Berlin. Martin Schulz als rot-rot-grüner Kanzler? Laut einer neuen Insa-Umfrage wäre das möglich. SPD, Linke und Grüne kämen auf 48 Prozent.

Dank der Sympathiewelle für den Kanzlerkandidaten Martin Schulz können SPD, Grüne und Linke nach der Wahl am 24. September auf ein rot-rot-grünes Regierungsbündnis hoffen. Die drei Parteien liegen einer Umfrage zufolge in der Wählergunst mit zusammen 48 Prozent erstmals seit langem wieder knapp vorn, wie die „Bild“ (Bezahlinhalt) unter Berufung auf eine Insa-Befragung berichtete. In anderen Umfragen hat Rot-Rot-Grün aber unverändert keine Mehrheit.

Seit längerem gibt es zwischen SPD, Grünen und Linken Lockerungsübungen. Für Dienstagabend war nun ein Treffen der Parteimanager von SPD, Grünen und Linken angesetzt. Dabei wollten SPD-Generalsekretärin Katarina Barley, Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner und sein Kollegen von der Linkspartei, Matthias Höhn, über Gemeinsamkeiten und Trennendes reden. Alle drei Parteien ziehen jedoch ohne Koalitionsfestlegungen in den Wahlkampf.

Gabriel führte schon im November rot-rot-grüne Gespräche

Die Union reagierte auf die rot-rot-grünen Zahlenspiele erwartungsgemäß. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte: „Jetzt ist es amtlich: Seit Schulz da ist, werden die Planungen für die rot-rot-grüne Linksfront intensiviert. Die meinen es ernst.“ Die Union werde nicht zulassen, „dass Rot-Rot-Grün Deutschland herunterwirtschaftet“.

Rot-rot-grüne Anhänger bei SPD, Grünen und Linken reden allerdings seit langem miteinander und nicht erst, seit Schulz Ende Januar zum Kanzlerkandidaten ausgerufen wurde. So nahm im Oktober Noch-SPD-Chef Sigmar Gabriel an einem Treffen mit vielen Bundestagsabgeordneten teil.

Termin mit Schulz noch vor der Sommerpause

An diesem Mittwoch soll in einem rot-rot-grünen Kreis über Leitlinien für eine restriktivere deutsche Rüstungsexportpolitik gesprochen werden, wie der SPD-Abgeordnete Frank Schwabe mitteilte. Noch vor der Sommerpause soll außerdem ein im Januar geplatzter Termin mit Schulz nachgeholt werden.

In allen drei Parteien gibt es unverändert erhebliche Widerstände gegen Rot-Rot-Grün. Zudem bemüht sich die Union um die Grünen. Nach Angaben von Grünen-Parteichef Cem Özdemir haben sowohl SPD als auch Union um Gespräche mit seiner Partei gebeten: „Beide wissen, dass sie nicht alleine regieren können, dass sie auf Partner angewiesen sind“, sagte Özdemir.

Rechnerisch ist auch eine Große Koalition möglich

Eine Koalition mit der SPD im Bund dürfte die Linkspartei vor eine Zerreißprobe stellen. Positionen der Linken zur Europa- und Sicherheitspolitik werden wiederum in der SPD als größtes Hindernis gesehen. Zuletzt betonte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann auf einer Linie mit Schulz, dass seine Partei im Wahlkampf keine Rücksicht auf die möglichen Partner im linken Lager nehmen werde. „Die Union will einen Lagerwahlkampf. Den Gefallen werden wir ihr nicht tun“, sagte Oppermann.

Eine Koalition mit Grünen und Linken ist nach aktuellen Umfragen die wahrscheinlichste Möglichkeit für SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz, nach der Wahl Bundeskanzler zu werden, da die Union vor der SPD liegt. Wäre am Sonntag Bundestagswahl, käme die SPD laut Insa auf 31 Prozent, die Linkspartei auf 10 Prozent und die Grünen auf 7 Prozent. Das sind zusammen 48 Prozent. Die Union bringt es auf 30 Prozent, die AfD auf 12 Prozent und die FDP auf 5 Prozent. Rein rechnerisch wäre bei dem Ergebnis auch eine Große Koalition möglich. (dpa)