Berlin. Seit Monaten hakt es mit der Ökostrom-Reform. Bund und Länder ringen an diesem Dienstagabend um einen Durchbruch. Die Zeit drängt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder beraten an diesem Dienstagabend erneut über den Ökostrom-Ausbau. Es geht um mehr Wettbewerb, geringere Kosten für die Stromkunden und den Ausbau der Netze. Die Zeit drängt, eine Einigung ist aber weiter fraglich. Denn es soll keine Beschlüsse geben, solange nicht die Interessen der Fraktionen von Union und SPD sowie der Länder zusammengeführt sind.

Was ist Kern der geplanten EEG-Reform?

Die EEG-Reform für mehr Wettbewerb ist ein wichtiger Pfeiler der Energiewende. Ab 2017 soll die Förderung des Ökostroms umgestellt werden. Dann fallen die auf 20 Jahre festgelegten Garantiepreise für die Stromabnahme für neue Anlagen weg. Stattdessen werden Projekte ausgeschrieben: Wer wenig Subventionen verlangt, erhält den Zuschlag. Es geht um Steuerung und Kosten. Aktuell müssen Verbraucher und Wirtschaft pro Jahr bis zu 24 Milliarden Euro per Umlagen für den Ausbau der Stromerzeugung aus Wind, Sonne, Wasser und Biomasse bezahlen.

Worum dreht sich der Bund-Länder-Streit?

Es geht im Kern um Umfang und Tempo beim Ausbau des Ökostroms in den nächsten zehn Jahren. Die Ausbauziele für Wind, Sonne und Biomasse sollen so angepasst werden, dass der festgelegte Korridor nicht überschritten wird. Bis zum Jahr 2025 sollen etwa 40 bis 45 Prozent des Stromverbrauchs aus Ökostrom-Quellen kommen. Derzeit liegt der Anteil bei etwa 33 Prozent. Geplant war bisher, jährlich jeweils 2500 Megawatt Wind- sowie Solarenergie neu zu installieren. Was letztlich aber zu deutlich mehr Ökostrom führen würde als angepeilt. Auch die Union pocht auf Kürzungen bei der Windenergie. Die Länder wiederum verfolgen höchst unterschiedliche Interessen: Für Bayern ist Solarenergie und Biomasse wichtig, die Nord- und andere Flächenländer setzen mehr auf Windenergie.

Was hat Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) vorgeschlagen?

Gabriel will den Neubau von Windkraftanlagen an Land drosseln, da Stromleitungen fehlen, um Strom aus dem Norden in den Süden zu transportieren. Ohne Beschränkungen würden die auf die Verbraucher umgelegten Netzkosten deutlich steigen. Daher sollte der Windausbau an Land (sogenannte Onshore-Windparks) weniger stark gefördert werden.

Was hat der Bund zuletzt konkret vorgeschlagen?

Für den besonders umstrittenen Ausbau von Windkraftanlagen an Land soll es bisher eine jährliche fixe Ausschreibungsmenge von 2500 Megawatt brutto geben. Das Volumen ist aber noch strittig. Zur Kostensenkung wird vorgeschlagen, im ersten Quartal 2017 einmalig die feste Vergütung um fünf Prozent zu kürzen – zuletzt war von 7,5 Prozent die Rede. Die Ausschreibungsmenge für Biomasse ist strittig. Hier macht die CSU Druck. Bei Windparks auf See (Offshore) sind bisher keine wesentlichen Änderungen vorgesehen.

Und wie sieht es bei Photovoltaik-Anlagen und Netzen aus?

Der Bund schlägt den Ländern dem Vernehmen nach vor, jährlich 600 Megawatt Solarleistung auszuschreiben. Auch sollen „Netzengpassgebiete“ ausgewiesen werden, in denen der Ausbau gebremst würde. Um beim Bau von Stromautobahnen voranzukommen, hatte die Bundesregierung im Herbst 2015 beschlossen, Gleichstrom-Leitungen vorrangig unterirdisch zu verlegen. Sie sollen vor allem Windstrom von Norden in die Industriegebiete des Westens und nach Süden bringen. Es ist fraglich, ob den Ländern die jüngsten Zugeständnisse reichen werden. Schließlich stellen die Grünen in den Ländern inzwischen zehn Energieminister. Allerdings braucht der Bund bei der EEG-Reform nicht die Zustimmung der Länder im Bundesrat.

Was sagen Kritiker zu den Plänen des Bundes?

Nach Angaben von Grünen-Experte Oliver Krischer führen die Pläne dazu, den Windenergieausbau um fast 80 Prozent zu reduzieren. Mitte des Jahrzehnts könnte es sogar zum Rückbau kommen, wenn besonders viele Anlagen aus der EEG-Förderung fallen. Zusätzlich plane der Bund eine Ausbaubremse für Norddeutschland, weil die Netze überlastet seien. Andere warnen: Es könnte noch beihilferechtliche Probleme mit der EU-Kommission geben. (dpa)