Berlin. Der Bundestag hatte dafür gestimmt, die Maghreb-Staaten als sicher einzustufen. Im Bundesrat sprach sich nun eine Mehrheit dagegen aus.

Der Bundesrat hat am Freitag erwartungsgemäß den Gesetzentwurf der Bundesregierung durchfallen lassen, Algerien, Tunesien und Marokko zu sicheren Herkunftsländern zu erklären. Der Entwurf erhielt nicht die notwendige Mehrheit von 35 der insgesamt 69 Stimmen in der Länderkammer.

Bis auf Baden-Württemberg hatten Landesregierungen mit grüner und auch Linken-Beteiligung Bedenken gegen den Entwurf der schwarz-roten Bundesregierung. Regierung oder Bundestag können nun noch den Vermittlungsausschuss anrufen.

Andere Einstufung könnte Asylverfahren beschleunigen

Mit einer Einstufung von Algerien, Tunesien und Marokko als sichere Herkunftsstaaten könnten Asylanträge von Menschen aus diesen Ländern als offensichtlich unbegründet abgelehnt und die Verfahren beschleunigt behandelt werden. Sichere Herkunftsländer sind Staaten, von denen angenommen wird, dass es dort keine politische Verfolgung oder unmenschliche Bestrafungen gibt.

Vor der Abstimmung hatte Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) die Länder mit Regierungsbeteiligung der Grünen dazu aufgerufen, für die Einstufung zu stimmen. „Ich bin eindeutig dafür. Dass es kaum Asylgründe für Flüchtlinge aus diesen Ländern gibt, zeigt die Anerkennungsquote von etwa einem Prozent“, sagte Müller der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) plädiert dafür, die Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsstaaten einzustufen.
Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) plädiert dafür, die Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsstaaten einzustufen. © Getty Images | Adam Berry

Ökonomische Motive seien häufige Fluchtgründe

Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Stephan Harbarth (CDU), argumentierte, im Falle Marokkos, Algeriens und Tunesiens seien es fast ausschließlich ökonomische Motive, die Migranten zur Stellung eines Asylantrages veranlassten. „Zur Wahrheit gehört in Zusammenhang mit Asylbewerbern aus den Maghreb-Staaten leider auch, dass sie in Deutschland überproportional an Straftaten beteiligt sind“, sagte Harbarth.

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    Es müsse daher alles dafür getan werden, „dass keine weiteren Migranten maghrebinischer Herkunft unter dem Deckmantel der Asylsuche nach Deutschland einreisen, und wir tun selbstverständlich auch alles dafür, dass der Aufenthalt derjenigen, die bereits in Deutschland sind, sich nicht verfestigt.“ Der Attentäter vom Berliner Weihnachtsmarkt, Anis Amri, war ein abgelehnter Asylbewerber aus Tunesien.

    Bundesregierung versuchte Bedenken ausräumen

    Die Bundesregierung wollte mit einer Protokollnotiz den Bedenken der Grünen entgegenkommen. Danach sollen verfolgte Gruppen wie Homosexuelle, Journalisten oder religiöse Minderheiten im Asylverfahren grundsätzlich nach bisheriger Gesetzeslage behandelt werden.

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      Im März 2016 hatte der Bundesrat erstmals zu dem Gesetzentwurf Stellung genommen. Im Mai 2016 verabschiedete dann der Bundestag das Gesetz ohne Änderungen. Im Bundesrat kam es bislang nicht zu einer Abstimmung. Das Vorhaben war im Juni 2016 kurzfristig von der Tagesordnung genommen worden. (dpa)