Ankara/Mainz. Der türkische Präsident Erdogan hat angekündigt, alle Beleidigungsklagen zurückzuziehen. Sein Anwalt sagt: Gilt nicht für Deutschland.

Die Strafanzeigen wegen Beleidigung des türkischen Staatspräsidenten sind in Deutschland nach Angaben des Medienanwalts Ralf Höcker noch nicht ad acta gelegt. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte am Freitagabend mitgeteilt, alle seine Anzeigen zurückzuziehen. „Die Ankündigung bezieht sich nur auf die Türkei. In Deutschland ändert sich vorerst nichts“, sagte Höcker am Samstag. Der Anwalt hat Präsident Erdogan bereits bei rechtlichen Auseinandersetzungen wegen Beleidigung vertreten. Erdogan hat unter anderem Anzeige gegen den TV-Satiriker Jan Böhmermann erstattet.

Einstweilige Verfügung gegen Böhmermann-Gedicht

Auf Antrag Erdogans hatte das Hamburger Landgericht im Mai eine einstweilige Verfügung gegen den ZDF-Moderator Böhmermann erlassen. Böhmermann darf den größeren Teil seines Gedichts, das er am 31. März in seiner Sendung „Neo Magazin Royale“ vorgetragen hatte, damit nicht wiederholen. Bei dem Beschluss handelt es sich um Passagen, die Erdogan dem Gericht zufolge angesichts ihres schmähenden und ehrverletzenden Inhalts nicht hinnehmen müsse. Ende Juni ging der Streit in eine neue Runde: Erdogans Anwalt Michael-Hubertus von Sprenger reichte Klage beim Hamburger Landgericht ein, um in einem Hauptsacheverfahren ein Komplettverbot des Gedichts zu erreichen.

Böhmermanns Anwalt war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen, auch das Hamburger Landgericht nicht. Ein ZDF-Sprecher sagte am Samstagvormittag, dem Sender lägen noch keine Informationen darüber vor, welche Konsequenzen Erdogans Ankündigung für die Anzeigen in Deutschland habe. Der Satiriker hatte Ende März in seiner Sendung „Neo Magazin Royale“ ein Gedicht mit dem Titel „Schmähkritik“ vorgetragen. Es handelt unter anderem von Sex mit Tieren und Kinderpornografie und transportiert Klischees über Türken. (dpa)