichtet, bis 2024 zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für das Militär auszugeben. „Wir werden auch weiter in diese Richtung arbeiten.“ © dpa | Evan Vucci
Nicht nur Journalisten besuchten die Pressekonferenz der beiden Regierungschefs, auch Ivanka Trump und ihr Mann Jared Kushner, ein Berater des Präsidenten, waren dabei.
Nicht nur Journalisten besuchten die Pressekonferenz der beiden Regierungschefs, auch Ivanka Trump und ihr Mann Jared Kushner, ein Berater des Präsidenten, waren dabei. © REUTERS | JIM_BOURG
Einen leicht ungläubigen Blick erntete Trump, als er auf eine Frage nach seinen Überwachungsvorwürfen antwortete. Ein Journalist wollte wissen, ob er weiter an seiner nicht belegten Behauptung festhalte, Präsident Obama habe seine Telefone abgehört. Trump sagte in Anspielung auf die Überwachung von Merkels Handy durch US-Geheimdienste, da habe er wohl etwas gemeinsam mit der Kanzlerin. Der feine Unterschied: Obama gab 2013 zu, dass Merkels Handy überwacht worden war und entschuldigte sich. Für Trumps Behauptungen gibt es keine Beweise.
Einen leicht ungläubigen Blick erntete Trump, als er auf eine Frage nach seinen Überwachungsvorwürfen antwortete. Ein Journalist wollte wissen, ob er weiter an seiner nicht belegten Behauptung festhalte, Präsident Obama habe seine Telefone abgehört. Trump sagte in Anspielung auf die Überwachung von Merkels Handy durch US-Geheimdienste, da habe er wohl etwas gemeinsam mit der Kanzlerin. Der feine Unterschied: Obama gab 2013 zu, dass Merkels Handy überwacht worden war und entschuldigte sich. Für Trumps Behauptungen gibt es keine Beweise. © REUTERS | JONATHAN ERNST
Nach dem Affront im Oval Office beendete Trump die Pressekonferenz mit einem Handschlag.
Nach dem Affront im Oval Office beendete Trump die Pressekonferenz mit einem Handschlag. © REUTERS | JIM_BOURG
Dann gingen Merkel und Trump zu einem gemeinsamen Essen.
Dann gingen Merkel und Trump zu einem gemeinsamen Essen. © REUTERS | JOSHUA ROBERTS
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Obama verteidigte sein Werk

Trump hatte gedroht, Abgeordnete würden bei den Wahlen Mandate verlieren, wenn sie nicht zustimmten. Die Abstimmung wurde so zu einem direkten Machtkampf zwischen Trump und der konservativen Parteibasis.

Obama, Schöpfer und Namensgeber der geltenden Gesetzgebung, verteidigte sein Werk am Donnerstag noch einmal. „Dank dieses Gesetzes sind jetzt 90 Prozent aller Amerikaner krankenversichert – die höchste Quote in unserer Geschichte“, teilte er mit.

Käme der vorliegende Gesetzentwurf im Abgeordnetenhaus nicht durch, wäre das eine schwere Niederlage Trumps. Die Republikaner würden gleichwohl einen neuen Anlauf mit einem neuen Entwurf machen. Sie kontrollieren Abgeordnetenhaus und Senat, deswegen dürfte ein sorgsam ausgehandelter Entwurf früher oder später passieren. (dpa)