Washington. US-Präsident Trump hat Neil Gorsuch als neuen US-Verfassungsrichter ausgewählt. Jetzt beginnt ein parlamentarischer Spießrutenlauf.

Das Weiße Haus ist unter Kontrolle. Beide Kammern im Kongress auch. Fehlt nur noch der Oberste Gerichtshof. Mit der Ernennung von Neil Gorsuch ist die Dominanz der Republikaner in Amerika perfekt. Mit der Nachbesetzung der Stelle des verstorbenen erzkonservativen Richters Antonin Scalia hat Donald Trump den ersten Schritt in Richtung Zeitenwende am Supreme Court in Washington unternehmen.

Trump benannte den konservativen Juristen aus dem Bundesstaat Colorado am Dienstagabend in Washington. „Er hat außerordentliche juristische Fähigkeiten und ist ein brillanter Kopf“, sagte Trump.

Was die neun auf Lebenszeit ernannten Richter dort entscheiden, prägt das gesellschaftliche Klima in den Vereinigten Staaten nachhaltiger als jeder Präsident. Es geht um kontroverse Themen wie Abtreibung oder die Todesstrafe. Trumps Auswahl des neuen Richters soll sicherstellen, dass Amerika letztinstanzlich nach rechts rückt.

Mehrere US-Bundesstaaten wollen klagen

Neil Gorsuch bei seiner Rede im Weißen Haus.
Neil Gorsuch bei seiner Rede im Weißen Haus. © REUTERS | KEVIN LAMARQUE

Aber anstatt über den neuen Top-Juristen und die Zukunft des Gerichts zu reden, liegt das Land mit sich und der Welt in einem zunehmend heftiger geführten Streit über den von Trump verhängten Einreisestopp für Menschen aus sieben muslimisch dominierten Staaten. In vielen Städten zwischen Ost- und Westküste gewinnen Proteste an Zulauf, die sich gegen das Dekret wenden.

Vorgänger Barack Obama unterstützt die Demonstrationen ausdrücklich. Mehrere Bundesstaaten wollen Klagen einreichen. Sie halten Trumps Erlass, der als Terror-Prävention gedacht ist, für verfassungswidrig. Im Außenministerium haben über 100 Top-Diplomaten einen Brandbrief unterschrieben. Dagegen halten 57 Prozent der Amerikaner laut einer Umfrage Donald Trumps Schritte für richtig.

Doch keine Einschränkungen für deutsche Doppelstaatler

Mehrere ausländische Regierungen, darunter auch die deutsche, haben in Washington interveniert, weil es zunächst hieß, dass auch Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft von dem Einreisestopp betroffen seien, die Verbindungen nach Syrien, Iran, Irak, Sudan, Somalia, Libyen und Jemen haben. US-Heimatschutzminister Kelly löste das Rätsel am Abend: Alles bleibt wie bisher, keine Einschränkungen.

Dekrete: Darum kann Trump durchregieren

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    Großkonzerne von Google bis Ford sehen ihre international zusammengesetzten Belegschaften betroffen. Ebenso sind Universitäten, Profi-Sportvereine und Künstler alarmiert. Sicherheitsexperten von FBI bis CIA sehen in Trumps Erlass ein Eigentor. Der Eindruck, dass sich die USA gegen Muslime stellen, gefährde die Sicherheit von Amerikanern im In- und Ausland. Über 20 prominente Republikaner im Kongress haben sich gegen Trump gestellt und fordern Nachbesserungen.

    Justizministerin Yates wegen „Verrats“ entlassen

    All das hat Interims-Justizministerin Sally Yates gebündelt und sich „wegen erwiesener Mängel“ gegen das Dekret gestellt. Trump reagierte auf die Arbeitsverweigerung drakonisch. Er wies die Kritik zurück, warf der Top-Juristin, die bis zur Senatsbestätigung des neuen Ministers Jeff Sessions Dienst tun sollte, „Verrat“ vor und entließ sie.

    Auch der Chef der Einwanderungsbehörde wurde gefeuert. Trump ist dabei rechtlich auf der sicheren Seite. Wie autoritär er von seiner Personalhoheit Gebrauch macht, weckt in Washington „Zweifel an seinem Verständnis von Gewaltenteilung“, wie ein Kommentator des Senders CNN sagte.

