Berlin/Washington. Die Bundeskanzlerin scheint bereit zu sein, auf die Forderung des US-Präsidenten Trump einzugehen. Doch die SPD ist nicht überzeugt.

Sie nehmen Angela Merkel beim Wort. Es sei „erfreulich“, dass Deutschland bis 2024 zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) für Verteidigung ausgeben wolle, heißt es in der US-Regierung vor dem Besuch der Kanzlerin. Die Deutschen müssten als Führungsnation „vorbildlich“ auf andere Nato-Länder einwirken, die auch zu wenig ins Militärische investierten. Solche Erinnerungen – nach Berlin adressiert – gab es schon häufiger. Offenbar will Merkel in Washington diese Bringschuld nun anerkennen.

Davon hat sie daheim nur ihre Partei überzeugt. Die SPD hält höhere Militärausgaben für notwendig, das Zwei-Prozent-Ziel aber für überzogen. Es könnte ein Wahlkampfaufreger werden, genug Skandalisierungpotenzial hätte das Thema „Panzer gegen Kita-Plätze“ schon. Verteidingsministerin Ursula von der Leyen (CDU) spricht von einem „Luxusproblem“.

Wehretat müsste bei 60 Milliarden liegen

Deutschland verfehlt mit 1,2 Prozent das Ziel auch deswegen, weil das BIP so hoch ist. Zu den Musterschülern der USA gehören neben Großbritannien überwiegend Staaten mit niedriger Wirtschaftskraft wie Polen, Estland und Griechenland (2,38 Prozent).

Um zwei Prozent zu erreichen, müsste der Wehretat bei 60 Milliarden Euro liegen. Das wäre im Vergleich zu 2017 (36,6 Milliarden Euro) nahezu eine Verdoppelung – und „schlichtweg illusionär“, wie der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Wolfgang Hellmich (SPD), unserer Redaktion sagte. Die Forderung sei „Wahlkampfgeklimper“.

Das Zwei-Prozent-Ziel gilt vielen weder als realistisch noch vernünftig

Schon als die Nato 2014 auf einem Gipfel in Wales das Zwei-Prozent-Ziel beschloss, gab es Stimmen, dass dies weder realistisch noch vernünftig sei. Die meisten Europäer stimmten zu, damit die USA Ruhe gaben. Beim Dinner der Regierungschefs, so wird es in der Nato kolportiert, habe Merkel aber erklärt, sie halte zwei Prozent für unrealistisch.

Was damals als Schaufenster­beschluss galt, ist für US-Präsident Donald Trump heute ein Synonym für faire Lastenteilung. Einem weiteren in Wales vereinbarten Ziel sind die Deutschen immerhin nahe. Mindestens 20 Prozent der Ausgaben sollten in die Rüstung fließen. Dieser Anteil liegt nach Angaben einer Sprecherin des Verteidigungsministeriums bei 16,2 Prozent. Von der Leyen glaubt, dass sie 2020 das Klassenziel erreichen wird.

Personalstärke der Bundeswehr erhöhen

Sie plant für die kommenden 15 Jahre Rüstungsprojekte im Wert von 130 Milliarden Euro. Zudem kündigte sie mit Unterstützung der SPD an, die Personalstärke der Bundeswehr von 178.000 auf 200.000 Soldaten zu erhöhen. Die Aufstockungen haben nach Hellmichs Einschätzung „noch nichts mit Aufrüstung zu tun, sondern mit dem Befüllen der vorhandenen hohlen Strukturen und der Herstellung einer vollen Einsatzfähigkeit unserer Bundeswehr.“

Für Verteidigungsausgaben hat die Nato Kriterien entwickelt, nicht immer deckungsgleich mit den Wehretats. Zahlungen für Kriegsschäden, Zivilschutz, Entwicklungshilfe – eine Spielart von Krisenprävention – gehören nicht dazu, unter Umständen aber Kosten für Grenzschutz, Zoll, Pensionen und paramilitärische Einheiten wie die französische Gendarmerie mit 100.000 Mann. Die Franzosen zählen sogar die Feuerwehren von Paris und Marseille dazu.