Berlin. Nach dem Putschversuch ist die Zahl der Türken, die in Deutschland Asyl suchen sprunghaft angestiegen. Knapp 80 Prozent sind Kurden.

Laut Bundesregierung steigt die Zahl der Asylsuchenden aus der Türkei stark an. 5166 Türken stellen von Januar bis November 2016 einen Asylantrag in Deutschland, wie aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Parlamentsanfrage hervorgeht, die dieser Zeitung vorliegt. Knapp 80 Prozent der Asylsuchenden sind Kurden. Seit dem Putschversuch in der Türkei im Juli 2016 stiegen die Zahlen stark an. So beantragten im November 702 türkische Staatsbürger Asyl in Deutschland. Im Januar waren es 119 Menschen.

Die Linke kritisiert die Türkei-Politik der Bundesregierung. „Die Türkei ist alles andere als ein sicherer Herkunftsstaat oder ein Ort an dem Flüchtlinge eine sichere Bleibe finden können“, sagte die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion Ulla Jelpke, die die Anfrage stellte, unserer Redaktion. „Die Waffenexporte an das Erdogan-Regime müssen endlich gestoppt und der EU-Flüchtlings-Deal beendet werden“, forderte Jelpke.

Weiterhin Tausende Verhaftungen in der Türkei

In der Türkei ist es im Laufe der vergangenen Woche zu mehr als 1600 Verhaftungen gekommen. 516 Verdächtige seien bei den sogenannten Anti-Terror-Operationen in Untersuchungshaft genommen worden, teilte das Ministerium am Montag mit. Ihnen werde vorgeworfen, die Gülen-Bewegung, die kurdische Arbeiterpartei PKK oder die Terrormiliz „Islamischer Staat“ zu unterstützen. Zudem sind in den vergangenen sechs Monaten gegen 3710 Verdächtige Verfahren wegen Terrorpropaganda oder Straftaten in sozialen Medien eingeleitet worden, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu.

Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, hat sich unterdessen gegen eine rasche Visa-Freiheit für türkische Staatsbürger in der EU ausgesprochen. Die Türkei habe nicht wie angemahnt ihre Anti-Terrorgesetze reformiert, sagte Schulz unserer Redaktion. „Solange das Anti-Terrorgesetz nicht reformiert ist, kann der Prozess der Visa-Liberalisierung nicht in Gang gesetzt werden.“ Daher habe er den Antrag der EU-Kommission zur Visa-Freiheit nicht an die zuständigen Parlamentsausschüsse weitergeleitet. „Er liegt noch immer auf meinem Schreibtisch“, sagte Schulz.