    Demokraten fühlen sich an „Samstagabend-Massaker“ erinnert

    Yates’ Rauswurf erinnerte Demokraten an das sogenannte Samstagabend-Massaker von 1973. Damals hatte der vom Watergate-Skandal geplagte republikanische Präsident Richard Nixon die Führung des Justizministeriums entlassen, weil er sich von einem Sonderermittler bedroht fühlte. Später wurde Nixon des Amtes enthoben.

    Am Dienstagabend (Ortszeit) wollte Trump den Namen des neuen obersten Richters bekannt geben – damit wird die Debatte um das Einreiseverbot mit dem wieder vollzähligen Obersten Gerichtshof verknüpft. Letztlich wird dort über die Verfassungsmäßigkeit des Verbots entschieden.

    Nach Scalias Tod hatte Präsident Obama mit Merrick Garland einen Juristen nominiert, der nicht links, sondern eher moderat gepolt ist. Trotzdem haben die Republikaner ihre Verhinderungsmehrheit genutzt und den Kandidaten nicht einmal angehört. Trumps Kandidat wird es wohl ähnlich ergehen. Doch wird sich die republikanische Mehrheit im Senat am Ende durchsetzen.

    Neil Gorsuch ist nicht der extreme Hardliner

    Allerdings ist Gorsuch nicht der Hardliner, den viele Liberale in den USA als Trumps Favoriten befürchtet hatten, sondern eher ein über Parteigrenzen hinweg respektierter Intellektueller. Gorsuch, dessen Mutter für die Reagan-Administration gearbeitet und der selbst schon für George W. Bush aktiv war, gilt als Verfechter einer wörtlichen Auslegung der Verfassung, jedoch nicht als Ideologe.

