Berlin. Der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz hat der Partei ihr Selbstwertgefühl wiedergegeben. Doch was kann die SPD im Wahljahr liefern?

Nun steht also Martin Schulz an der Spitze der ältesten deutschen Partei. Die SPD wählte ihn mit noch nie dagewesener Einstimmigkeit zum Vorsitzenden. Das Ergebnis ist Vertrauen, Vorschuss und Aufforderung zugleich. Der 61-Jährige muss nun zeigen, ob er auch inhaltlich einen Aufbruch für die Partei verkörpert.

Keine Frage: Schulz ist glaubwürdig, authentisch, nimmt Sorgen ernst. Doch die Zeit des reinen Frohlockens muss nun vorbei sein. Jetzt gilt es für Schulz und seine Partei, Stellung zu beziehen, jenseits von gut klingenden Schlagworten. Schulz hat der Partei ihr Selbstwertgefühl wiedergegeben. Doch die SPD muss sich fragen lassen, was sie im Wahljahr liefern kann. Wie will man die Gerechtigkeitsfrage im Zeitalter der Digitalisierung neu definieren?

Geschenke für die Alten

Wie sieht ein sozialdemokratisches Integrationskonzept aus? Wo sind die Antworten auf die Fragen der Jungen, die genug von Rentengeschenken für die Alten haben? Und Schulz wird nicht drum herumkommen, Koalitionsoptionen anzusprechen. Er traf sich mit den Spitzen der Grünen und Linken. Kanzler werden kann er derzeit nur mit ihnen. Genauso ist aber spätestens seit Sonntag auch der politische Gegner gefragt.

Die Union muss endlich deutlich machen, wie sie das Phänomen Schulz bekämpfen will. Und Schluss machen mit dem inhaltsleeren Hinterherhecheln wie bei der diskutierten Begrenzung von Managergehältern.

Die Junge Union schipperte am Sonntag auf der Spree, nahe der SPD- Veranstaltungshalle. „Hey Gottkanzler! Wenn du übers Wasser laufen kannst, komm rüber!“, stand auf einem Banner. Das wird Martin Schulz auch mit diesem Vertrauensbeweis seiner Partei nicht können. Aber Kanzlerin Angela Merkel überholen, das kann er vielleicht. Die SPD jedenfalls hat ihren Mann gestärkt.