Bangkok. Rund 4000 Einsatzkräfte durchsuchten in Thailand die Tempelanlage einer umstrittenen Sekte. Die Aktion richtete sich gegen einen Mönch.

Der martialische Auftritt der thailändischen Sicherheitskräfte erinnerte an die Zusammenstöße mit Demonstranten vor Jahren, bei denen es am Ende Tote und Verletzte gab. Doch am Donnerstag Ende standen 4000 Einsatzkräfte von Polizei und Armee in voller Anti-Demonstranten-Montur vor buddhistischen Mönchen, die diszipliniert und ruhig auf ihren Stühlen hockten. Die in gelben Roben gekleideten Anhänger der Dhammakaya-Sekte übten sich in passivem Widerstand.

Junta-Chef General Prayuth Chan-ocha hatte in der Nacht zum Donnerstag seine Diktatorenmacht genutzt, um den Tempel Pathum Thani zum „kontrollierten Gebiet“ zu ernennen. Das Ziel seiner Beamten: Die Verhaftung von Phra Dhammajayo, dem Abt des größten buddhistischen Ordens Thailands und knapp drei Jahre nach dem Putsch der Militärs die einzige Organisation mit Massenanhang des Königreichs, die nicht vom Regime kontrolliert wird. Die Behörden werfen dem Abt vor, auf rund 40 Millionen US-Dollar geschätzte illegale Gelder zum illegalen Kauf von Land genutzt zu haben.

Polizisten durchsuchten riesige Tempelanlage

Der buddhistische Tempel „Wat Phra Dhammakaya“ in Pathum Thani in Thailand.
Der buddhistische Tempel „Wat Phra Dhammakaya“ in Pathum Thani in Thailand. © dpa | Sakchai Lalit

Als die Beamten am Donnerstagnachmittag (Ortszeit) nach stundenlanger Belagerung endlich in das Gelände verließen, in dessen Zentrum eine gigantische, goldgeschmückte Pagode in der Form einer fliegenden Untertasse steht, war unklar, ob der Abt nach monatelangem Versteckspiel noch immer in seinem Quartier innerhalb des gigantischen Wat Phrat Dhammakaya zu finden sein würde.

Seine Vertreter hatten während der vergangenen Monate behauptet, der 72-jährige Mönch sei zu krank, um sich wie verlangt von Thailands Polizei vernehmen zu lassen. „Er wurde seit Mai des vergangenen Jahres nicht mehr gesehen“, erklärte auch am Donnerstag ein Mönch vor dem 400 Hektar großen Tempelarsenal samt unterirdischen Garagen.

Orden hat die Züge eines gigantischen Kults

Während der vergangenen Monate waren die Sicherheitskräfte trotz Haft- und Hausdurchsuchungsbefehlen und teilweise mehrtägigen Belagerungen vor einer Konfrontation zurückgeschreckt. Ein Grund: Der Abt war von im vergangenen Jahr von Vertretern der rund 300.000 Mönche zu ihrem obersten Vertreter bestimmt worden. Der Orden betreibt zudem einen eigenen Fernsehsender. Thailands Royalisten werfen der Sekte zudem vor, mit der Familie der beiden gestürzten Shinawatra-Premierminister Thaksin und Yingluck unter einer Decke zu stecken.

Buddhistische Mönche bei passiven Widerstand gegen die Polizei.
Buddhistische Mönche bei passiven Widerstand gegen die Polizei. © REUTERS | CHAIWAT SUBPRASOM

Tatsächlich besitzt der Dhammakaya-Orden Züge eines gigantischen Kults. Am Ende der Versammlungen mit Gläubigen aus der ganzen Welt werden in einem streng bewachten Gebäude des Geländes Geldgeschenke unbekannter Herkunft und in unbekannter Höhe entgegengenommen. Laut Zeugenaussagen in einem Betrugsprozess wurde deutlich, dass Mitarbeiter einer Kooperative hohe Beträge vom Konto entwendet hatten, um sie dem buddhistischen Orden spenden zu können.

Dennoch scheute das Regime sich vor einer Konfrontation aus Furcht vor den Reaktionen bei den Thailändern, die zu 95 Prozent Buddhisten sind. Das änderte sich erst, nachdem die vom Militär ernannte Nationalversammlung vor einigen Wochen im Eilverfahren ein Gesetz aufhoben hatte, das den Mönchen Selbstverwaltung einräumte. Statt dessen ernannte der neue König Vajiralongkorn nun einen anderen Obersten Mönch zum Vorsitzenden der Sangha. Offenbar glauben Thailands Militärmachthaber, dank der neuen Macht im buddhistischen Klerus die Oberhand zu besitzen.

Doch bis zum Abend (Ortszeit) hatten sie bei der Durchsuchung des Dhammakaya-Klosters in Pathum Thani noch kein Glück. Der gesuchte Abt blieb zumindest vorläufig unauffindbar.