    Walter Scheel – Sein Leben in Bildern

    Altbundespräsident Walter Scheel im Juli 2014 in Bad Krozingen, wo er im Rathaus bis 2014 ein Büro unterhielt. Seit 2012 lebte Scheel wegen einer Demenzerkrankung in einem Pflegeheim. Am 24. August 2016 verstarb er in Bad Krozingen nach langer schwerer Krankheit.
    Altbundespräsident Walter Scheel im Juli 2014 in Bad Krozingen, wo er im Rathaus bis 2014 ein Büro unterhielt. Seit 2012 lebte Scheel wegen einer Demenzerkrankung in einem Pflegeheim. Am 24. August 2016 verstarb er in Bad Krozingen nach langer schwerer Krankheit. © dpa | Patrick Seeger
    Am 4. März 1969 tagen die im Bundestag vertretenen Parteien anlässlich der anstehenden Wahl zum Bundespräsidenten: Die FDP ist vertreten mit Fraktionsgeschäftsführer Hans-Dietrich Genscher, den Parteivorsitzenden Walter Scheel und Hans Fridrichs und dem Bundestagsfraktionsvorsitzenden Wolfgang Mischnick (stehend).
    Am 4. März 1969 tagen die im Bundestag vertretenen Parteien anlässlich der anstehenden Wahl zum Bundespräsidenten: Die FDP ist vertreten mit Fraktionsgeschäftsführer Hans-Dietrich Genscher, den Parteivorsitzenden Walter Scheel und Hans Fridrichs und dem Bundestagsfraktionsvorsitzenden Wolfgang Mischnick (stehend). © dpa | Volkmar Hoffmann
    Walter Scheel, die Ärztin Mildred Wirtz und ihre Tochter Cornelia sitzen am 18. Juli 1969 im Standesamt München und warten auf ihre Trauung. Walter Scheels erste Ehe hatte 24 Jahre gehalten, bis seine erste Frau Charlotte 1966 verstarb.
    Walter Scheel, die Ärztin Mildred Wirtz und ihre Tochter Cornelia sitzen am 18. Juli 1969 im Standesamt München und warten auf ihre Trauung. Walter Scheels erste Ehe hatte 24 Jahre gehalten, bis seine erste Frau Charlotte 1966 verstarb. © dpa | Gerhard Rauchwetter
    FDP-Chef Walter Scheel im Oktober 1969 mit dem damaligen SPD-Vorsitzenden Willy Brandt zu Beginn der Koalitionsgespräche. Die Bundestagswahl 1969 hatte das Ende der Großen Koalition besiegelt, die seit 1966 von Kurt Georg Kiesinger (CDU) als Kanzler geführt wurde. Die Union hatte zwar nur leichte Verluste hinzunehmen, SPD und FDP erreichten aber zusammen einen Vorsprung von zwölf Mandaten. Willy Brandt wurde Bundeskanzler, Walter Scheel Außenminister.
    FDP-Chef Walter Scheel im Oktober 1969 mit dem damaligen SPD-Vorsitzenden Willy Brandt zu Beginn der Koalitionsgespräche. Die Bundestagswahl 1969 hatte das Ende der Großen Koalition besiegelt, die seit 1966 von Kurt Georg Kiesinger (CDU) als Kanzler geführt wurde. Die Union hatte zwar nur leichte Verluste hinzunehmen, SPD und FDP erreichten aber zusammen einen Vorsprung von zwölf Mandaten. Willy Brandt wurde Bundeskanzler, Walter Scheel Außenminister. © dpa | Peter Popp
    Außenminister Walter Scheel, Bundeskanzler Willy Brandt, der polnische Ministerpräsident Jozef Cyrankiewicz und der polnische Außenminister Stefan Jedrychowski unterzeichnen am 7. Dezember 1970 im Radziwill-Palais in Warschau den deutsch-polnischen Vertrag. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg der Entspannungspolitik mit den Ost-Ländern.
    Außenminister Walter Scheel, Bundeskanzler Willy Brandt, der polnische Ministerpräsident Jozef Cyrankiewicz und der polnische Außenminister Stefan Jedrychowski unterzeichnen am 7. Dezember 1970 im Radziwill-Palais in Warschau den deutsch-polnischen Vertrag. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg der Entspannungspolitik mit den Ost-Ländern. © dpa | Fritz Fischer
    Walter Scheel (re.) im Mai 1972 im Gespräch mit Abgeordneten der CDU/CSU im Plenum des Deutschen Bundestages in Bonn.
    Walter Scheel (re.) im Mai 1972 im Gespräch mit Abgeordneten der CDU/CSU im Plenum des Deutschen Bundestages in Bonn. © dpa | dpa
    Bundeskanzler trifft Bundespräsident: Helmut Schmidt mit Walter Scheel.
    Bundeskanzler trifft Bundespräsident: Helmut Schmidt mit Walter Scheel. © imago/Sven Simon | imago stock&people
    Februar 1976: Walter Scheel empfängt den sowjetischen Staatschef Leonid Breschnew.
    Februar 1976: Walter Scheel empfängt den sowjetischen Staatschef Leonid Breschnew. © imago | .
    Walter Scheel 1976 beim Tanz mit Ehefrau Mildred anlässlich des Bundespresseballs in Bonn.
    Walter Scheel 1976 beim Tanz mit Ehefrau Mildred anlässlich des Bundespresseballs in Bonn. © imago | .
    Königlicher Besuch im Mai 1978: Queen Elizabeth II. wird bei einem Staatsbesuch in Deutschland von Bundespräsident Walter Scheel empfangen.
    Königlicher Besuch im Mai 1978: Queen Elizabeth II. wird bei einem Staatsbesuch in Deutschland von Bundespräsident Walter Scheel empfangen. © imago stock&people | imago stock&people
    Walter Scheel (2.v.li.) mit Ehefrau Dr. Mildred Scheel empfängt im Juli 1978 den US-Präsidenten Jimmy Carter (li.) mit Ehefrau Rosalynn (3.v.li.) und Tochter Amy.
    Walter Scheel (2.v.li.) mit Ehefrau Dr. Mildred Scheel empfängt im Juli 1978 den US-Präsidenten Jimmy Carter (li.) mit Ehefrau Rosalynn (3.v.li.) und Tochter Amy. © imago | .
    Walter Scheel im Juni 1984 mit seinen beiden Nachfolgern im Amt des Bundespräsidenten: Carl Carstens und Richard von Weizsäcker (v.l.).
    Walter Scheel im Juni 1984 mit seinen beiden Nachfolgern im Amt des Bundespräsidenten: Carl Carstens und Richard von Weizsäcker (v.l.). © imago stock&people | imago stock&people
    Altbundespräsident und Model: Walter Scheel sitzt im Oktober 1996 dem Münchner Maler Günter Rittner in dessen Atelier für ein Ölbild Modell.
    Altbundespräsident und Model: Walter Scheel sitzt im Oktober 1996 dem Münchner Maler Günter Rittner in dessen Atelier für ein Ölbild Modell. © dpa | Peter Kneffel
    Walter Scheel im Januar 2006 bei der Generalprobe zur ARD-Volksmusik-Gala „Krone der Volksmusik“ in der Chemnitzer Stadthalle mit Gastgeber Gunther Emmerlich. Scheel hatte einst selbst gesungen und für sein Lied „Hoch auf dem Gelben Wagen“ sogar eine goldene Schallplatte erhalten.
    Walter Scheel im Januar 2006 bei der Generalprobe zur ARD-Volksmusik-Gala „Krone der Volksmusik“ in der Chemnitzer Stadthalle mit Gastgeber Gunther Emmerlich. Scheel hatte einst selbst gesungen und für sein Lied „Hoch auf dem Gelben Wagen“ sogar eine goldene Schallplatte erhalten. © dpa | Wolfgang Thieme
    FDP-Chefs unter sich: Der damalige Parteivorsitzende Guido Westerwelle mit Walter Scheel im Oktober 2006.
    FDP-Chefs unter sich: Der damalige Parteivorsitzende Guido Westerwelle mit Walter Scheel im Oktober 2006. © dpa | Rolf Vennenbernd
    1977 hatte Walter Scheel den Karlspreis erhalten, auf dem Bild ist er zu Gast bei der  Verleihung des Preises im Mai 2008 in Aachen.
    1977 hatte Walter Scheel den Karlspreis erhalten, auf dem Bild ist er zu Gast bei der Verleihung des Preises im Mai 2008 in Aachen. © imago stock&people | imago stock&people
    Walter Scheel im Juli 2012 mit seiner dritten Ehefrau  Barbara, die 1988 heiratete, nachdem seine zweite Ehefrau Mildred Scheel  an Krebs 1985 gestorben war.
    Walter Scheel im Juli 2012 mit seiner dritten Ehefrau Barbara, die 1988 heiratete, nachdem seine zweite Ehefrau Mildred Scheel an Krebs 1985 gestorben war. © dpa | Patrick Seeger
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    Doch auch der 49-Jährige dürfte bei Streitthemen wie Abtreibung oder Waffengesetze eine stramm konservative Linie verfolgen. Als Jurist hatte er sich bisher vor allem für die Deregulierung von Strafgesetzbüchern und gegen aktive Sterbehilfe stark gemacht. Gegenwärtig ist er an einem Berufungsgericht in Denver tätig.

