Washington. Neue Hoffnung auf eine Waffenruhe in Syrien: Washington und Moskau einigten sich Mittwoch auf eine Feuerpause für das umkämpfte Aleppo.

Nach einem massiven Aufflammen der Kämpfe in der syrischen Stadt Aleppo haben Moskau und Washington für die Stadt eine Waffenruhe vermittelt. Wie das US-Außenministerium mitteilte, werde nach einer entsprechenden Vereinbarung mit Russland die in anderen Teilen Syriens geltende Waffenruhe auf Aleppo ausgeweitet. Die Feuerpause solle um Mitternacht in Kraft treten. Aleppo ist der umkämpfteste Schauplatz in dem Bürgerkrieg.

„Wir setzen auf Russland als Ko-Vorsitzenden der internationalen Syrien-Unterstützergruppe, seinen Einfluss auf das Assad-Regime geltend zu machen. Die USA werden das ihre tun“, heißt es in einem Statement des US-Außenministeriums. Die russische Führung äußerte sich vorerst nicht zu der Einigung. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier begrüßte die Vereinbarung: „Wenn die Waffenruhe eingehalten wird, ist das weit mehr als eine große Erleichterung für die Menschen in Aleppo.“ Auch die syrische Armee hat eine Waffenruhe für die heftig umkämpfte Stadt angekündigt. Ab Donnerstag werde ein 48-stündiges „Regime der Ruhe“ gelten, hieß es am Mittwoch im syrischen Staatsfernsehen.

„Ohne Feuerpause keine Verhandlungen“

Zuvor hatten sich in Berlin Steinmeier und sein französischer Kollege Jean-Marc Ayrault um eine Wiederbelebung der Friedensgespräche bemüht und gleichzeitig eine Waffenruhe in Aleppo gefordert. „Wenn es für Aleppo unverzüglich in den nächsten Stunden keine Feuerpause gibt, bricht alles zusammen“, hatte Steinmeier gesagt – und zeigte sich erfreut über die wenig später folgende Entscheidung: Es ist auch eine wichtige Grundlage dafür, dass die Genfer Verhandlungen zwischen Assad-Regime und syrischer Opposition so schnell wie möglich wiederaufgenommen werden können.“

Der Führer der gemäßigten syrischen Opposition, Riad Hidschab, sah in Berlin jedoch keine großen Chancen für baldige neue Friedensverhandlungen in Genf. Die Gespräche seien „in einer Sackgasse angekommen“, sagte Hidschab bei dem Syrien-Treffen. Als Grundbedingung für eine Friedenslösung nannte er den Rücktritt von Syriens Machthaber Assad. Eine Regierung der nationalen Einheit lehnte er strikt ab.

Bislang 400.000 Tote im Syrienkrieg

Aus Protest gegen den Anstieg der Gewalt in den vergangenen Wochen hatte die syrische Opposition die Friedensgespräche in Genf verlassen. Insgesamt sind seit Ausbruch des Bürgerkriegs vor mehr als fünf Jahren nach UN-Angaben rund 400.000 Menschen ums Leben gekommen.

In Berlin soll auch ein neues Treffen der internationalen Syrien-Kontaktgruppe vorbereitet werden, die sich zuletzt im Februar in München getroffen hatte. Dazu findet am kommenden Montag in Paris ein weiteres Vorbereitungstreffen mit zehn Staaten statt, wie Ayrault mitteilte. Dabei werde Ayrault mit seinen Kollegen aus Saudi-Arabien, Katar, den Vereinigten Emiraten und der Türkei über die Lage in Syrien beraten, kündigte Regierungssprecher Stéphane Le Foll an.

Nach Berichten von Menschenrechtsbeobachtern gab es in Aleppo bei den jüngsten Kämpfen auf beiden Seiten viele Opfer. Jets und Hubschrauber flogen demnach Angriffe auf Regimegegner. Rebellen hätten Dutzende Geschosse auf die Viertel unter Kontrolle des Regimes abgefeuert. Laut den Menschenrechtsbeobachtern starben in den vergangenen Tagen rund 280 Zivilisten in der Stadt.

USA drängen Partner zu mehr Einsatz gegen IS

Zu Kämpfen zwischen Regime und Opposition kam es am Mittwoch auch östlich der Hauptstadt Damaskus, wie die Menschenrechtsbeobachter weiter erklärten. Flugzeuge hätten mehr als 20 Angriffe geflogen.

Bei einem Treffen von elf Verteidigungsministern des internationalen Bündnisses gegen die Terrormiliz Islamischer Staat drängten die USA ihre Partner zu einem stärkeren Kampf gegen den IS. „Die Koalition muss und kann mehr tun“, sagte US-Verteidigungsminister Ashton Carter am Mittwoch nach einem Treffen in Stuttgart. Er brachte auch einen Einsatz der Nato ins Spiel, die sich bisher heraushält.

Deutschland will sich weiter nicht direkt an Kampfhandlungen beteiligen, aber die Ausbildung von Kämpfern, Waffenlieferungen und Aufklärungsflügen verstärkt fortsetzen. „Keiner kann alles machen“, sagte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Zur Anti-IS-Koalition gehören über 60 Staaten, die unterschiedliche Beiträge leisten. Das Bündnis hat nach eigenen Angaben fast 12.000 Luftangriffe gegen den IS in Syrien und im Irak geflogen. (dpa)