Calais. Wieder holen Busse Migranten aus der Stadt Calais ab. Nach den Erwachsenen sind diese Woche die Kinder und Jugendlichen an der Reihe.

Nach der Räumung des Flüchtlingslagers von Calais haben nun auch die verbliebenen unbegleiteten Minderjährigen die Stadt am Ärmelkanal verlassen. 1616 junge Migranten wurden am Mittwoch mit Bussen weggefahren, wie ein Sprecher der örtlichen Präfektur sagte. Sie sollten in anderen Regionen des Landes gebracht werden. In Calais verbleiben damit nun noch etwas mehr als 300 Frauen mit Kindern – sie sollen von Donnerstag an in andere Unterkünfte wechseln.

Kinder und Jugendliche waren bei der Auflösung des als „Dschungel von Calais“ bekannten Flüchtlingscamps vergangene Woche zunächst in einem Containerlager in der Nähe des geräumten Areals untergekommen. Nun wurden sie in spezielle Aufnahmezentren gebracht, wo britische Beamte anschließend prüfen sollen, ob sie nach Großbritannien einreisen dürfen.

Vereinbarung über minderjährige Flüchtlinge

Für junge Flüchtlinge, die alleine unterwegs sind, gelten spezielle Asylregeln. Paris und London hatten eine Vereinbarung geschlossen, nach der unbegleitete Minderjährige nach Großbritannien einreisen können sollen, wenn sie dort bereits Familienangehörige haben.

Flüchtlingslager in Calais wird geräumt

Frankreich hat das Flüchtlingslager in Calais aufgelöst. Die Migranten werden auf Aufnahmezentren im ganzen Land verteilt. Am Mittwoch verließen mehr als 1600 Minderjährige das Lager.
Frankreich hat das Flüchtlingslager in Calais aufgelöst. Die Migranten werden auf Aufnahmezentren im ganzen Land verteilt. Am Mittwoch verließen mehr als 1600 Minderjährige das Lager. © REUTERS | PASCAL ROSSIGNOL
Die erwachsenen Flüchtlinge hatten vor den Jugendlichen das Lager verlassen.
Die erwachsenen Flüchtlinge hatten vor den Jugendlichen das Lager verlassen. © REUTERS | PASCAL ROSSIGNOL
Ein Notizbuch, das mit englischen Personalpronomen und der entsprechenden arabischen Übersetzung beschrieben ist, wurde im Lager zurückgelassen. Viele Migranten wollen von Calais aus weiter nach Großbritannien.
Ein Notizbuch, das mit englischen Personalpronomen und der entsprechenden arabischen Übersetzung beschrieben ist, wurde im Lager zurückgelassen. Viele Migranten wollen von Calais aus weiter nach Großbritannien. © REUTERS | PASCAL ROSSIGNOL
Ein Bulldozer reißt die zum Teil selbstgebauten Hütten der Migranten weg.
Ein Bulldozer reißt die zum Teil selbstgebauten Hütten der Migranten weg. © REUTERS | PASCAL ROSSIGNOL
Seit der Räumung ist die Zahl der Zelte, in denen Flüchtlinge leben, im etwa 700 Kilometer von Calais entfernten Paris wieder stark angestiegen.
Seit der Räumung ist die Zahl der Zelte, in denen Flüchtlinge leben, im etwa 700 Kilometer von Calais entfernten Paris wieder stark angestiegen. © dpa | Ian Langsdon
Die Räumung des sogenannten Dschungel von Calais hatte am 24. Oktober begonnen.
Die Räumung des sogenannten Dschungel von Calais hatte am 24. Oktober begonnen. © REUTERS | NEIL HALL
Zum Auftakt der Räumung hatten über 2000 Menschen das Camp freiwillig verlassen.
Zum Auftakt der Räumung hatten über 2000 Menschen das Camp freiwillig verlassen. © dpa | Etienne Laurent
Zuletzt lebten im „Dschungel“ nach Behördenangaben etwa 6500 Menschen.
Zuletzt lebten im „Dschungel“ nach Behördenangaben etwa 6500 Menschen. © dpa | Thibault Vandermersch
Die meisten kommen aus Ländern wie Afghanistan, Äthiopien, Eritrea und dem Sudan.
Die meisten kommen aus Ländern wie Afghanistan, Äthiopien, Eritrea und dem Sudan. © Getty Images | Christopher Furlong
Calais ist eine Stadt im Norden Frankreichs. Sie liegt direkt am Ärmelkanal, einem breiten Meeresarm zwischen Atlantik und Nordsee.
Calais ist eine Stadt im Norden Frankreichs. Sie liegt direkt am Ärmelkanal, einem breiten Meeresarm zwischen Atlantik und Nordsee. © dpa-infografik | dpa-infografik GmbH
Das Lager bestand aus Zelten, Hütten und Containern, mitten in einem Industriegebiet zwischen Chemie-Fabriken.
Das Lager bestand aus Zelten, Hütten und Containern, mitten in einem Industriegebiet zwischen Chemie-Fabriken. © dpa | Etienne Laurent
Immer wieder kam es im Camp zu Zusammenstößen zwischen Flüchtlingen und Polizei.
Immer wieder kam es im Camp zu Zusammenstößen zwischen Flüchtlingen und Polizei. © dpa | Etienne Laurent
1/12

Im Rahmen dieser Kooperation sind nach Angaben des britischen Innenministeriums bisher mehr als 300 Kinder und Jugendliche über den Ärmelkanal gelangt. Einige hundert sollen in den kommenden Wochen hinzukommen. Tausend würden es aber wohl nicht werden, hatte die britische Innenministerin Amber Rudd vergangene Woche in einem Interview gesagt.

Medizinische Tests zur Alterbestimmung

„Wir fühlen uns absolut verpflichtet, die Kinder in Calais zu beschützen“, teilte Innen-Staatssekretär Robert Goodwill am Mittwoch mit. Die Ankunft erster minderjähriger Flüchtlinge aus Calais hatte in Großbritannien eine Debatte entfacht, ob das Alter der Schutzsuchenden überhaupt feststellbar ist.

Der konservative Parlamentsabgeordnete David Davies hatte medizinische Tests zur Alterbestimmung verlangt, weil die Flüchtlinge „nicht wie Kinder aussehen“. Aus Frankreich hatte es immer wieder Druck auf die Briten gegeben, möglichst viele Minderjährige aufzunehmen. Präsident François Hollande hatte am Dienstag erklärt, die französischen Behörden würden sich um diejenigen kümmern, die London nicht aufnehme.

Der „Dschungel“ als Zwischenziel

Calais ist seit Jahren ein Sammelpunkt für Menschen, die illegal nach Großbritannien gelangen wollen. Hafen und Ärmelkanaltunnel sind inzwischen aber streng abgeschirmt. Auf einem Brachland in Küstennähe hatten zuletzt Tausende Migranten in Zelten und selbstgebauten Hütten gelebt.

Frankreich räumte den sogenannten „Dschungel“ vergangene Woche und brachte mehrere Tausend Migranten in Aufnahmezentren in anderen Regionen des Landes. Am Montag waren die letzten Hütten auf dem Gelände abgerissen worden. (dpa)