Berlin. Neulinge und Wutbürger, einige mit radikalen Ansichten: 61 AfD-Politiker ziehen in die Landtage ein. So präsentieren sie sich selbst.

Drei Landtagswahlen, dreimal zweistellige Zahlen: Die AfD konnte in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt Erfolge erzielen, 61 Kandidaten der Alternative für Deutschland ziehen in die Landtage. Dahinter finden sich unterschiedliche Typen – Politikneulinge, Seitenwechsler, viele Männer und wenig Frauen, eher gemäßigte AfD-Mitglieder, aber auch radikale Typen. Will man wissen, wie sie wirklich ticken, lohnt sich ein Blick auf ihre Facebookseiten. Zuerst hatte ein Journalist der „Rheinischen Post“ dort gestöbert. Wir stellen einige neu gewählte Landtagsabgeordnete vor:

Sachsen-Anhalt:

Im Landtag von Sachsen-Anhalt kommt die AfD auf 24 Sitze, davon gehen nur zwei Sitze an Frauen. Auffallend ist die große Zahl an Selbstständigen in der Fraktion. Auch ein Islamwissenschaftler, ein Student, Handwerker und ein ehemaliger Kommunist gehören in den Abgeordnetenkreis.

Spitzenkandidat der AfD war André Poggenburg. Er trägt seine Gesinnung offen zur Schau und sympathisiert mit Pegida. Bei Facebook hat er mehrere Ableger der fremdenfeindlichen Bewegung geliked, Pegida-Frontfrau Tatjana Festerling zählt zu seinen Freundinnen. Poggenburg ist aber nicht nur Pegida-Freund, sondern auch Anhänger des nationalistischen Front National (FN) von Marine Le Pen. Sowieso scheut der AfD-Politiker auf seiner Facebook-Seite keine schrillen Töne. So bezeichnete er die grüne Vizepräsidentin des Bundestags, Claudia Roth, als „verbale Dreckschleuder“. Kritik an seiner Wortwahl wollte Poggenburg aber nicht zulassen: „Das ist Ihre Meinung, ich denke Frau Roth ist eine verbale Dreckschleuder und sage das auch so.“

Neues Mitglied im Magdeburger Landtag ist auch Oliver Kirchner. Er kommentierte 2014 einen Facebook-Beitrag von Jürgen Elsässer, dem Chefredakteur des Magazins „Compact“, das für seine Verschwörungstheorien und rechtspopulistische Themensetzung bekannt ist. Kirchners vor Fehler strotzender Kommentar: „Der Islam hat eigentlich recht wenig mit einer Religion gemeinsam.Viel mehr ist es eine Steinzeitkultur aus dem 6 Jahrhundert nach Christus.Über 100 mal Tötungsabsichten im Koran zeigen welch Geistes Kind diese Fehlgeleiteten sind.Diese Nichtsnutze mit ihren Koranständen sollte man aus den Innenstädten verjagen so wie es die Bhuddisten in Myanmar tun!“

Ulrich Siegmund kommt über die AfD-Landesliste in den Landtag. Siegmund ist selbstständiger Unternehmer und Ex-CDU-Mitglied. Bei Facebook setzt sich der Kandidat mit deutlichen Worten für die härtere Bestrafung von Tierquälern ein. Als 2013 in einem Gewerbegebiet ein angebundener Hund verendete, kommentierte Ulrich Siegmund den Bericht einer Lokalzeitung mit folgenden Worten: „ „Erschießen wäre zu soft...Das Schwein kann man nicht genug strafen...“ Der Kommentar wurde inzwischen gelöscht.

Ganze 33,4 Prozent holte AfD-Kandidat Volker Olenciak in seinem Wahlkreis Bitterfeld. Auf Facebook fiel Olenciak mit seiner Bildungspolitik auf. Ein Video, das einen Lehrer aus dem Nahen Osten zeigt, der seine Schüler mit einem Stock auf die Hand schlägt, kommentierte der 49-Jährige im Oktober 2014 mit: „Passende Sprache zur Mentalität der Schüler ? Sieht hart aus aber ermöglicht in Zukunft sicher ein erträglichen Schulalltag. PS: intelligenten Schülern passiert das nicht jeden Tag.“ Olenciak schrieb weiter: „Gerade Kinder brauchen die Grenzen für ihr Handeln und sie müssen diese auch ausloten denn für das Leben lernen Sie !“

Der AfD-Kandidat mit einem Doktortitel heißt Dr. Hans-Thomas Tillschneider. Für seinen Einsatz für Frauenrechte und Gleichberechtigung ist er aber nicht bekannt. Unter einen Beitrag von Radio Leipzig, das 2013 die schönste Leipzigerin suchte, schrieb Tillschneider: „Also ich habe das Fleisch beschaut und goutiert, wo es etwas zum Goutieren gab! Generell könnten die Mädels etwas mehr auf den Rippen haben.“

Die Liste mit allen Abgeordneten im Magdeburger Landtag finden Sie hier.

