Berlin. Mehr Rechte für die Frauen: Das verspricht der erste Frauenrat Saudi-Arabiens. Der sorgt aber schon bei der Gründung für Verwunderung.

Gut gemeint ist bekanntlich nicht automatisch gut gemacht. Dies erfuhr dieser Tage Prinz Faisal bin Mishal bin Saud, Gouverneur der zentralsaudischen Provinz Qassim. Als erster Politiker der sittenstrengen Heimat des Propheten Mohammed proklamierte er einen regionalen Frauenrat, der die Anliegen der weiblichen Bevölkerung voranbringen soll. Schließlich will sich die ultrakonservative Monarchie modernisieren, Frauen mehr Rechte geben und sie endlich stärker am Arbeitsleben beteiligen.

Bei der Rats-Premiere jedoch saßen nur 13 Männer auf der Bühne – was in der Twitter-Welt des Königreiches für reichlich Spott und Kritik sorgte. Die Frauen dagegen blieben, wie in Saudi-Arabien üblich, unsichtbar in einem Nebenraum – mit dem Männergeschehen lediglich per Videolink verbunden.

„Satire? Komödie? Nein – das ist die Realität“, ätzte eine Online-Kommentatorin. „Das ist wahrer Fortschritt, zum ersten Mal geben sich Männer als Frauen“, stichelte eine andere.

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Beim Abendessen dürfen Frauen nur abräumen

Die Geschlechterposse zeigt, in welche Sackgasse sich das Königreich mit seiner strikten Scharia-Trennung der Geschlechter manövriert hat. Nicht nur in Qassim, auch sonst im Alltag führt dies regelmäßig zu grotesken Situationen. Dass Frauen in Saudi-Arabien nicht Autofahren dürfen, gehört mittlerweile zum globalen Allgemeinwissen. Als Kleidung sind ihnen körperlange dunkle Abajas und Kopftücher vorgeschrieben.

Wer als Mann zum Essen in ein Privathaus eingeladen ist, wird in der Regel mit einem reich gedeckten Tisch empfangen, bekommt die Frau des Hauses aber nicht zu Gesicht. Stattdessen werkelt der Hausherr, so gut er kann, an dem Braten herum. Erst wenn seine Gästerunde zum Kaffee ins Wohnzimmer umzieht, haben Ehefrau und Töchter wieder Zutritt – um den abgegessenen Tisch abzuräumen.

Eigene Bereiche für Frauen bei McDonald’s

Ähnlich funktioniert jedes Restaurant im Königreich. Selbst McDonald’s. Männer essen vorne unter sich, der kleinere Teil dahinter ist für Frauen oder Ehepaare mit Kindern reserviert. Strikt getrennt sind auch Schulen und Universitäten.

Einzige Ausnahme ist die abgelegene König-Abdullah-Universität für Wissenschaft und Technologie (KAUST), die vor auswärtigen Besuchern wie ein Hochsicherheitsgefängnis abgeschottet wird. Die Verantwortlichen wollen die konservative Geistlichkeit nicht reizen mit Fotos von Studentinnen und Studenten, die gemeinsam im Hörsaal sitzen, in der Mensa essen oder auf dem Campus diskutieren.

Öffentliche Verkehrsmittel sollen ausgebaut werden

Der im Reformplan „Vision 2030“ ausgerufene Aufschwung bei der Frauenbeschäftigung jedoch könnte die eisernen Regeln im Land lockern. Bislang arbeiten lediglich 22 Prozent aller erwerbsfähigen Frauen, ein Minusrekord auf Erden, bis 2030 sollen es 30 Prozent sein. Dafür müssen Firmen ihre Räume umbauen, denn Frauen dürfen nur auf eigenen Fluren sitzen oder sind durch hohe Sichtblenden von ihren männlichen Arbeitskollegen getrennt.

Auch die Fahrt ins Büro ist ein Problem. Öffentliche Verkehrsmittel sind unbekannt, sie sollen jetzt mit Hochdruck ausgebaut werden. Bis dahin müssen Frauen Tag für Tag von einem Mann gebracht und abgeholt werden, entweder vom teuren Privatchauffeur, dem Ehepartner oder einem Taxi.

Nicht zuletzt deshalb bekommt die Hauptstadt Riyadh derzeit für 20 Milliarden Euro eine neue Metro. Und als eines der wenigen staatlichen Megaprojekte fiel sie nicht dem Rotstift zum Opfer.