Essen. Der Lebenslauf-Skandal lässt das Vertrauen der Bürger weiter schwinden. Sollte Hinz ihr Mandat behalten, bringt ihr das noch viel Geld.

Das Drama um Petra Hinz, es scheint kein Ende zu nehmen. Die SPD-Bundestagsabgeordnete mit dem gefälschten Lebenslauf ist angeblich seit Tagen in stationärer Behandlung, über die Lage aber wohl im Bilde, und sie kann auch E-Mails schreiben. Was weiterhin fehlt, ist das Entscheidende: der sofortige Verzicht auf ihr Mandat. Längst nicht mehr nur ihre Essener Kreispartei sehnt diesen Schritt herbei, den der Essener SPD-Chef und NRW-Justizminister Thomas Kutschaty am Donnerstag zum wiederholten Mal „überfällig“ nannte.

Kutschatys gewohnt kontrollierter Auftritt konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die SPD – zumal in Essen – unter massivem Druck steht. Denn das Verhalten der 54-jährigen Abgeordneten scheint bei vielen Bürgern den letzten Rest Politik-Vertrauen aufgebraucht zu haben. „Egal, wo man hingeht, man wird als erstes darauf angesprochen“, seufzt Ratsherr Udo Karnath, Mitglied im Vorstand des Ortsvereins Frohnhausen, dessen Vorsitz Hinz am Donnerstag niederlegte. Immerhin.

Mediale Dauerpräsenz ist beachtlich

Solange Petra Hinz aber weiter ihre Bundestags-Diäten bezieht, wird eine Befriedung kaum eintreten, zumal die mediale Dauerpräsenz des Falles beachtlich ist. Die verhinderte Juristin gilt mittlerweile bundesweit als Inbegriff des lügnerischen und raffgierigen Politikers. „Denkt Frau Hinz nicht an ihre SPD, die mal wieder im schlechten Licht steht, oder an ihre Wähler, die ihr vertraut haben und jetzt sehen müssen, wie ihr Vertrauen missbraucht wird?“, fragt die Leserin der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ Ingrid Böhm fassungslos.

Vertrauensverlust und Bürger-Wut machen auch der Bundes-SPD Sorge. Kutschaty musste am Donnerstag erneut seine Hilflosigkeit offenbaren, wirkte aber fast erleichtert, als er sagte, SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann wolle sich des Falles annehmen. „Der Ball liegt jetzt in diesem Feld.“ An dem staatsrechtlichen Grundsatz des freien Mandats, das nicht aberkannt werden kann, ist selbstredend auch Oppermann gebunden.

Jeder Monat ohne Rückzug bringt bares Geld

Die Essener SPD sei jedenfalls mit ihren Möglichkeiten am Ende, so Kutschaty. Für die Leidensfähigkeit gilt das hoffentlich nicht. Denn was der Fall für die Essener SPD bedeutet, wenn im nächsten Jahr zwei wichtige Wahlen anstehen, ist noch gar nicht abzusehen.

Ziemlich klar ist dagegen, was Hinz umtreibt. Jeder Monat ohne Rückzug bringt bares Geld. Hält sie bis zum Ende der Legislaturperiode im Herbst 2017 durch, wären es fast 200.000 Euro. Und das Übergangsgeld kommt ohnehin noch oben drauf. Viel Holz für eine 54-Jährige ohne Beruf, deren weiteren Werdegang der Alt-Liberale Burkhard Hirsch jüngst in einem Radio-Interview so beschrieb: „Die Frau ist Hartz IV, die ist vorbei.“

Dieser Text ist zuerst auf www.derwesten.de erschienen.