Washington/Tokio. Mit einem Nuklear-Test hat Nordkorea US-Präsident Donald Trump herausgefordert. Der hielt sich mit Bemerkungen erstaunlich zurück.

Donald Trump nimmt auch auf internationalem Parkett kein Blatt vor den Mund. Umso überraschender fiel die zurückhaltende Reaktion des US-Präsidenten auf den jüngsten Raketentest Nordkoreas aus. Kein lautes Wort der Verurteilung. Kein Aufruf an Pjöngjang, das Nuklear-Programm umgehend einzustellen. Keine Androhung von schweren Konsequenzen.

Als Trump am Sonnabend auf seinem Florida-Landsitz Mar-a-Lago kurz ans Mikrofon trat, versicherte er nur seinem Gast, Japans Premierminister Shinzo Abe, dass die USA „zu 100 Prozent“ hinter „ihrem großen Verbündeten Japan“ stünden. Was damit gemeint ist, blieb offen. Allein Trumps grimmiger Blick verriet, dass es dem nordkoreanischen Staats- und Regierungschef Kim Jong-un gelungen war, den Antrittsbesuch von Abe in Amerika mit einer gezielten Provokation zu stören.

Strategie des US-Präsidenten ist bisher unklar

Während die beiden Staatschefs auf dem Golfplatz standen, hatte das kommunistische Regime im Nordwesten des Landes eine ballistische Rakete abgefeuert. Nach rund 500 Kilometern stürzte der Flugkörper nach Angaben von südkoreanischen und amerikanischen Militär-Kommandos ins Meer. Es war der erste Raketentest Nordkoreas seit Trumps Amtsantritt am 20. Januar.

© dpa | Susan Walsh

Während Abe den Akt, der einen Verstoß gegen Resolutionen des UN-Sicherheitsrats darstellt, wie am Sonntag auch die EU als „absolut untolerierbar“ bezeichnete, hielt sich der US-Präsident mit Äußerungen zurück. Dabei wächst der Druck auf den Oberbefehlshaber, eine Antwort auf die Bedrohung aus Fernost zu finden.

„Müssen mit schlimmstem Fall rechnen“

Der frühere US-Geheimdienst-Koordinator James Clapper hatte Ende 2016 bei einer Podiumsdiskussion gesagt, dass Nordkorea technisch in der Lage sei, eine Atomrakete zu starten, die Teile der Westküste der USA erreichen könne. „Wir müssen mit der Annahme des schlimmsten Falles arbeiten.“ Experten wie Jeffrey Lewis vom „Middlebury Institute of International“ in Monterey/Kalifornien ergänzen die These. Der von Nordkorea getestete Raketentyp Musudan könne mit einer Reichweite von bis zu 4000 Kilometern Ziele auf der US-Basis Guam im Pazifik und in Alaska erreichen.

Nachdem Machthaber Kim Jong-un in seiner Neujahrsansprache erklärte, dass Nordkorea kurz davor stehe, zum ersten Mal eine Interkontinentalrakete (ICBM, Reichweite über 10.000 Kilometer) zu testen, reagierte Trump via Twitter. „Das wird nicht passieren.“ Experten wie Jon Wolfstahl vom Belfer Center der Harvard-Universität sind sich da nicht so sicher. Er sieht in dem jüngsten Test ein weiteres Beispiel für die kontinuierliche Verbesserung der nuklearen Antriebs-Kapazitäten Pjöngjangs: „Die Frage ist, wie Amerika darauf reagiert.“

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Vollmundige Ansagen im Wahlkampf

Trumps Strategie ist bisher unscharf. Im Wahlkampf hatte er den Eindruck erweckt, er könne Diktator Kim auf dem Verhandlungsweg zur Vernunft bringen. „Ich würde mit ihm reden, ich habe absolut kein Problem damit.“ Später machte er China mitverantwortlich dafür, dass Nordkoreas Atomprogramm nicht gestoppt wurde. Er forderte Peking auf, dem international isolierten Nachbarn Einhalt zu gebieten. Seit Amtsantritt hat Trump diese Forderung nicht wiederholt.

Ebenfalls im Wahlkampf hatte Trump den US-Alliierten in Asien Angst eingejagt. Südkorea und Japan müssten sich in Zukunft (auch atomar) selber verteidigen – oder mehr zahlen, um unter den Schutzschirm Amerikas zu schlüpfen, sagte er. In Tokio stieg sofort die Angst vor einem nordkoreanischen Nuklearschlag. Japan ist seit dem Zweiten Weltkrieg per Verfassung in seinen Rüstungskapazitäten limitiert und bei der Landesverteidigung von Amerika abhängig.

Donald Trumps Rhetorik hat sich geändert

Premierminister Abe will die Verfassung in dieser Hinsicht ändern. Japan rüstet bereits heute stark auf. Inzwischen hat Trump diese Rhetorik gegenüber Südkorea wie Japan komplett eingestellt. Bei Besuchen vor Ort versicherte US-Verteidigungsminister James Mattis, dass Amerika seine Verpflichtung zur atomaren Abschreckung Nordkoreas „eisenfest“ wahrnehmen wird. Dazu gehöre auch die noch für dieses Jahr geplante Installation des Raketenabwehrsystems THAAD. Das Vorhaben wurde im Sommer unter Barack Obama vereinbart.

Raketenabwehr auf einem Golfplatz

Das Projekt, das auf einem Golfplatz im Südosten der koreanischen Halbinsel realisiert werden soll, hat den Argwohn Chinas und Russlands ausgelöst. Dort fürchtet man, dass sich die Aufklärungskapazitäten des Systems auch gegen sie richten könnten. Mattis versuchte die Bedenken bei seinem Antrittsbesuch in der Region zu zerstreuen und legte den Fokus auf Nordkorea.

An die Adresse von Kim Jong-un sagte der ehemalige Vier-Sterne-General, Nordkorea werde eine „effektive, überwältigende Antwort“ bekommen, falls das Land jemals Nuklearwaffen gegen die USA oder seine Verbündeten einsetzen sollte. Rüstungsexperten in Washington glauben, dass Trump vorläufig an der Linie der „strategischen Geduld“ seines Vorgängers Obama festhalten wird und keine militärische Intervention gegen Nordkorea plant.