Merkel will Wehr-Etat anheben – auch mit Blick auf Putin
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Von Miguel Sanches
Berlin. Merkel will mehr Geld für die Verteidigung und mehr Härte gegenüber Kreml-Chef Putin. Wird die Russland-Politik zum Wahlkampf-Thema?
Manchmal plaudert Angela Merkel aus dem Nähkästchen. „Der Präsident Barack Obama sagt immer zu mir: ‚Angela, es wird auf Dauer nicht gut gehen, dass die USA 3,4 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben und ihr knapp 1,2 Prozent.‘“
Der Jungen Union, der sie am Sonnabend in Paderborn die Geschichte erzählte, erklärte sie: „Wir werden mehr für die Sicherheit ausgeben müssen.“ Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) bestärkt sie darin und ist die erste Nutznießerin. Gerade erst wurde bekannt, dass fünf neue Korvetten im Wert von anderthalb Milliarden Euro die Flotte der Marine verstärken sollen.
Erst am Freitag hatte die Kanzlerin sich nach der Zeitungslektüre bestätigt gefühlt. Sie hatte gelesen, dass der „Islamische Staat“ erstmals bewaffnete Drohnen eingesetzt habe, „wir aber vielleicht erst in zwei oder drei Jahren“. So genau weiß sie es nicht, wer blickt schon bei den Beschaffungen der Militärs durch?
Kampf gegen Terror soll ausgeweitet werden
Jedenfalls zeigte sich für die Regierungschefin, „dass wir im Kampf gegen den Terrorismus, aber auch in der Bereitschaft, uns zu verteidigen, besser werden müssen“, wie sie in Paderborn sagte. Merkels These ist, dass die militärischen Konflikte sich „vor der europäischen Haustür“ häufen, „ganz massiv“, und die USA ihr Engagement als Schutzmacht in Europa zurückfahren werden.
Merkel hat zwar nur den IS erwähnt, aber es ist klar, dass sich die härtere Gangart vor allem gegen Russland richtet. Die Russen verstärken ihr Militär, testen im Luftraum immer wieder die Reaktionsfähigkeit der Nato – die Zwischenfälle häufen sich – und fahren eine harte Linie im Ukraine-Konflikt und im Syrien-Krieg. Offenbar sind Merkels letzte Skrupel nach der Bombardierung eines UN-Hilfskonvois und dem Vorgehen der Assad-Koalition in Aleppo ausgeräumt.
Laut „Frankfurter Allgemeiner Sonntagszeitung“ will sie auf dem EU-Rat am Donnerstag und Freitag dafür werben, die Sanktionen gegenüber Moskau sogar zu verschärfen. Obama habe ihr telefonisch Unterstützung für eine „harte Reaktion“ zugesagt, schreibt die Zeitung. Das passt zur frostigen Großwetterlage. Die USA haben gerade einen Gegenschlag auf die Cyber-Attacken aus Russland angekündigt.
CSU-Chef Seehofer hat seine Moskau-Reise abgesagt
Ob sich Merkel in der EU durchsetzen wird, ist offen. Klar ist, dass sich ein Kurswechsel anbahnt. Wohl wissend hat der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) eine Moskau-Reise abgesagt, die er für diese Tage antreten wollte. Er will der Kanzlerin nicht in die Quere kommen. Formal begründete er die Absage mit innenpolitischen Verpflichtungen. Auf Schloss Bellevue tritt Merkel offene Türen ein. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Bundespräsident Joachim Gauck das Treiben von Kremlchef Wladimir Putin mit wachsendem Argwohn beobachtet.
Das ist Bundeskanzlerin Angela Merkel
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In der EU hat Merkel keinen leichten Stand. Sie riskiert auch Streit mit ihrem Koalitionspartner in Berlin. Die SPD folgt ihr keineswegs in der harten Gangart. Die Russland-Frage könnte sogar ein Thema im Wahlkampf werden. Die Sozialdemokraten sind dankbar für jede Gelegenheit, um die Trennungslinie zur Union zu ziehen. Schon einmal hat Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) die Nato vor „Säbelrasseln und Kriegsgeheul“ gewarnt. Steinmeier knüpft an die Entspannungspolitik von Willy Brandt an: Dialog, Entspannung.
Europäer sollen mehr für ihre eigene Sicherheit tun
Die Mehrheit der Deutschen teilt in Umfragen Steinmeiers Einschätzung und befürwortet sogar eine Lockerung der Sanktionen. Ihre Verschärfung ist bis tief in die Union hinein umstritten. Auch die klare transatlantische Parteinahme für die USA ist so selbstverständlich nicht mehr, vor allem nicht in den ostdeutschen Verbänden. Der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich machte dies neulich der CDU-Führung deutlich am Beispiel des Freihandelsabkommens TTIP mit den USA. Das sei auch in der sächsischen CDU nicht sonderlich beliebt, berichtete Tillich.
In Merkels Augen ist es die falsche Erzählung. Sie rechnet damit, dass die USA ihre geostrategischen Prioritäten verschieben werden, weg von Europa, hin zum pazifischen Raum. Das ist nicht nur ihr Eindruck aus den Gesprächen mit Freund Barack Obama. Ganz gleich, wer Präsident wird: Die Europäer sollen mehr für ihre eigene Sicherheit tun.
Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
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