Wem glaubt Donald Trump? Den Geheimdiensten oder Putin?
•
Lesezeit: 4 Minuten
Von Dirk Hautkapp
Washington. Donald Trump zeigt sich Berichten des eigenen Geheimdienstes kritisch gegenüber. Damit will er auch sein Gesicht als Gewinner wahren.
Wenn der US-Geheimdienst NSA genau mitgehört hat, dann herrschte am 9. November in Moskau über den Wahlausgang in Amerika nahezu Krimsekt-Laune. Dass mit Donald Trump ein erklärter Putin-Verehrer die in Moskau wenig geschätzte Hillary Clinton aus dem Rennen warf, bezeichneten Regierungsfunktionäre als „geopolitischen Sieg“ und gratulierten sich selbst zu einer gelungenen Einmischung in den demokratischen Wahlprozess des Klassenfeindes.
So steht es nach Recherchen der „Washington Post“ und des TV-Senders NBC in einem 50-seitigen Bericht, den drei Topvertreter der US-Geheimdienste dem künftigen Präsidenten Trump nahebrachten. Vorrangiges Ziel war es, den 70-Jährigen davon zu überzeugen, dass russische Computer-Hacker, persönlich autorisiert von Präsident Wladimir Putin, durch Datendiebstähle bei den US-Demokraten den Wahlausgang zugunsten Trumps beeinflussen wollten.
Hillary Clinton als Ziel der Hacker
„Die Ziele Russlands waren es, das öffentliche Vertrauen in den demokratischen Prozess in den USA zu untergraben, Hillary Clinton zu verunglimpfen und ihren Wahlchancen sowie ihrer potenziellen Präsidentschaft Schaden zuzufügen“, heißt es in einer um sensible Details befreiten Version des Berichts für die Öffentlichkeit.
Mit dem Nachhilfeunterricht wollten die Spitzen der Geheimdienste zwei Wochen vor der Amtseinführung Trumps weiteren Schaden für das bereits latent zerrüttete Vertrauensverhältnis zwischen dem neuen Präsidenten und seinen wichtigsten Sicherheitsorganen abwenden.
Trump beruft sich auf Wikileaks-Gründer Assange
Trump hatte bisher partout nicht glauben wollen, was nach Überzeugung des scheidenden Geheimdienstkoordinators James Clipper klar und beweisbar ist: Russische Akteure haben die bei den Demokraten erbeuteten Digital-Daten über verschlungene Wege der Enthüllungsplattform Wikileas zugeschanzt. Die dort tröpfchenweise veröffentlichten Korrespondenzen von Clinton-Vertrauten haben zwar nicht das Wahlergebnis pro Trump bestimmt, aber doch das öffentliche Klima für Clinton nennenswert eingetrübt.
Donald Trump – sein Leben in Bildern
1/28
Trump hatte dagegen bis zuletzt Putin und Russland in Schutz genommen und die These genährt, es könnten auch „die Chinesen“ gewesen sein. Oder ein „übergewichtiger Computer-Freak in New Jersey“. Moskau spiegelte diese Haltung. Über Wochen erklärte Kreml-Sprecher Peskow: „Wir waren es nicht.“
Trump will Gesicht als Sieger nicht verlieren
Trumps Strategie: Der Geschäftsmann weiß, dass sein politischer Kredit begrenzt ist. Hillary Clinton hat drei Millionen Stimmen mehr bekommen. Frisst sich der Verdacht ins öffentliche Bewusstsein, dass von Putin gedungene Digital-Diebe Trump indirekt zum Sieg verholfen und Amerikas Institutionen in Misskredit gebracht haben, stünde die Glaubwürdigkeit Trumps von Tag eins an im Treibsand. Dass der künftige Commander-in-Chief das unter Ronald Reagan noch als „teuflisches Imperium“ bezeichnete Russland trotz Krim-Annexion und Ukraine-Einmarsch für vertrauenseliger hält als NSA, CIA, FBI & Co, hat Wunden hinterlassen.
Donald Trumps schlimmste Sprüche
1/3
James Clapper, seit über 50 Jahren für die nationale Sicherheit Amerikas tätig, sagte bei einer Anhörung im Senat, dass gesunde Skepsis gegenüber den Befunden seiner Leute in Ordnung sei: „Es gibt aber einen Unterschied zu Verunglimpfung.“
US-Geheimdienstler halten Assange nicht für glaubwürdig
Trump hatte den Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks, Julian Assange, auf der Basis eines Fernsehinterviews zuvor in den Stand eines Kronzeugen gegen die US-Geheimdienste erhoben. Assange, der sich in der Londoner Botschaft Ecuadors vor strafrechtlicher Verfolgung wegen eines Sexualdelikts verschanzt, hatte darin behauptet, Russland sei nicht die Quelle für das Anti-Clinton-Material. Trump verstärkte die Botschaft über Twitter, angeblich um seine 18,5 Millionen Anhänger „zu informieren“.
Clapper und NSA-Chef Mike Rogers sagten, Assange besitze keine Glaubwürdigkeit. US-Stellen haben nach eigenen Angaben die Mittelsmänner dingfest gemacht, die zwischen Wikileaks, dem russischen Geheimdienst GRU und dem Kreml mit den sensiblen Daten zulasten Clintons hantierten. Details dazu werden in den nächsten Tagen über „Durchstechereien bekannt“, sagen Sicherheitsexperten in Washington.
„Werden diese Namen öffentlich, muss Trump seine Position räumen“, sagt der Geheimdienstexperte John Schindler. Trump bezeichnete das Treffen mit den Geheimdienstspitzen als „konstruktiv“. Er kündigte binnen 90 Tagen ein Aktionsprogramm gegen feindliche Angriffe im Internet an. Eine eindeutige Wertung kontra Moskau vermied der Geschäftsmann erneut. Er betonte stattdessen, dass die geschilderten Cyberangriffe keinen Einfluss auf seinen Wahlsieg gehabt hätten und griff abermals die Demokraten an. Sie trügen durch „krasse Fahrlässigkeit“ Mitschuld, dass sensible Daten abhandengekommen sind. Die Parteizentrale der Republikaner hingegen habe eine „starke Abwehr“ gehabt.
Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
Hinter den Kulissen der Politik - meinungsstark, exklusiv, relevant.
Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der
Werbevereinbarung
zu.