Wird am Ende ein Mormone aus Utah neuer US-Präsident?
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Von Dirk Hautkapp
Washington. Durch einen Sieg in Utah könnte der unabhängige Kandidat Evan McMullin US-Präsident werden. Die Chance ist klein – aber sie ist da.
Donald Trump und Hillary Clinton fliegen in Düsenjets durchs Land auf der Suche nach dem unentschiedenen Wähler. Evan McMullin nimmt meist den Fahrdienst Uber.
Donald Trump und Hillary Clinton verfügen zusammen über einen Milliarden-Etat. Evan McMullin hat seine Kreditkarte und ein bisschen Geld von Menschen, die an ihn glauben, je giftiger und unerbittlicher das Rennen um das Weiße Haus wird.
Kann man damit Präsident werden? Kann man.
Alternativ-Kino McMullin
Und darum ist die Geschichte über den 40-jährigen Mormonen aus Utah, der zehn Jahre für den Geheimdienst CIA als verdeckter Ermittler gearbeitet hat, das begehrteste Alternativ-Kino im Kontrast zu den lärmenden, nervtötenden Blockbuster-Filmen der zwei etablierten Kandidaten.
Immer häufiger besuchten Fernsehteams und Reporter den kurz geschorenen Konservativen, der die Innereien der republikanischen Partei nach einer Karriere als Investment-Banker jahrelang als Mitarbeiter im Kongress studieren konnte. Der Grund ist simpel.
McMullin könnte in Utah gewinnen
Der nur in elf von 50 Bundesstaaten auf dem Wahlzettel stehende Seiteneinsteiger liefert sich in seiner streng gläubigen Heimat Utah in den Umfragen ein unerwartetes Kopf-an-Kopf-Rennen mit Clinton und Trump.
Trumps obszöne Tiraden gegen Frauen und Clintons never-ending E-Mail-Affäre haben viele Wählergruppen abgestoßen. Der Drittkandidat präsentiert sich als klassischer Konservativer (gegen Abtreibung, gegen zu viel Staatsintervention) – aber das prinzipienfest und skandalfrei.
Geringe, aber tatsächliche Chance
Sein Credo ist simpel: „Amerika hat einen „besseren, einen anständigeren Präsidenten verdient.“ Ein Satz, der verfängt. „Evan McMullin besitzt die wenn auch geringe aber tatsächlich vorhandene Chance, hier zu gewinnen“, sagen Meinungsforscher.
Und schon setzt bei Strategen, die Amerikas Zukunft weder dem New Yorker Bau-Unternehmer noch der früheren First Lady und Außenministerin anvertraut wissen wollen, das Träumen ein. Die Rechnung geht so:
Gewinnt McMullin am 8. November das stockkonservative Utah, stünden ihm die sechs Stimmen zu, die der wüstenähnliche Bundesstaat im 538-köpfigen Wahlmännergremium besitzt, das Mitte Dezember zusammenkommt und den Nachfolger von Barack Obama offiziell bestimmt.
Republikaner im Repräsentantenhaus müssten entscheiden
Blieben bis dahin sowohl Clinton und Trump im Rest Amerikas unter der notwendigen Mehrheit von 270 Voten, fielen nach den Buchstaben der Verfassung im Repräsentantenhaus die Würfel.
Dort haben noch die Republikaner die Mehrheit. Unter ihnen sind gut und gerne 100 Abgeordnete, die sich in den vergangenen Wochen mit teilweise harschen Worten von Trump distanziert haben und ihn wohl niemals wählen würden. Die Demokraten könnten Clinton aus eigener Kraft nicht auf den Schild heben.
„Es könnte also sein, dass es in dieser Konstellation am Ende zu einer Mehrheit für den Absolventen der mormonischen Brigham-Young-Universität reicht“, sagen Experten der Zeitung „Salt Lake Tribune“. Gibt’s doch nicht? Gab’s schon mal. 1824 wählte die zweite Kammer des US-Parlaments auf eben diese Weise John Quincy Adams ins höchste Amt.
Das sind die US-Präsidenten seit 1945
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Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
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