Berlin. Die Kritik an den sächsischen Behörden im Fall al-Bakr verstummt nicht. Justizminister Sebastian Gemkow zeigt sich nun selbstkritisch.

Sachsens Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) hat nach dem Selbstmord des Terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr Versäumnisse im Justizvollzug des Landes eingeräumt. „Wir alle müssen im Umgang mit islamistischen Strafgefangenen dazulernen. Offensichtlich reichen unsere herkömmlichen Instrumente und Erfahrungen zur sicheren Unterbringung von Gefangenen nicht aus“, sagte er der „Bild am Sonntag“.

Es könne sein, dass ein Islamist seinen Selbstmord gezielt plane und umsetzt, allein um den Behörden die Ermittlungen zu erschweren und um dem verhassten westlichen Rechtssystem zu schaden, sagte der Minister. „Auf diesen Fall waren wir in Sachsen nicht ausreichend vorbereitet.“ Gemkow war wegen der möglicherweise mangelnden Beobachtung al-Bakrs in seiner Zelle in die Kritik geraten.

Linke-Politiker nimmt Gemkow in Schutz

Zuvor hatte der Linke-Rechtsexperte Klaus Bartl Gemkow in Schutz genommen. Die Vorfälle in sächsischen Haftanstalten seien die Folge der Sparpolitik vergangener Wahlperioden, sagte der Chef des Verfassungs- und Rechtsausschusses im Landtag am Samstag in Dresden. Gemkow habe sich als erster Ressortchef seit langem daran gemacht, diesen „Scherbenhaufen“ Schritt für Schritt zu beseitigen, lobte Bartl. Es sei die Ironie des politischen Geschäfts, dass er jetzt den Kopf hinhalten müsse.

Rainer Wendt, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, forderte: „In Fällen, die der Generalbundesanwalt übernimmt, müsste sofort eine Taskforce von Spezialisten eingreifen.“ Auch Burkhard Lischka, innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion forderte: „Wir brauchen spezielle Verfahren für Dschihadisten“.

Noch keine Beweise für Kontakte zum IS

Nach dem Suizid al-Bakrs suchen die Ermittlungsbehörden weiter nach Verbindungen zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Bislang gebe es keine „ausreichenden gerichtsverwertbaren Bezüge zum IS“, sagte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“.

Die Ermittlungsbehörden vermuten, dass al-Bakr im Auftrag des IS handelte. Ende August sei der Syrer aus der Türkei kommend in Leipzig gelandet und habe dabei seinen Anschlagsplan „in der Tasche“ gehabt, zitierte die Zeitung Ermittler.

Nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden hatte al-Bakr einen Sprengstoffanschlag auf einen Berliner Flughafen geplant. In der Wohnung in Chemnitz, in der der 22-Jährige zuletzt lebte, fanden die Ermittler 1,5 Kilogramm hochexplosiven Sprengstoff. Er hatte sich am Mittwochabend zwei Tage nach seiner Festnahme in einem Leipziger Gefängnis erhängt – mit einem T-Shirt seiner Anstaltskleidung an einem Gitter in seiner Zelle. (dpa)