Hamburg/Berlin. Bundesbehörde erhebt schwere Vorwürfe: Der Bundesnachrichtendienst soll systematisch und regelmäßig gegen Grundrechte verstoßen haben.

Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff hat systematische Gesetzesverstöße beim Bundesnachrichtendienst (BND) festgestellt. „Der BND hat ohne Rechtsgrundlage personenbezogene Daten erhoben und systematisch weiter verwendet“, heißt es in einem von Voßhoff verfassten Gutachten, wie der Norddeutsche Rundfunk (NDR) und der Westdeutsche Rundfunk (WDR) berichten. Darin habe die Datenschützerin untersucht, wie der BND Telekommunikationsdaten überwacht.

Das Gutachten sei auf März 2016 datiert und liste auf 60 Seiten auf, wie der BND nach Ansicht der Datenschutzbeauftragten systematisch und regelmäßig gegen Grundrechte verstoße. Allein 30 mal fällt dem Bericht zufolge der Begriff „rechtswidrig“ im Zusammenhang mit den Abhöraktionen des BND.

Die Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Andrea Voßhoff.
Die Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Andrea Voßhoff. © imago/CommonLens | CommonLens

Voßhoff habe demnach zwölf Gesetzesverstöße in sieben Arbeitsfeldern ausgemacht. Die Probleme hätten offenbar schon mit dem Wunsch begonnen, die Arbeit des Dienstes überprüfen zu wollen, wie es durch das Gesetz vorgesehen ist. „Der BND hat meine Kontrolle rechtswidrig mehrfach massiv beschränkt. Eine umfassende, effiziente Kontrolle war mir daher nicht möglich“, wird Voßhoff zitiert. „Dies sind schwerwiegende Rechtsverstöße.“

Kritik auch an Verwendung der NSA-Software „XKeyscore“

Auch die Verwendung der NSA-Software „XKeyscore“ zum massenhaften Überwachen des Internetverkehrs kritisiert Voßhoff demnach. „In mehrfacher Hinsicht erhebt der BND durch XKeyscore personenbezogene Daten, die für seine Aufgabenerfüllung nicht erforderlich sind“, heiße es in dem Gutachten. In Stichproben habe die Datenschutzbeauftragte festgestellt, dass zu einer einzelnen Zielperson „personenbezogene Daten von fünfzehn unbescholtenen Personen erfasst und gespeichert“ worden seien. Dass der BND diese Daten gar nicht brauche, sei „unstreitig“.

Wie NDR und WDR zusammenfassen, seien die Gesetzesverstöße laut Voßhoff in der Summe so schwerwiegend, dass der BND wohl weite Teile seiner Arbeit bei der Telekommunikations-Überwachung in Bad Aibling einstellen müsste. „Nach geltendem Recht sind die in diesen Dateien gespeicherten Daten unverzüglich zu löschen. Sie dürfen nicht weiter verwendet werden“, schreibe Voßhoff.

Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ hatte bereits im April berichtet, dass Voßhoff sich vom BND massiv blockiert sah und dass sie die Abhörvorgänge des Geheimdienstes für teilweise verfassungswidrig hält. (FMG)