    Mehrheitsverhältnis könnte sich verschieben

    Wird Neil Gorsuch im Amt vom Senat bestätigt, hat Donald Trump das Mächteverhältnis im wichtigsten Gericht des Landes endgültig nach rechts verschoben.
    Wird Neil Gorsuch im Amt vom Senat bestätigt, hat Donald Trump das Mächteverhältnis im wichtigsten Gericht des Landes endgültig nach rechts verschoben. © REUTERS | KEVIN LAMARQUE

    Mit Gorsuchs Wahl ist das derzeit bestehende 4:4-Patt im wichtigsten Gericht der Landes Geschichte. Die vier liberalen Vertreter Elena Kagan, Sonia Sotomayor, Ruth Bader Ginsburg und Stephen Breyer standen zuletzt den in der Regel konservativ abstimmenden Kollegen Samuel Alito, Clarence Thomas, John Roberts und Anthony Kennedy unversöhnlich gegenüber. Weil Kennedy, obwohl vom republikanischen Präsidenten Reagan ernannt, nicht konsequent mit dem Rest der konservativen Bank stimmt, wird sich am Gewichtsverhältnis kurzfristig wenig ändern.

    Völlig anders ist die Lage, wenn etwa die liberalen „Gralshüter“ Ruth Bader Ginsburg (83) und Stephen Breyer (78) aufhören oder sterben. „Trump würde für sie ebenfalls rechtsideologisch linientreue Juristen installieren“, befürchten Bürgerrechtsorganisationen wie die ACLU. Mit einem 7:2-Mehrheitsverhältnis zugunsten der Konservativen wäre der Weg frei für eine Rücknahme liberaler Errungenschaften. Allen voran das seit 44 Jahren geltende Recht auf Abtreibung. (mit dpa)