Berlin. Ansbach, München, Reutlingen oder Würzburg: Die Attentäter nutzten unterschiedliche Waffen. Doch wie kamen sie daran? Eine Erklärung.

Eine Messerattacke in einem Zug und eine auf der Straße, ein Amoklauf und ein Sprengstoffanschlag – in den vergangenen Tagen gab es in Deutschland vier Gewalttaten mit verschiedenen Hintergründen. Und mit verschiedenen Waffen. Nicht alle sind leicht zu bekommen.

Am einfachsten ist es noch, Messer und Axt zu kaufen, mit denen der Täter im Zug nach Würzburg auf Fahrgäste losging. Das Dönermesser, mit dem ein Mann bei einer Beziehungstat in Reutlingen eine Frau tötete, hat der Täter wohl nicht einmal gekauft. Er könnte sich spontan damit bewaffnet haben. Komplizierter wird es beim Sprengsatz, der in Ansbach hochging. Noch ist unklar, welchen Sprengstoff der Täter verwendete. Auch die Herkunft der Metallteile im Rucksack ist nicht bekannt.

Grundsätzlich ist es aber leicht, im Internet Anleitungen für den Bau von Sprengsätzen zu finden. Es gibt viele Videos, die Herstellung und Wirkung solch explosiver Mischungen zeigen. Die Zutaten sind oft frei verkäuflich, es sind unspektakuläre Produkte wie Grillanzünder oder Nagellack.

Klassische Zutaten für Bomben

Das Wasserstoffperoxid, das die Polizei in der Unterkunft des Täters von Ansbach fand, ist eine klassische Zutat für eine selbstgebaute Bombe. Auch Lötkolben und Batterien wurden gefunden – die nötigen Werkzeuge für den Bau eines Zünders. Der Sprengstoff TATP, den auch Terroristen in Paris und Brüssel nutzten, besteht aus frei verkäuflichen Chemikalien. „Einige Bomben sind wirklich einfach herzustellen, sowohl was Material, Kosten als auch Kenntnisse betrifft“, sagt Waffenexperte Olaf März vom Bund Deutscher Kriminalbeamter. Für andere Sprengsätze brauche man Wissen, spezielle Geräte und besondere Bezugsquellen für das Material. Frei verkäufliche Bestandteile würden immer ein Problem sein, sagt März. „Aber es liegt an allen Beteiligten der legalen Vertriebswege, sensibel zu sein und zu reagieren, wenn dubiose Typen oder merkwürdige Bestellungen auflaufen.“ Das funktioniere gut. Hersteller und Händler hätten freiwillig Schutzmechanismen eingebaut. Auch sei es inzwischen verboten, einige Chemikalien im Internet zu verkaufen.

Größere Sorge bereitet dem Experten März die Pistole, durch die in München zehn Menschen starben. Es war eine Waffe, die zwar echt war, aber unschädlich gemacht wurde – eine sogenannte Dekorations- oder Theaterwaffe. Obwohl die Regeln für das Unbrauchbarmachen solcher Waffen in Deutschland sehr strikt seien, „sehen wir immer noch Lücken in den Gesetzen in einigen EU-Mitgliedsstaaten“, sagt März. Kriminelle würden solche Waffen wieder „scharf“ machen und verkaufen. Die Polizei nennt explizit die Slowakei, in der sich ein Markt entwickelt habe. „Ein Erwerb solcher Waffen wird durch die Möglichkeiten des Onlinehandels begünstigt“, schreibt das Bundeskriminalamt im „Bundeslagebild Waffen“. Solche umgebauten Waffen seien bei schweren Straftaten verwendet worden. Auch beim Überfall auf einen jüdischen Supermarkt in Paris 2015 nutzte der Täter eine scharf gemachte Waffe. Für Deutschland gilt laut Sicherheitsbehörden: In der Islamisten-Szene sind weit weniger Waffen im Umlauf als etwa im Rocker-Milieu oder der gewaltbereiten Neonazi-Szene.

Hunderttausende illegale Waffen aus Osteuropa

Vor allem den Waffenmarkt in Osteuropa, speziell in Staaten des Balkans, beobachten Sicherheitsbehörden mit Sorge. Nach Information dieser Redaktion gibt es alleine in Albanien rund 700.000 Waffen in „unklaren Besitz“ – vor allem Altbestände aus den Kriegsjahren im früheren Jugoslawien. Zum Vergleich: In der ganzen EU gelten rund 500.000 Waffen als gestohlen oder vermisst. Bei fast allen aufgedeckten Straftaten mit Schusswaffengebrauch in Deutschland werden illegale Waffen sichergestellt.

Gehandelt werden Waffen oft über anonyme Teile des Internets, das sogenannte Darknet. Drogen, Kinderpornos, angeblich sogar Mordaufträge werden angeboten. Der Amokläufer von München soll sich seine Pistole dort besorgt haben. Innenpolitiker fordern nun, das Darknet besser zu kontrollieren. Wie das technisch möglich sein soll, ist unklar. Bezahlt wird im Darknet mit der virtuellen Währung Bitcoin. Um diese Währung zu kontrollieren, will die EU die Regeln für Geldwäsche auch auf Umtauschplattformen für diese Währung ausweiten. Das kann aber noch dauern.