Berlin. Was kann getan werden, damit es weniger Unfälle durch von Lkw stürzende Eisplatten gibt? Die Politik hat unterschiedliche Antworten.
Jeden Tag stürzen derzeit Eisplatten von Lkw auf Autos – jetzt kommt in das uralte Thema Bewegung. Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Stephan Kühn, will den Bund in die Pflicht nehmen: „Eisplatten auf Lkw dürfen nicht länger die Verkehrssicherheit beeinträchtigen. Der Bund muss hier eine aktive Rolle übernehmen und präventiv tätig werden“, sagte er unserer Redaktion. Verkehrspolitiker aus der Regierungskoalition appellieren dagegen vor allem an die Speditionen.
So heftig schlagen Eisplatten in Autos ein
Kühn fordert mehr öffentlich zugängliche Schneeräumgerüste. „Diese Einrichtungen müssen zu Standardausrüstung großer Rastanlagen werden und sollten über das Ausbauprogramm des Bundes für Lkw-Stellplätze finanziert werden“, so der Grünen-Politiker. Eine von dem Bautzener Polizisten Martin Hottinger zentral geführte Liste von öffentlich zugänglichen Räumstationen in Deutschland und Österreich listet 50 Standorte auf. In manchen Bundesländern gibt es überhaupt keine. Räumen Lkw-Fahrer dort ihr Dach in vier Metern Höhe, riskieren sie, dass die Berufsgenossenschaft bei einem Sturz nicht einspringt. Experte Hottinger hält 500 Standorte für wünschenswert. Der Tüv Thüringen als Sponsor solcher Anlagen bezifferte die Kosten auf 1400 Euro pro Jahr und Anlage.
Räumstationen privaten Initiativen überlassen
Das Bundesverkehrsministerium hatte erklärt,Lösungen müssten aus der Praxis entwickelt werden. Der Bund stellt Flächen für Räumgerüste kostenlos zur Verfügung, mit Ausnahme einer Räumstation des Landes Bayern werden aber alle von Verbänden oder privat finanziert. Der verkehrspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ulrich Lange, sieht bei dem Thema den Bund auch nicht am Zug: „Hier sehe ich in erster Linie die Unternehmen in der Pflicht, den Betrieb so zu gestalten und technische Mittel vorzuhalten, dass der Fahrer vor Fahrtantritt die Möglichkeit hat dieser Pflicht nachzukommen, also das Eis zu entfernen.“
Grünen-Verkehrspolitiker Kühn sieht auch bei den Unternehmen Nachholbedarf: „Selbstverständlich müssen auch die Spediteure ihren Teil zur Sicherheit beitragen und Förderprogramme auch dazu nutzen, um die Eisbildung auf den Planen durch eine geänderte Konstruktion zu unterbinden.“
SPD-Politikerin gegen Gesetzesregelung
Der Bund bezuschusst über das sogenannte De-minimis-Programm bereits den Einbau etwa von Dachairbags, die verhindern, dass sich auf der Planen abgestellten Lkw Wasser sammeln kann. Von einer oft von Fahrer geforderten Pflicht solcher Systeme hält die SPD-Verkehrspolitikerin Kirsten Lühmann nichts. Bund und Länder müssten diese Fördermöglichkeit noch stärker bekannt machen, damit die Mittel stärker abgerufen werden. Der Marktführer baute im vergangenen Jahr rund 2000 Systeme ein, jedes Jahr verlassen aber ein Vielfaches an Aufliegern die Werke der Hersteller in Deutschland.
Bevor der Staat jedoch hier regulierend eingreife, sollten nach Ansicht der verkehrspolitischen Sprecherin der SPD im Bundestag alle Mittel ausgeschöpft werden, das Bewusstsein der Speditionen und der Fahrenden für die Gefahren von Eisplatten zu schärfen. „Das ist viel wichtiger als eine kaum in jedem Fall überprüfbare Regelung.“
Lühmann kündigt an, in Brüssel auch Gespräche zu führen. „Wir brauchen ein umfassendes, grenzüberschreitendes Konzept.“ In anderen Ländern würden weder die deutschen Zuschussregelungen noch die Ausrüstungsvorschriften gelten. (law)
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