Washington. Nationalismus, Folter, Feindbild: Ein Poster, das 14 Warnzeichen für Faschismus aufzählt, geht im Netz viral. Was steckt dahinter?

Paranoia oder berechtigte Sorgen vor den Folgen der rabiaten Politik von Donald Trump? Die Maximalbefürchtung einiger Nutzer im Netz: Der neue Präsident baut die Vereinigten Staaten in ein faschistisches Regime um. So zumindest lesen sich viele Kommentare in den sozialen Netzwerken.

Hunderttausende haben ein Poster im Netz geteilt, das im Holocaust Museum in Washington vor dem Grauen der Vergangenheit warnt. „Die frühen Warnzeichen für Faschismus“ lautet der Titel des Plakats. Darunter folgen 14 Merkmale, die einen Staat direkt in den Faschismus schlittern lassen würden.

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Grundlage der Thesen ist ein Artikel des Autors Lawrence W. Britt mit dem Titel „Facism Anyone?“ aus dem Jahr 2003, der im Magazin „Free Inquiry“ erschien. Die umstrittene Zeitschrift erregte im Jahr 2006 Aufsehen, als sie die Mohammed-Karikaturen aus der dänischen Zeitung „Jyllands-Posten“ nachdruckte.

Auch der Artikel hat eine Vorgeschichte. Er wurde schon früher für politische Zwecke benutzt. Im Jahr 2003 gehörte er zu den meist zitierten Artikeln der Gegner von George W. Bush, den die Amerikaner ein Jahr später erneut zum Präsidenten wählten. Die pseudowissenschaftliche Arbeit war so prägnant, dass sich ihre Kernthesen später auf das Poster schafften, das im Internet gekauft werden kann. Und schließlich wanderten sie sogar ins Holocaust-Museum in Washington.

Autor Lawrence Britt schreibt, dass er insgesamt sieben Regime untersucht habe: Deutschland (Hitler), Italien (Mussolini), Spanien (Franco), Indonesien (Suharto) und Chile (Pinochet). Daraus leitet er 14 Merkmale ab, die alle gemeinsam hatten.

1. Ausgeprägter und fortlaufender Nationalismus

Eine erste Gemeinsamkeit: Faschistische Regime gebrauchten laut Britt sehr häufig patriotische Leitsprüche, Slogans und Symbole. Eine besondere Bedeutung komme der Flagge zu, die fast überall zu sehen ist.

2. Verachtung der Menschenrechte

Die nächste These: Aus Furcht vor Feinden und einer Bedrohung des Staates würden Menschenrechte in besonderen Fällen aufgeweicht oder komplett ignoriert. Dazu zähle beispielsweise das Foltern von Regime-Gegnern.

3. Aufbau eines gemeinsamen Feindbildes

Das Volk werde dazu angestachelt, eine angebliche Bedrohung restlos zu beseitigen. Als Feindbild kommen laut dem Autor zum Beispiel ethnische oder religiöse Minderheiten infrage, aber auch Liberale, Kommunisten, Sozialisten oder Terroristen.

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4. Vorherrschaft des Militärs

Auch wenn die Regierung drängende innenpolitische Probleme habe, liege der Schwerpunkt der Investitionen im militärischen Sektor und der Rüstungsindustrie. Soldaten und Militär würden in der Öffentlichkeit glorifiziert.

5. Zügelloser Sexismus

Die Regierungen von faschistischen Regimen würden beinahe ausschließlich von Männern besetzt. Das bedeutet: Die traditionelle Rollenverteilung von Mann und Frau spiele eine große Rolle, die Kritik an Abtreibungen sei heftig, außerdem würden Schwule und Lesben nicht anerkannt.

6. Kontrolle der Massenmedien

Eine freie, kritische Presse sei dem Regime ein Dorn im Auge. Deshalb gehe es gegen sie vor und diskreditiere sie. Das gehe bis hin zur Zensur, speziell in Kriegszeiten.

7. Obsession für die Sicherheitsdienste

Restriktionen, Strafen, Kompromisslosigkeit: Die Sicherheitsbehörden würden Angst verbreiten und hielten Kritiker damit klein.

8. Verflechtung von Religion und Regierung

Demonstranten gehen gegen Faschismus in Koblenz auf die Straße.
Demonstranten gehen gegen Faschismus in Koblenz auf die Straße. © REUTERS | KAI PFAFFENBACH

Faschistische Regime hätten eine Neigung dazu, Religion als Werkzeug für die Manipulation der Masse einzusetzen.

9. Schutz der mächtigen Unternehmen

Die unternehmerische Machtelite verhelfe der Regierung oft ins Amt und baue ihre Beziehungen in die Regierungsämter aus.

10. Unterdrückung von Gewerkschaften

Weil der Zusammenschluss von Arbeitern eine Gefahr für das Regime darstelle, werden Gewerkschaften nach und nach entmachtet.

11. Verachtung von Intellektuellen und Künstlern

Amerikanische Nationalisten in Kansas City, Missouri.
Amerikanische Nationalisten in Kansas City, Missouri. © REUTERS | REUTERS / DAVE KAUP

Faschistische Regime führten eine offene Feindschaft zu Universitäten und höhere Bildungseinrichten. Nicht selten würden Professoren oder Akademiker zensiert oder sogar verhaftet. Die Meinungs- und Kunstfreiheit werde so torpediert.

12. Harte Bestrafung von Verbrechen

Die Polizeibehörden hätten so gut wie keine Grenzen bei der Bestrafung von Straftätern. Die Bevölkerung sehe dieser Praxis meist schweigend zu und nehme sie im Namen des Patriotismus in Kauf.

13. Zügellose Vetternwirtschaft und Korruption

Eine Hand wäscht die andere: In faschistischen Regime würden häufig Menschen den Ton angeben, die eng miteinander verbandelt sind. Die Machthaber schützten sich damit gegenseitig.

14. Betrügereien bei den Wahlen

Ein letztes Charakteristikum für einen faschistischen Staat: Im Extremfall würden die Wahlen gefälscht. In anderen Fällen würden die Ergebnisse durch Schmähkampagnen verfälscht. Faschistische Regime missbrauchten laut Autor Britt außerdem häufig die Justiz, um Wahlen in ihrem Sinne zu beeinflussen.