Kabul . Seit sich die Nato aus Afghanistan zurückgezogen hat, erobern die Taliban das Land zurück. Das legt ein Bericht des US-Senats nahe.

Die radikalislamischen Taliban haben ihren Herrschaftsbereich in Afghanistan weiter vergrößert. Das geht aus dem am Mittwoch veröffentlichten vierteljährlichen Bericht des Spezialinspekteurs des US-Senats für den Wiederaufbau in Afghanistan (SIGAR) hervor.

Inspekteur John Sopko warnt darin, dass die Regierung Mitte November nur noch etwas mehr als die Hälfte des Landes unter Kontrolle hatte: 57,2 Prozent der 407 Bezirke. Das seien 6,2 Prozent weniger als noch Ende August und fast 15 Prozent weniger als im November 2015.

Steigende Opferzahlen unter Soldaten und Polizisten

Heruntergebrochen auf Bezirke beschreibt Sigar 233 von ihnen als in der Hand der Regierung, 41 als in der Hand der Taliban und 133 Bezirke als umkämpft. In den umkämpften Gebieten lebten rund 9,2 Millionen Menschen – das wäre fast ein Drittel aller Afghanen.

Gleichzeitig, warnt Spezialinspekteur Sopko unter Berufung auf US-Militärquellen, stiegen die Opferzahlen der Sicherheitskräfte. Zwischen Januar und Mitte November seien 6785 Soldaten und Polizisten getötet und 11.777 verletzt worden. 2015 hatten Sicherheitsquellen von rund 5500 Toten und rund 12.000 Verletzten gesprochen.

15 US-Luftschläge in 48 Stunden

16 der 41 Bezirke, die Sigar in der Gewalt der Taliban sieht, liegen in vier benachbarten südafghanischen Provinzen – unter anderem in Helmand. Dort hatten die Taliban am Montag eine weitere massive Offensive auf ein Bezirkszentrum begonnen. Lokale Quellen berichteten von bis zu 64 Opfern. Die afghanischen Sicherheitskräfte gerieten unter derart schweren Druck, dass US-Streitkräfte mit einer Serie von Luftangriffen eingreifen mussten.

Sie hätten in 48 Stunden „etwa 15 Luftschläge“ geflogen, sagte der Sprecher der US- und NATO-Streitkräfte in Afghanistan, General Charles Cleveland, der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch. Zwischen 19 und 30 Taliban-Kämpfer sollen dabei getötet worden sein. (dpa)