Paris. Frankreichs Ex-Premier Valls hat bei den Vorwahlen der Sozialisten gegen Benoît Hamon verloren. Der steht für einen radikalen Bruch.

Frankreichs Sozialisten haben den Parteilinken Benoît Hamon zum Kandidaten für die Präsidentschaftswahl gekürt. Die Regierungspartei vollzieht damit einen radikalen Bruch mit der Reformpolitik von Staatschef François Hollande, der nicht wieder antritt. Hamon kam in der Stichwahl nach Teilergebnissen auf mehr als 58 Prozent der Stimmen und lag damit klar vor Ex-Premierminister Manuel Valls vom rechten Parteiflügel. „Heute Abend erhebt die Linke wieder das Haupt“, sagte Hamon.

Sein Sieg in der von den Sozialisten organisierten Vorwahl bedeutet eine Zerreißprobe für die Partei, die nach den Hollande-Jahren schwer angeschlagen ist. Auch auf europäischer Ebene dürfte Hamon anecken, er fordert etwa ein Moratorium für den Euro-Stabilitätspakt, der das Haushaltsdefizit der Euro-Staaten auf drei Prozent der Wirtschaftsleistung begrenzt.

Benoît Hamon will Bündnis formen

Der 49-Jährige ist seit Jahren ein Gegner der Regierungspolitik unter Hollande und Valls, er will etwa eine umstrittene Arbeitsmarktreform zurückdrehen und ein bedingungsloses Grundeinkommen einführen. Es war unklar, ob der rechte Flügel sich klar hinter den Gewinner stellen würde. Valls räumte seine Niederlage ein und gratulierte Hamon. Dieser sei nun „der Kandidat unserer politischen Familie“, sagte er.

Der Vorwahl-Sieger kündigte an, Kontakt mit dem Präsidentschaftskandidaten der Grünen und dem Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon zu suchen, um ein Bündnis zu formen. Bislang liegt der sozialistische Bewerber in Umfragen für den ersten Wahlgang im April auf dem fünften Platz. Er hat demnach also keine Chancen, dem konservativen Favoriten François Fillon oder der Rechtspopulistin Marine Le Pen die Stirn zu bieten.

Heftiger Rückschlag für Manuel Valls

Das linke Lager Frankreichs steht drei Monate vor der Wahl zersplittert da. Der unabhängige Polit-Jungstar Emmanuel Macron profiliert sich außerhalb der von den Sozialisten organisierten Vorwahl, ebenso wie der Linkspolitiker Mélenchon.

Der scheidende Staatschef Hollande hatte angesichts schlechter Umfragewerte im Dezember auf eine neue Kandidatur verzichtet. Valls war daraufhin von seinem Amt als Premierminister zurückgetreten und hatte sich um die Kandidatur beworben. Für den 54-Jährigen ist die Niederlage ein heftiger Rückschlag in seiner Polit-Karriere.

Weniger Wähler als bürgerliches Lager

Die Stichwahl brachte nach Teilergebnissen deutlich mehr Menschen in die Wahllokale als der erste Wahlgang eine Woche zuvor. Nach Auszählung von 60 Prozent der Wahllokale kamen die Organisatoren auf 1,1 Millionen Wähler. In der ersten Runde eine Woche zuvor hatten insgesamt rund 1,6 Millionen Menschen abgestimmt – deutlich weniger als in der Vorwahl des bürgerlichen Lagers mit mehr als 4 Millionen Wählern.

Die Sozialisten wählten ihren Präsidentschaftskandidaten schon zum zweiten Mal mit einer offenen Vorwahl: Teilnehmen konnten alle Franzosen, die im Wählerregister stehen und sich per Unterschrift zu den Werten der Linken bekannten. (dpa)