Berlin. Das Kabinett entscheidet über Beitritt zur Istanbul-Konvention. Deutschland würde sich verpflichten Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen.

Deutschland verpflichtet sich erstmals im Rahmen eines internationalen Vertrags, Frauen umfassend vor Gewalt zu schützen: Das Bundeskabinett will am Mittwoch den Beitritt der Bundesrepublik zur sogenannten Istanbul-Konvention beschließen – einem völkerrechtlichen Übereinkommen zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, insbesondere auch von häuslicher Gewalt.

„Mit dem Beitritt zum Übereinkommen verpflichtet sich Deutschland, auch in Zukunft alles dafür zu tun, um Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen, Frauen zu schützen und ihnen Hilfe und Unterstützung zu bieten“, sagte Frauenministerin Manuela Schwesig (SPD) unserer Redaktion. „Jede Frau hat das Recht auf ein gewaltfreies Leben“, betonte die Ministerin. „Ich sage ganz klar: Gewalt gegen Frauen ist kein Kavaliersdelikt. Es ist eine Straftat, und die Täter müssen bestraft werden.“ Frauenpolitiker fordern den Beitritt zum Anti-Gewalt-Abkommen seit Jahren.

Häusliche Kriminalität

Viele Frauen werden von Stalkern auch über Nachrichten auf dem Smartphone terrorisiert.
Viele Frauen werden von Stalkern auch über Nachrichten auf dem Smartphone terrorisiert. © dpa-tmn | Christin Klose

„Jeden Tag erleben Frauen Gewalt, auch mitten in unserer Gesellschaft. Betroffen sind Frauen jeden Alters, jeder Schicht, jeder Nationalität“, sagte Schwesig. Die jüngste Reform des Sexualstrafrechts, die den Grundsatz „Nein heißt Nein“ festgeschrieben hatte, sei der letzte wichtige Baustein gewesen, damit nun auch Deutschland die Istanbul-Konvention ratifizieren könne. Gewalt gegen Frauen ist in Deutschland weitverbreitet – das zeigen allein die Zahlen zur häuslichen Kriminalität: Im Jahr 2015 wurden durch ihre Partner oder Ex-Partner mehr als 100.000 Frauen Opfer von Mord und Totschlag, Körperverletzungen, Vergewaltigung, sexueller Nötigung, Bedrohung oder Stalking.

Gemessen an der Gesamtzahl weiblicher Opfer in diesen Bereichen ist das ein Anteil von 36 Prozent. Doch Experten gehen davon aus, dass etwa zwei Drittel der weiblichen Opfer körperlicher und sexueller Gewalt nicht zur Polizei gingen und auch keine andere Hilfeeinrichtung aufsuchten.

Opfer schützen

Beim Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ gingen zudem zwischen März 2013 bis Oktober 2016 mehr als 100.000 Anrufe und E-Mails ein. Die Istanbul-Konvention heißt so, weil sie während des türkischen Vorsitzes im Ministerkomitee des Europarats 2011 in Istanbul ins Leben gerufen wurde. Nach Angaben des Familienministeriums sind mittlerweile 22 Staaten beigetreten, weitere 21 bereiten sich darauf vor.

Die 81 Artikel der Konvention definieren die Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten ergreifen müssen, um ihren Verpflichtungen gerecht zu werden, Gewalt gegen Frauen zu verhindern, die Opfer zu schützen und die Täter zu bestrafen. Hierzu zählen beispielsweise statistische Erhebungen, Schutz der Opfer und deren Unterstützung, ebenso wie rechtliche Vorschriften zur Ermittlung und Verfolgung von Straftaten.