Berlin. Angela Merkel hat keine Eile: Laut einem Bericht will die Kanzlerin erst nächstes Frühjahr erklären, ob sie 2017 noch einmal antritt.

Angela Merkel will sich offenbar noch Zeit lassen, ihre Entscheidung für eine erneute Kanzlerkandidatur bei der Wahl im Herbst nächsten Jahres zu verkünden. Laut einem Bericht des „Spiegel“ wird sie noch bis zum Frühjahr 2017 damit warten. Die Verschiebung sei notwendig, weil CSU-Chef Horst Seehofer erst dann entscheiden wolle, ob seine Partei Merkel wieder unterstütze, heißt es dem Bericht zufolge in CDU-Kreisen. Merkel hatte auch in den vergangenen Tagen in mehreren Interviews offengelassen, wann sie die Frage nach ihrer Kandidatur beantwortet.

Aus CSU-Kreisen war zuletzt die Spekulation gestreut worden, die Christsozialen könnten 2017 mit einem eigenen Kanzlerkandidaten antreten. Seehofer und anderen CSU-Politiker hatten in den vergangenen Monaten mehrfach scharfe Kritik am Umgang der Kanzlerin mit der Flüchtlingskrise geübt. Seehofer etwa hatte es öffentlich als einen „Fehler“ Merkels bezeichnet, dass sie im September 2015 die Grenze für Zehntausende auf der Balkanroute gestrandete Flüchtlinge öffnen ließ.

Neuwahl als Parteichefin im Dezember

Für die Kanzlerin sei dass jetzt geplante Prozedere problematisch, weil sie sich auf einem CDU-Bundesparteitag im Dezember für weitere zwei Jahre zur Vorsitzenden wählen lassen will, schreibt der „Spiegel“ weiter. Das aber könne sie gegenüber ihrer Partei nur vertreten, wenn sie sich auch wieder um das Amt der Kanzlerin bewerbe. In Merkels Umfeld fürchte man jedoch, dass eine Ankündigung der Kanzlerkandidatur ohne Seehofers Unterstützung Merkel politisch schaden würde.

Merkel ist seit 2005 im Amt und damit Europas dienstälteste Regierungschefin. Die 62-Jährige regiert derzeit zum zweiten Mal in einer großen Koalition mit der SPD. Sollte sie 2017 erneut antreten, könnte sie Helmut Kohls Rekord-Kanzlerschaft von 16 Jahren einholen.

In CDU-Kreisen hieß es am Samstag, es sei „völliger Unsinn“, dass Merkel ursprünglich im Frühjahr 2016 eine Kandidatur habe verkünden wollen, die Entscheidung dann aber verschoben habe. CDU-Vizechef Armin Laschet kritisierte die Debatte über die angeblich verschobene Entscheidung. „Wie kann man eine Entscheidung verschieben, die gar nicht ansteht?“, sagte der nordrhein-westfälische CDU-Landesvorsitzende der Nachrichtenagentur Reuters. Laschet deutete an, dass er ein Antreten der CDU-Chefin bei der Bundestagswahl 2017 erwartet. „Viele Menschen in ganz Deutschland hoffen, dass Angela Merkel Bundeskanzlerin bleibt. Sie selbst entscheidet über den Zeitpunkt, an dem sie sich zu 2017 erklärt“, sagte Laschet.

SPD-Vize Stegner spottet über „Stolz der CDU“

SPD-Vize Ralf Stegner reagierte dagegen mit Spott auf die Debatte. „Die Kandidatur von Angela Merkel hängt offenbar am seidenen Faden der Gnade von Horst Seehofer“, sagte Stegner am Samstag der Deutschen Presse-Agentur. „Um den Stolz der CDU ist es längst geschehen, wenn über die Spitzenkandidatur der Union in München entschieden wird und ein Wahlkampf mit gemeinsamen Inhalten schwer vorstellbar ist.“ CDU und CSU seien tiefgreifend zerstritten. „Es gibt in der Union keine gemeinsame Linie, keine verlässlichen Absprachen, kein belastbares Vertrauen“, sagte Stegner. „Das zeigt auch, dass der Ausgang der Bundestagswahl offener ist denn je.“ (W.B./rtr/dpa)