Berlin. Eine Studie zeigt: Die Rente mit 67 muss konsequenter durchgesetzt werden. Davon profitieren der Arbeitsmarkt und der Bundeshaushalt.

Die schrittweise Einführung der Rente mit 67 bis 2030 hat längst begonnen, doch jetzt schlagen Experten Alarm: Das höhere Rentenalter muss konsequenter umgesetzt werden als bisher – andernfalls drohen hohe Zusatzbelastungen der Steuerzahler, während das Rentenniveau deutlich absinkt. Das ist das Ergebnis einer Studie des Prognos-Instituts im Auftrag der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), die am Montag in Berlin vorgestellt wurde.

Die zentrale Botschaft des Gutachtens: Wenn alle länger arbeiten, stabilisieren sie nicht nur die Finanzen der Rentenkasse – auch der Arbeitsmarkt profitiert, das Wachstum wird gestärkt, der Bundeshaushalt entlastet. „Eine verlängerte Lebensarbeitszeit kann die Schrumpfung des Rentenniveaus etwas bremsen, den Beitragssatzanstieg deutlich reduzieren“, sagte Prognos-Studienautor Oliver Ehrentraut. Eine Rente mit 70 stehe dabei gar nicht zur Diskussion.

Aber: „Wir sollten zunächst alles daransetzen, das gesetzliche Ziel von 67 Jahren auch real zu erreichen“, mahnte GDV-Präsident Alexander Erdland. Denn das Tempo, das dazu eingeschlagen wird, genügt laut Studie nicht. Derzeit liege das durchschnittliche Renteneintrittsalter in Deutschland bei 64,2 Jahren – obwohl es laut Gesetz für Neurentner in diesem Jahr schon knapp 65,5 Jahre beträgt. Wenn sich die Entwicklung nicht beschleunige, würden die Deutschen trotz Rente mit 67 im Jahr 2030 voraussichtlich mit 65 Jahren in Rente gehen, heißt es in der Expertise weiter.

Studie spielt verschiedene Szenarien durch

Die Folge: Das Nettorentenniveau würde in diesem Basisszenario von derzeit rund 48 Prozent des früheren Durchschnittslohns bis 2030 auf 44,1 Prozent absinken, bis 2040 sogar weiter auf 41,7 Prozent zurückgehen. Der Rentenbeitragssatz würde von heute 18,7 Prozent auf 21,9 Prozent steigen, im Jahr 2040 sogar schon 23,7 Prozent betragen. Und der Bundeszuschuss an die Rentenkasse dürfte von aktuell 67,8 Milliarden Euro bis 2030 auf 96 Milliarden Euro erhöht werden müssen, bis 2040 auf 123 Milliarden Euro.

Setze sich der Trend Rente mit 63 durch, dann werde das Rentenniveau noch etwas stärker sinken, die Beiträge dagegen 2030 auf 22,4 Prozent steigen. Dem stellt die Studie das Szenario Rente mit 67 entgegen, in dem das Rentenalter in den nächsten Jahren auch tatsächlich für alle auf 67 Jahre steigt: Das Rentenniveau würde 2030 statt 44,1 Prozent immerhin noch 45,2 Prozent betragen. In Kaufkraft von heute entspreche das bei einer Durchschnittsrente einem Plus von 200 Euro im Jahr.

Lebensarbeitszeit soll weiter angehoben werden

Die Studie verspricht fast eine Million zusätzlicher Arbeitnehmer und ein leicht erhöhtes Wachstum. Der Rentenbeitrag könnte 2030 bei 21 Prozent stabilisiert werden – würde aber bis 2040 in ähnlicher Höhe liegen wie bei den anderen Szenarien. Die Prognos-Experten schlagen deshalb in einem Szenario Rente mit 67+ vor, die Lebensarbeitszeit zwischen 2030 und 2040 um weitere sieben Monate anzuheben. Sinnvoll sei es, die Regelaltersgrenze automatisch anzupassen – die zusätzliche Lebenszeit sollte nach der Faustformel „zwei Drittel in Arbeit, ein Drittel in Rente“ aufgeteilt werden.

Doch müssten Politik, Arbeitgeber und Gewerkschaften auch die Rahmenbedingungen schaffen, damit die Arbeitnehmer so lange im Job bleiben könnten. Die Experten räumen ein, dass eine längere Lebensarbeitszeit allein die Probleme nicht löst – die Entlastungswirkungen sind überschaubar. „Ein Rentenniveau, wie wir es früher erlebt haben, werden wir auch mit länger arbeiten nicht schaffen“, sagte GDV-Präsident Erdland. Neben der gesetzlichen Rente müsse auch die betriebliche und private Vorsorge gestärkt werden.