Berlin. Kanzleramtschef Altmaier wendet sich gegen Forderungen aus der Union nach einer Änderung des Staatsbürgerrechts: Er lehnt Änderungen ab.

Angesichts der erneuten Diskussion über den Doppelpass hat sich der Chef des Bundeskanzleramts, Peter Altmaier, gegen Änderungen am Staatsbürgerrecht ausgesprochen. „Es ist ja jetzt schon so, dass erwachsene türkischstämmige Bürger die deutsche Staatsbürgerschaft nur erhalten, wenn sie zuvor die türkische Staatsbürgerschaft aufgeben“, sagte Altmaier unserer Redaktion.

In Deutschland leben derzeit etwa drei Millionen Türkeistämmige, etwas mehr als die Hälfte der Menschen ist hier geboren. 1,5 Millionen haben einen türkischen Pass. Genauere Zahlen zum Doppelpass sind kompliziert: Nach dem Melderegister 2011 gab es 530.000 Deutschtürken. Nach dem Mikrozensus 2014, einer jährlich durchgeführten persönlichen Befragung von einem Prozent der Bundesbürger, waren es dagegen nur 215.000 Deutschtürken.

Manche wissen nicht von zweiter Staatsbürgerschaft

Warum diese Diskrepanz? Laut Statistischem Bundesamt geben bei einer Befragung an der Haustür nicht alle ihre zweite Staatsbürgerschaft an. Andere Menschen wissen nicht einmal, dass sie noch eine weitere Staatsbürgerschaft besitzen. Etwa, weil sie denken, dass ihre zweite Staatsbürgerschaft automatisch erloschen sei, als sie eingebürgert wurden, andere wiederum haben vergessen, sich abzumelden, als sie ihre ursprüngliche Staatsbürgerschaft abgaben.

Bis zum Jahr 2000 gab es eine Sonderklausel, die den in Deutschland lebenden Türken den Doppelpass ermöglichte. Die sogenannte Inlandsklausel sah vor, dass jemand seine deutsche Staatsbürgerschaft bei der Annahme einer neuen Nationalität nur dann aufgeben musste, wenn er weder seinen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte. Diese Klausel wurde jedoch vom Gesetzgeber im Jahr 2000 gekippt, nachdem zahlreiche Neubürger sie ausgenutzt hatten, um eine Doppelstaatsbürgerschaft zu erlangen.

Türkei teilt Melderegister-Infos nicht mit Deutschland

Auch Türken ließen sich ausbürgern, wurden Deutsche und stellten dann aber nach einer angemessenen Wartezeit den Antrag auf Wiedereinbürgerung in der Türkei. Wie viele Menschen die deutsche Staatsangehörigkeit nach geltendem Recht verloren haben, weil sie zu Unrecht eine weitere beantragt haben, wissen die Behörden allerdings nicht genau. Die Türkei etwa teilt ihre Informationen aus den Melderegistern nicht mit den deutschen Ämtern.

Die Diskussion über den Doppelpass ist aufgrund des Streits über das türkischen Verfassungsreferendum und der Frage von Loyalitäten zum jeweiligen Land neu entbrannt. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte, wer sich in der Innenpolitik seines Herkunftslandes engagieren wolle, könne dies dort tun, aber nicht in Deutschland. Er fordert daher die Rückkehr zum sogenannten Optionsmodell, wonach sich die Kinder von Migranten für eine Staatsangehörigkeit entscheiden müssen.