Berlin. Die SPD will Kinderrechte im Grundgesetz verankern. Dafür müsste sie im Verbund mit der Union noch vor der Wahl die Verfassung ändern.

Die SPD will im Bundestag kurzfristig einen neuen Vorstoß zur Verankerung von eigenen Kinderrechten im Grundgesetz unternehmen: Noch in dieser Wahlperiode soll die Koalition eine entsprechende Verfassungsänderung beschließen. Das geht aus einer Beschlussvorlage für die am Donnerstag beginnende Klausur der SPD-Bundestagsfraktion hervor, der unserer Redaktion vorliegt.

Den entsprechenden Gesetzentwurf werde die Fraktion auf den Weg bringen. „Wir fordern unseren Koalitionspartner auf, sich dem Kreis der Unterstützer anzuschließen und mit uns für eine breite Mehrheit für starke Kinderrechte zu sorgen“, heißt es weiter. Zur Begründung erklärt die SPD, eine solche Grundgesetzänderung stärke die Rechte von Kindern und Familien gegenüber dem Staat.

Es droht Streit mit der Union

SPD-Fraktionsvize Carola Reimann sagte unserer Redaktion: „Auch Eltern brauchen starke Kinderrechte, um die Interessen ihrer Kinder im Alltag wirksam durchsetzen zu können.“ Kinder seien eigenständige Persönlichkeiten mit besonderen Schutzbedürfnissen: „Deshalb brauchen Kinder auch eigene, klar formulierte Rechte“, erklärte Reimann. Das gelte vor allem, wenn es um den Schutz vor Gewalt gehe, aber auch bei wichtigen Fragen wie Chancengleichheit und Generationengerechtigkeit.

Mit dem Vorstoß droht allerdings Streit in der Koalition: Die Union im Bundestag hat einen solchen Schritt bisher als „Symbolpolitik“ abgelehnt. Nach ihrer Auffassung reicht die gegenwärtige Rechtslage aus, weil der im Grundgesetz verankerte Schutz der Menschenrechte auch Kinder umfasse.

Die SPD betont dagegen, eine ausdrückliche Verankerung von Kinderrechten in der Verfassung habe einen anderen Stellenwert: „Die Regelungen im Grundgesetz werden von Gesetzgeber, Verwaltung und Gerichten regelmäßig herangezogen. Sie sind die Basis für unser gesamtes Rechtssystem.“

Kreis der Unterstützer ist bereits groß

Reimann sagte: „Ich setze darauf, das CDU und CSU diese wichtige Initiative unterstützen.“ Die Zeit sei reif für Kinderrechte im Grundgesetz, die Chance für eine breite Mehrheit sei da. Die Sozialdemokraten verweisen in ihrem Papier auf einen Beschluss der Justizminister von Bund und Ländern aus dem Herbst 2016, in dem die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz gefordert wurde; der Kreis der Unterstützer werde immer größer.

Eine Verfassungsänderung wird von der Opposition, von Kinderschutzorganisationen und Wohlfahrtsverbänden sowie dem UN-Kinderhilfswerk Unicef unterstützt. Vor vier Wochen hatten 110 Verbände im „Hamburger Appell“ alle Kandidaten für die Bundestagswahl dazu aufgerufen, sich für die Grundgesetz-Ergänzung stark zu machen.