Berlin. Viele in Deutschland wünschen sich den unabhängigen Kandidaten Macron im Élysée-Palast. Kann er die Rechtsextremistin Le Pen stoppen?

Frisches Gesicht, jugendlicher Auftritt, mitreißende Art. So sehen Hoffnungsträger aus. Doch der unabhängige französische Präsidentschaftskandidat Emmanuel Macron elektrisiert sein Publikum nicht nur durch Äußerlichkeiten. Der 39-jährige Polit-Aufsteiger kommt ebenso mit seinen Inhalten an, auch bei der Bundesregierung. Macron macht sich für mehr Europa stark.

Er lobt die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über den grünen Klee. Und, sozusagen als programmatisches Sahnehäubchen: Er will Sozialreformen für Frankreich, einen stabilen Haushalt (den es seit 2007 nicht mehr gibt) und eine noch intensivere deutsch-französische Achse.

Deutliches Lob von Gabriel

Kein Wunder, dass das politische Berlin Macron den roten Teppich ausrollt. Merkel empfängt ihn am Donnerstag. „Ich habe bei der Kanzlerin einen echten Willen gesehen, voranzuschreiten, mehr mit Frankreich zu machen“, sagt er nach der Unterredung. Vor dem Kanzleramt drängen sich Dutzende Journalisten. Für Macron sind das willkommene Bilder für den Wahlkampf zu Hause. Danach geht es weiter ins Außenministerium. „Du bist nach dem, was ich beobachte, in Frankreich der einzige Präsidentschaftskandidat, der einen klaren und unmissverständlichen Kurs für Europa fährt“, lobt Chef-Diplomat Sigmar Gabriel (SPD).

Macrons europafreundliche Haltung sehen viele als einen Lichtpunkt. Dem Franzosen werden derzeit beste Chancen eingeräumt, im Frühjahr den Élysée-Palast im Sturm zu erobern. Er gilt schon jetzt als politisches Bollwerk gegen die Kandidatin des rechtsextremen Front National (FN), Marine Le Pen.

Kommt nach Van der Bellen und Rutte nun Macron?

Macron soll nach dem österreichischen Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen und dem niederländischen Premier Mark Rutte einen weiteren Wahlerfolg gegen die Rechten erringen – der eine hat den Angriff der FPÖ abgewehrt, der andere gerade die Attacke der Partei von Geert Wilders.

Nach den jüngsten Umfragen hat Macron glänzende Aussichten. Demnach liegt er nicht nur für den zweiten Wahlgang am 7. Mai weit vor Le Pen. Auch mit Blick auf die erste Runde hat er sich knapp vor die FN-Chefin geschoben. Der Präsidentschaftsanwärter hat ein großes Plus: Als Ex-Investmentbanker wird er nicht als Vertreter der klassischen politischen Elite angesehen. Marine Le Pens Feldzug gegen das Establishment in Paris läuft bei ihm weitgehend ins Leere. Dabei hatte Macron von 2014 bis 2016 als Wirtschaftsminister unter dem sozialistischen Präsidenten François Hollande gedient. Zudem absolvierte er die Verwaltungshochschule ENA, Frankreichs nationale Kaderschmiede für politische Karrieren, und arbeitete als Beamter.

Die Konkurrenz hat Hardliner ins Rennen geschickt

Darüber hinaus profitiert Macron davon, dass er sich als Mann der politischen Mitte verkaufen kann, in der neuerdings sehr viel Platz ist. Die Konkurrenz von rechts und links hat Hardliner ins Rennen geschickt – Macron besetzt das Vakuum zwischen den Extremen. Der Konservative François Fillon steckt derzeit im Strudel einer Affäre um Scheinarbeitsverhältnisse für seine Frau und seine Kinder.

Der Sozialist Benoît Hamon hat vielfach als utopisch geltende Ziele wie etwa ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle. So fischt Macron ungestört im linken Lager, indem er mehr Lehrer und Polizisten für soziale Brennpunkte verlangt. Rechte Kreise lockt er mit dem Versprechen, bessere Bedingungen für Unternehmensgründungen zu schaffen. Er schöpft aus einem großen Wählerpotenzial. Dagegen kann Le Pen nur ihre allerdings robuste Kernklientel am rechten Rand aufbieten.

Die AfD lähmt sich selbst mit dem Führungsknatsch in der Parteispitze

Viel weniger als der FN in Frankreich findet sich die AfD in Deutschland in einer mehrheitsfähigen Position. Obwohl die Partei bei Landtagswahlen 2016 sowohl in Sachsen-Anhalt als auch in Mecklenburg Vorpommern die 20-Prozent-Marke übersprungen hatte, ist dies auf Bundesebene kaum vorstellbar. Dies liegt zum einen am Führungsknatsch in der AfD-Spitze. Darüber hinaus hat SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz mit seiner Korrektur der Hartz-IV-Reformen den Wahlkampf seiner Partei beflügelt.

Insofern sind die Voraussetzungen relativ gut, dass der Deich gegen die rechtspopulistische Welle hält – in Deutschland noch mehr als in Frankreich. Eine Garantie ist dies jedoch nicht. Trotz Macron.