Baden-Württemberg:

In dem südlichen Bundesland versucht die AfD, sich moderater zu präsentieren. Von den zukünftigen 23 Abgeordneten tragen neun einen Doktortitel, Spitzenkandidat Jörg Meuthen sogar einen Professorentitel. Auch drei Frauen sind dabei.

Jörg Meuthen verkauft sich als gemäßigter Politiker. Auf seiner Facebookseite erlaubt er aber ausländerfeindliche Kommentare gegen TV-Moderatoren mit Migrationshintergrund und Stimmungsmache gegen Presse und Journalisten. Einen Post mit einem Beitrag aus dem ARD-Morgenmagazin mit Moderator Till Nassif kündigt Meuthen so an: „Von einem Moderator ist eigentlich zu erwarten, dass er den Sinn von zwei aufeinanderfolgenden Sätzen erfassen kann. Es ist deshalb bezeichnend, wie hier durch bewusste Fehlinterpretation versucht wird, den Sinn zu entstellen und Vorwürfe daraus zu konstruieren.“ Facebook-Nutzer schreiben unter anderem folgende Dinge:

Im Januar teilte er auf Facebook ein Video des AfD-Kreisverbandes Freiburg über einen bewaffneten Angriff auf einen Plakatierer und kommentierte den Vorfall mit dem Satz: „Heiko Maas hat hier ‘mitgeschossen’!“ Und weiter: „Es ist davon auszugehen, dass es sich hier um eine politisch motivierte Tat handelt. Die Linksextremen sind die wahren Radikalen und Undemokraten!“

Eine von drei Frauen in der neuen Fraktion ist Carola Wolle. Auf ihrer Facebook-Seite wettert sie gegen die angebliche Lügenpresse, gegen „Frühsexualisierung der Kinder“ und den Islam. Die Vorfälle zum Jahreswechsel in Köln nennt sie „Silvester-Pogrome“.

Die Liste mit allen gewählten Bewerbern finden Sie hier.

Rheinland-Pfalz:

In Rheinland-Pfalz holte die AfD 12,6 Prozent. Damit ist die Partei die drittstärkste Kraft mit 14 Sitzen im Landtag. Drei Sitze gehen an Frauen.

Spitzenkandidat der Partei in dem Bundesland ist der Bundeswehroffizier Uwe Junge. Vor seinem AfD-Beitritt, war er von 2010 bis 2011 bei der Partei „Die Freiheit“, die vom bayerischen Verfassungsschutz als islamfeindlich eingestuft wurde. Junge verbreitet von sich das Bild eines untadeligen Politikers, bemüht sich in der Öffentlichkeit um einen gemäßigten Ton. Ein Blick auf seine Facebook-Seite offenbart andere Seiten. Junge hat mehrere Pegida-Ableger geliked, dazu Seiten wie „Alternativer Homburger Stammtisch“. Die Seite wurde von Facebook sogar schon vorübergehend gesperrt, Bundesregierung und der Staat werden hier als „faschistisch“ bezeichnet, Angreifer auf die AfD als „gemietete Terroristen“. Auch gegen Abtreibung positioniert sich der AfD-Politiker in dem sozialen Netzwerk. Für ihn scheinen kinderlose Frauen im Leben nichts geleistet zu haben. So schrieb er im November 2014 auf der Facebook-Seite der Talkshow von Maybritt Illner: „Da diskutieren drei Frontfrauen über Zukunft und Rente und haben alle drei kein einziges Kind zur Welt gebracht! Was für eine Anmaßung! Die Lebensleistung dieser Damen ist gegenüber der Gesellschaft gleich null!“

Der AfD-Kandidat Matthias Joa weiß, woran man islamische Extremisten erkennt. Auf Facebook erklärte er einer amerikanischen Kongressabgeordneten: „Eine Bedrohung für uns sind nicht Menschen mit Namen wie ‘Klaus Müller’ oder ‘Max Meier’. Viele der Extremisten können anhand ihrer Namen gefunden werden.“ Sowieso würde die muslimische Bevölkerung in Deutschland wachsen – eine Bedrohung für Joa, denn „einige hassen unsere westliche Zivilisation und Kultur“ und viele Muslime würden separiert von „den ‘normalen’ Deutschen leben.“

Die Liste mit allen Abgeordneten im Landtag finden Sie hier.