Brüssel. Die EU wird 60 Jahre alt. Zum Jubiläum der europäischen Gründungsverträge sollen Ziele für die nächsten zehn Jahre formuliert werden.

In zwei Wochen, auf ihrem Jubiläumsgipfel in Rom, wollen Merkel und Co. eine EU im Vorwärtsgang präsentieren. In Kanzlerin-Deutsch: „Rom ist in gewisser Weise eine Antwort der 27 auf die Zukunft!“ Wie vor zehn Jahren in Berlin will die EU auch zum 60. Geburtstag eine Botschaft der Zuversicht in die Welt und vor allem an die eigenen Bürger versenden: Wir sind einig, stolz aufs Erreichte und haben noch Großes vor.

Gerade weil der Text knapp und lesbar für jedermann sein soll, ist die Abfassung komplizierter als bei einer der üblichen Verlautbarungen in Euro-Chinesisch. Federführend sind vier Herren: Italiens Premier Paolo Gentiloni als Gastgeber, Gipfelchef Donald Tusk, Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und der maltesische Ministerpräsident Joseph Muscat, dessen Land in diesem Halbjahr den EU-Vorsitz innehat. Sie schlagen nach Rücksprache mit den Hauptstädten drei Elemente vor. Die Erklärung von Rom solle auf die Errungenschaften der EU verweisen, die neuen Herausforderungen benennen und vor allem Zielvorstellungen fürs nächste Jahrzehnt skizzieren.

Neues Bekenntnis zu Demokratie, Rechtsstaat und gemeinsamen Werten

Die Elemente eins und zwei sind der leichtere Teil der Übung. Die Berliner Formel wird aufgegriffen, wonach „wir, die Bürger der Europäischen Union zu unserem Glück vereint“ sind. Das Bekenntnis zu Demokratie, Rechtsstaat und gemeinsamen Werten wird erneuert. Einigkeit („eine Notwendigkeit, keine Option“) wird beschworen im Angesicht von regionalen Konflikten, Terrorismus, Migrationsdruck, Protektionismus und sozialer Ungleichheit.

Mehr politische Brisanz steckt im Zukunftsteil. Die „Rom-Agenda“ verspricht mehr Sicherheit für den Bürger, Wohlstand und sozialen Fortschritt für alle und ein „stärkeres Europa“, das in der Lage ist, sich in einer unfreundlicheren Welt zu behaupten. Womit die Frage noch nicht beantwortet wäre, wieviel EU dafür jeweils nötig ist. Das wurde zuletzt gern mit der Formel „Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten“ beantwortet. Vor allem die osteuropäischen Länder wittern dahinter ein Zweiklassen-System oder gar, wie Juncker sagte, „einen neuen Eisernen Vorhang“.

Die Rolle der Polen ist noch unklar

Merkel bemühte sich um Beruhigung der Gemüter. Unterschiedlich enge Zusammenarbeit in Bereichen von der Währungsunion bis zum Patentrecht, gebe es ja schon längst. Für Rom frage sich nur: „Was ist der Geist, in dem wir das tun?“ Nämlich kein Klassen-, sondern ein Familiengeist: „Jedes Familienmitglied hat Zugang, aber vielleicht macht nicht jedes davon Gebrauch“. Das dürfte indes die Debatte nicht beenden.

Unklar ist auch, wie konstruktiv sich die Polen, verbittert wegen der Niederlage im Zank um die Wiederwahl Tusks, am römischen Glaubensbekenntnis beteiligen. Immerhin: Die Ministerpräsidentin Beata Zydlo habe sich zu dem Projekt bekannt, berichtete Merkel. Und verwahrte sich auf ihre Art gegen Warschauer Vorwürfe, die EU stehe unter deutschem Diktat: Tusk sei von „27 selbstbewussten Mitgliedstaaten“ gewählt worden. „Einer davon war Deutschland, 26 davon waren nicht Deutschland“.